Steuerpolitik Der Fiskus nimmt Steuerberater stärker in die Pflicht

Das Gesetz verpflichtet Steuerberater, künftig „als relevant eingestufte grenzüberschreitende und innerstaatliche Steuergestaltungen den Finanzbehörden mitzuteilen“.
Berlin Der Staat schränkt die Kreise von Steuertricksern immer weiter ein. Nach Privatpersonen, Unternehmen und Briefkastenfirmen nimmt der Fiskus nun Steuerberater stärker in die Pflicht: Künftig müssen sie alle Steuergestaltungsmodelle, die sie an ihre Kunden verkaufen, direkt dem Finanzamt melden. Dies sieht ein Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums vor, der dem Handelsblatt vorliegt.
Das Gesetz verpflichtet Steuerberater, künftig „als relevant eingestufte grenzüberschreitende und innerstaatliche Steuergestaltungen den Finanzbehörden mitzuteilen“. Ziel sei es, „Steuervermeidungspraktiken und Gewinnverlagerung zeitnah zu identifizieren und zu verringern“ und so die „Erosion“ von Steuereinnahmen zu verhindern.
Steuergestaltungen würden „immer ausgefeilter“, heißt es im Gesetzentwurf weiter. Deshalb sei es für die deutschen Steuerbehörden von „entscheidender Bedeutung, umfassende Informationen über vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Steuergestaltungen zu erhalten“.
Dadurch erhofft sich der Gesetzgeber, Steuerschlupflöcher deutlich schneller schließen zu können als bisher. In der Vergangenheit vergingen häufig viele Jahre, bis es dem Staat gelang, legale Steuertricks einzudämmen.
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Ob das Gesetz so verabschiedet wird, ist offen. Denn das Bundesfinanzministerium setzt mit dem Entwurf nicht nur eine EU-Richtlinie um, die bis Ende dieses Jahres in nationales Recht gegossen sein muss. Das Haus von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) geht mit seinem Gesetzentwurf über die EU-Vorgaben hinaus – und zieht damit nach Handelsblatt-Informationen den Ärger von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf sich.
Altmaier hatte jüngst in einem „Steuerpolitischen Aktionsprogramm“ seines Hauses vor genau einem solchen nationalen Alleingang gewarnt. Das Wirtschaftsministerium wollte keinen Kommentar abgeben, ob es dem Gesetz zustimmen wird. In Berlin hieß es aber, das Ministerium habe eine bis Freitag angesetzte Verbändeanhörung platzen lassen und wolle lieber zwei voneinander getrennte Gesetze: eines für die Umsetzung der EU-Richtlinie und eines für die nationale Anzeigepflicht.
Kritik an dem Gesetz gibt es auch in der Beraterszene. Dort fürchtet man einen immensen Bürokratieaufwand. Offenbar nicht ohne Grund. So heißt es im Gesetz, Steuerberater müssten mit „einer spürbaren Belastung durch den Erfüllungsaufwand rechnen“.
Zudem sei unklar, ob die Finanzbeamten die absehbar vielen neuen Mitteilungen überhaupt abarbeiten könnten. Das Finanzministerium selbst rechnet über drei Jahre mit einem Verwaltungsaufwand in Höhe von 71 Millionen Euro.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.