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Sprengstoff-Fund in Chemnitz Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen

Über Tage observieren Ermittler einen mutmaßlichen Bombenbauer in Chemnitz. Als die Polizei zugreifen will, flüchtet der Syrier. Die Polizei hat neue Angaben zum Verdächtigen gemacht. Die Bundesanwaltschaft ermittelt.
09.10.2016 Update: 09.10.2016 - 22:48 Uhr
Der Hauptverdächtige entkam nur knapp dem Zugriff der Fahnder. Quelle: AP
Anti-Terroreinsatz in Chemnitz

Der Hauptverdächtige entkam nur knapp dem Zugriff der Fahnder.

(Foto: AP)

Chemnitz/Karlsruhe Nach der Anti-Terror-Razzia in Chemnitz hat die Polizei in Sachsen ihren Fahndungsaufruf für den flüchtigen 22-jährigen syrischen Hauptverdächtigen konkretisiert. Zudem wurden am Sonntagabend neue Fotos des mutmaßlichen Islamisten veröffentlicht.

Beschrieben wird Dschaber al-Bakr von der Polizei wie folgt: 170 bis 175 Zentimeter groß und schlank. Sein Gang sei ohne Körperspannung, er „schlurfe“ und halte oft den Kopf schräg. Besonderes Merkmal sei ein Muttermal auf der linken Wange in Höhe des Mundwinkels. Laut ersten Polizeiangaben soll er mit einem schwarzen Kapuzenpulli bekleidet sein – vorne mit einem weiß-orangefarbenen Muster mit der Aufschrift „Project“. Zudem soll er hellbraune Kunstlederschuhe mit Schnürsenkeln tragen und einen schwarz-weißen Rucksack der Marke „Nike“ dabeihaben.

Nach dem Bombenfund zieht die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Ermittlungen an sich. „Die Gesamtschau der Ermittlungen, insbesondere die Menge des gefundenen Sprengstoffs deuten darauf hin, dass die Person vor hatte, einen islamistisch motivierten Anschlag durchzuführen“, sagte die Sprecherin zur Begründung dem SWR. Deswegen habe der Generalbundesanwalt die Ermittlungen wegen des Verdachts einer schweren, staatsgefährdenden Gewalttat (Paragraf 89a Strafgesetzbuch) aufgrund der besonderen Bedeutung des Falls übernommen.

Bei dem Anti-Terror-Einsatz in Chemnitz ist der hauptverdächtige Syrer der Polizei nach Informationen vom Sonntag nur knapp entwischt. Die Beamten gaben am Samstag in dem Plattenbau-Viertel einen Warnschuss ab, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes (LKA) Sachsen. Sie bestätigte einen Bericht von „Spiegel Online“. Die Polizisten hätten den Verdächtigen gesehen, ihn aber nicht fassen können. Bei der anschließenden Erstürmung einer Wohnung, in der sich der 22-Jährige aufgehalten hatte, waren Hunderte Gramm eines hochexplosiven Sprengstoffs gefunden worden.

Die Polizei fahndet weiterhin bundesweit nach dem mutmaßlichen Islamisten, der Kontakte zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) haben soll. Der junge Syrer steht im Verdacht, einen Bombenanschlag geplant zu haben. Es blieb unklar, ob der Mann auf der Flucht eine Waffe oder Sprengstoff bei sich trägt. Der gesuchte Dschaber al-Bakr kam vor einigen Monaten nach Deutschland und sei als Flüchtling anerkannt.

Auch zu möglichen Anschlagszielen gab es zunächst keine Informationen seitens der Behörden. Der Hinweis auf den Syrer war vom Bundesamt für Verfassungsschutz gekommen. Es gebe Hinweise, dass der 22-Jährige von IS-Terroristen ausgebildet wurde, berichtete die „Bild“-Zeitung (Montag) unter Verweis auf Ermittler. Es blieb unklar, ob der Verdächtige aus dem Ausland gezielt gesteuert wurde. Weder der Geheimdienst noch die Polizei wollten sich zu einem „Focus“-Bericht äußern, wonach ein deutscher Flughafen angegriffen werden sollte.

Die für Flughäfen und Bahnhöfe zuständige Bundespolizei erhöhte nach den Vorfällen in Chemnitz die Sicherheitsvorkehrungen. „Dies betrifft insbesondere kritische Infrastruktur“, sagte der Sprecher des Bundespolizeipräsidiums, Ivo Priebe, am Sonntag in Potsdam. Zudem beteiligten sich die Einsatzkräfte an der Fahndung nach dem flüchtigen Terrorverdächtigen.

Am Berliner Flughafen Schönefeld soll der verstärkte Polizei-Einsatz bis mindestens Montagmorgen andauern. Autos und Busse würden angehalten und kontrolliert, teilten die Behörden mit. An den beiden größten deutschen Flughäfen in Frankfurt und München wurden keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen. Es gelten nach den jüngsten Terroranschlägen unter anderem in Paris und Brüssel ohnehin verschärfte Regelungen.

In Chemnitz wird der festgenommene Mieter der erstürmten Wohnung der Mittäterschaft verdächtigt. Zwei weitere Bekannte des flüchtigen Hauptverdächtigen wurden am Sonntag wieder freigelassen.

Spezialisten ließen den gefundenen Sprengstoff am Samstagabend kontrolliert detonieren. Es handelt sich nach „Bild“-Angaben um das hochexplosive TATP (Azetonperoxid), das auch bei Anschlägen in Brüssel und Paris verwendet wurde. Das Gemisch sei weit gefährlicher als TNT gewesen, hieß es. Die betroffene Plattenbau-Siedlung war stundenlang abgesperrt und wurde teilweise geräumt. Am Sonntagnachmittag durchsuchten Einsatzkräfte auch eine Wohnung in einem anderen Chemnitzer Stadtteil, die als Kontaktadresse des flüchtigen Syrers galt

Im Zuge der Anti-Terror-Ermittlungen ließ die Polizei in Chemnitz auch den Hauptbahnhof teilweise sperren. Ein Spezialroboter untersuchte dort auf einem Bahnsteig einen roten Koffer, den zwei der verdächtigten Bekannten des Flüchtigen dort bei sich getragen hatten. Später gab es diesbezüglich Entwarnung.

In diesem Jahr waren bereits mehrfach Pläne für mutmaßliche Sprengstoffanschläge in Deutschland vereitelt worden.

  • dpa
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