Start-ups Niedrige Gründerquote in Deutschland - Politiker und Investoren fordern bessere Börsen-Bedingungen

Die Bundesregierung will die Finanzierungsproblematik vor allem durch öffentlich-private Partnerschaften angehen.
Berlin, Hamburg Deutschland ist bei der Zahl der Neugründungen nahezu Schlusslicht. Politiker und Investoren fordern nun eine Reaktion von Regierung und Finanzmarktakteuren. „Für alle, die etwas bewegen wollen, ist Deutschland unattraktiv geworden“, sagte der FDP-Parteivorsitzende Christian Lindner dem Handelsblatt.
Vor allem mangelndes Fremdkapital, auf das junge Unternehmen angewiesen sind, ist ein Problem in Deutschland. Anders als in den USA zum Beispiel zeigen sich Geldgeber in der Bundesrepublik deutlich restriktiver und wollen oftmals erst in profitable Unternehmen investieren.
Die Gründer sind daher auf staatliche Unterstützung angewiesen. Markus Müschenich, geschäftsführender Gesellschafter des Inkubators Flying Health, kritisiert dabei jedoch: „Beim Thema Fördergelder ist Deutschland komplett durchbürokratisiert.“
Hinzu kommt, dass kein Start-up allein durch staatliche Unterstützung auf Dauer wachsen kann. In den USA kommen Gründer vor allem durch Börsengänge im großen Stil an Kapital. Das haben inzwischen auch deutsche Unternehmen erkannt und gehen dort an die Börse – etwa der Impfstoff-Produzent Biontech, der an der US-Techbörse Nasdaq gelistet ist.
Viele Jungunternehmer entschließen sich sogar, einfach gleich in den USA oder einem anderen Land mit ähnlichen Möglichkeiten zu gründen, was einen schnelleren Weg an die Börse bedeuten kann.
Platz 41 unter 43 Ländern
Auslöser der Kritik ist der aktuelle „Global Entrepreneurship Monitor“ (GEM), den das RKW-Kompetenzzentrum zusammen mit der Leibniz-Universität Hannover für das Bundeswirtschaftsministerium erstellt hat. Unter den 43 untersuchten Ländern liegt Deutschland demnach auf Platz 41 bei der Gründungsquote.
Stand 2020 haben nur 4,8 Prozent der 18- bis 64-Jährigen innerhalb der vergangenen dreieinhalb Jahre ein Unternehmen gegründet oder sind dabei, das zu tun. Weniger gegründet wird nur in Italien und Polen. Die Pandemie hat die Probleme verschärft. 2019 hatte die Gründungsquote noch bei 7,6 Prozent gelegen.
FDP-Chef Lindner meint: „Wenn Gründungen generell etwas aussagen über Zuversicht, Leistungsfreude und Innovationskraft, dann ist diese Umfrage ein Alarm für uns.“ Er fordert eine Veränderung an den deutschen Börsen. „Ein neues Börsensegment für Wachstumsunternehmen könnte zudem die Kapitalbasis stärken und das sichtbarste Symbol werden, dass Deutschland wieder in den Offensivmodus wechseln will.“
Anfang März 2017 hatte die Deutsche Börse in Frankfurt zwar das neue Segment „Scale“ eingeführt, das kleinen und mittelgroßen Unternehmen den Weg zum Kapital erleichtern soll. Die damalige Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte damals noch angekündigt: „Junge deutsche Unternehmen schaffen mit dieser Hilfe vielleicht den Durchbruch zum Weltmarktführer.“
Laut Start-up-Förderer Müschenich ist das aber nicht eingetreten: „Deutschland muss bei den Börsengängen für Start-ups deutlich attraktiver werden.“ Das Scale-Segment in Frankfurt beinhalte zu hohe Eintrittsbarrieren: Umsatz von mindestens zehn Millionen Euro, Gewinne machen, mindestens 20 Mitarbeiter, Eigenkapital von fünf Millionen Euro.
Müschenich fordert ebenso wie Lindner ein neues Segment, in das auch Start-ups reinkommen, „ohne schon über Jahre durchfinanziert zu sein und Profite zu machen“. Er warnt: „Ansonsten lassen wir uns die Butter weiter vom Brot nehmen und die guten jungen Unternehmen gehen lieber an die Nasdaq als nach Frankfurt.“
Die Bundesregierung will die Finanzierungsproblematik vor allem durch öffentlich-private Partnerschaften angehen. Im März hatte sie ihren Zukunftsfonds gestartet. Bis 2030 will die Regierung darüber insgesamt zehn Milliarden Euro zur Verfügung stellen, private Investoren sollen weitere 20 Milliarden beisteuern.
Für den Start-up-Beauftragten der Bundesregierung, Thomas Jarzombek, ist das ein guter Anfang, er fordert aber einen weiteren, deutlich größeren Zukunftsfonds.
„Wir werden einen zweiten Zukunftsfonds brauchen, dessen Volumen sich im Bereich von 100 Milliarden Euro bewegen muss“, sagt Jarzombek. Er nennt das einen „Deutschlandfonds nach dem Vorbild von Norwegen“. Auch bei staatlichen Aufträgen müssten die Behörden mutiger werden, mehr auf Risiko gehen und früher in Start-ups investieren.
Die Risikokapitalgeber selbst sehen das Problem weniger beim Geld. „Wir haben eine wesentlich optimistischere Sicht, denn die deutsche Venture-Capital-Landschaft wächst rapide“, sagte Jan Miczaika, Partner bei HV Capital. Der Flixbus-Geldgeber gehört zu den wichtigsten deutschen Start-up-Finanzierern. Im laufenden Jahr liege die Summe der Risikokapital-Runden in Deutschland bereits bei knapp neun Milliarden Euro – drei Milliarden Euro mehr als im gesamten Vor-Corona-Jahr 2019, sagte Miczaika.
Dieser Zuwachs werde nicht nur von lokalen Investoren wie HV Capital, sondern auch durch globale Investoren getrieben, die die Attraktivität der Start-ups und die Investmentchancen im deutschen Markt schätzten. Das gelte insbesondere für industrienahe Bereiche wie Software aus der Cloud, das Internet der Dinge und Künstliche Intelligenz.
Mehr: Start-ups fürchten die Besteuerung von Vermögen, das nur auf dem Papier existiert.
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" In den USA kommen Gründer vor allem durch Börsengänge im großen Stil an Kapital. Das haben inzwischen auch deutsche Unternehmen erkannt und gehen dort an die Börse – etwa der Impfstoff-Produzent Biontech"
Ach!
Bis letztes Jahr war das wertvollste an dem Laden die Adresse "An der Goldgrube".
Dann kam Vater Staat und pamperte die Entwicklung des Fuckziehns mit 375 VERLORENEN Mio. €. Dabei hat die Entwicklung der Firma nur 359 Mio € gekostet. Siehe Geschäftsbgerichte!
Der Staat hat die Entwicklung bezahlt und ist der einzige Kunde. Mit diesem Quasi-Monopol macht man dann bei 5,3 Mrd. € Umsatz auch mal gerne 2,8 Mrd € Profit.
Wenn der Staat dazu da ist, irgendwelchen Leuten die € im Akkord in den A… zu blasen, dann kann der auch mal eben z.B: meine energetische Gebäudesanierung zu 110 % bezuschussen.
Die Handwerker und ihre Chefs wird's freuen und mich auch. Ich hab ja auch noch Kosten neben den Rechnungen. Tut ja angeblich auch noch was für's Klima… Das wäre noch ein anders Thema…
Was ist das hier für ein oberkorruptes Selbstbedienungssystem? Nächster Aufsichtsrat Biontech: H. Heil oder H. Braun?
In welchen Taschen werden die 30 Mrd. Fluthilfe versickern?
Bestimmt nicht bei den frisch geschaffenen Habenichtsen mit den weggespülten Häusern.