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Steuersenkungen 444 Euro mehr pro Jahr – Wie die Groko vor allem Familien und Gutverdiener steuerlich entlastet hat

Die Große Koalition ist die erste Regierung seit Rot-Grün, die die Steuerzahler spürbar entlastet hat – allerdings kamen nicht alle Einkommensgruppen gleich gut weg.
11.08.2021 - 17:19 Uhr Kommentieren
Die Große Koalition hob das Kindergeld in der ablaufenden Wahlperiode etwas stärker an, als die Verfassung es vorschrieb. Quelle: imago images/photothek
Finanzminister Olaf Scholz

Die Große Koalition hob das Kindergeld in der ablaufenden Wahlperiode etwas stärker an, als die Verfassung es vorschrieb.

(Foto: imago images/photothek)

Olaf Scholz (SPD) ist nicht als Anhänger großer Steuersenkungen bekannt. Im Wahlkampf nutzt der SPD-Kanzlerkandidat die Steuersenkungspläne der anderen Parteien vielmehr, um sich davon abzugrenzen.

In seiner Zeit als Bundesfinanzminister hat die Große Koalition die Steuern für viele Steuerzahler allerdings spürbar gesenkt: Im Vergleich zu 2018 zahlt ein Haushalt im Schnitt heute 444 Euro weniger Steuern im Jahr. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Münchener Ifo-Instituts im Auftrag des Bundesfinanzministeriums.

„Die Steuerreformen der 19. Legislaturperiode führen zu positiven nominalen Einkommenseffekten für alle Haushaltstypen und Einkommensgruppen“, schreiben Ifo-Forscher Andreas Peichl und seine Kollegen.

Im Schnitt zahlen Haushalte heute 1,2 Prozent weniger Steuern als zu Beginn der Wahlperiode. Interessant ist dabei, wer von Erleichterungen am stärksten profitiert. Dies sind neben Familien insbesondere höhere Einkommen, „sowohl relativ als auch absolut gesehen“, wie es in der 48-seitigen Studie heißt.

Die Forscher haben in ihrer Studie die Wirkungen der Steuerreformen der Regierung seit 2018 berechnet und vergleichen diese mit einem Modell, das so tut, als hätte es unter der Großen Koalition überhaupt keine Steuerreformen gegeben.

Familien haben 950 Euro mehr in der Tasche

Danach hat ein Paar mit Kindern heute 950 Euro oder 1,6 Prozent mehr in der Tasche, als wenn es keine Reformen gegeben hätte. Familien profitieren insbesondere vom höheren Kindergeld und dem damit einhergehenden höheren Steuerfreibetrag für Kinder.

Personen mit höherem Einkommen haben vor allem dank der Reform des Solidaritätszuschlags mehr Geld in der Tasche. Für 90 Prozent der Steuerzahler ist der Soli Anfang des Jahres weggefallen. 6,5 Prozent der Steuerzahler zahlen weniger Soli, und nur die 3,5 Prozent Top-Verdiener müssen den Zuschlag voll weiterzahlen. Gutverdiener mit einem Haushaltseinkommen von rund 57.000 Euro im Jahr profitieren deshalb am stärksten von der Reform.

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Allerdings seien die Unterschiede nicht erheblich gewesen, sodass die Ungleichheit nicht großartig angestiegen sei. Eher im Gegenteil: Die Steuersenkungen haben das Armutsrisiko von Kindern gesenkt. So sei das Risiko für Kinder, von Armut betroffen zu sein, dank der Steuersenkungen um 0,8 Prozentpunkte niedriger als 2018.

Es gibt allerdings nicht nur Lob in der Studie. Viele der steuerpolitischen Maßnahmen bewegten sich „im Rahmen der regelmäßigen Anpassungen an die realen Einkommensteuersätze“, heißt es in der Studie. So schreibt die Verfassung eine regelmäßige Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags vor, um das Existenzminimum zu sichern.

Auch gleicht die Politik bereits seit einigen Jahren regelmäßig die sogenannte „kalte Progression“ aus. Die kalte Progression ist eine inflationsbedingte „schleichende Steuererhöhung“. Verdient ein Arbeitnehmer mehr, hat er oft kaum mehr Geld in der Tasche, weil höhere Steuern und die Inflation den Gehaltszuwachs aufzehren.

Kindergelderhöhung war zentrales CDU-Wahlversprechen

Deshalb passt die Regierung die Steuersätze regelmäßig an die Inflation an. Immerhin: Die Große Koalition hob das Kindergeld in der ablaufenden Wahlperiode etwas stärker an, als die Verfassung es vorschrieb. Dies war eines der zentralen Wahlversprechen der Union. Der Wegfall des Solidaritätszuschlags wiederum ist sogar die größte Einkommensteuersenkung seit den Reformen Gerhard Schröders.

Allerdings hatten sich Union und SPD im vergangenen Wahlkampf ursprünglich weitere Entlastungen für untere und mittlere Einkommen versprochen. Doch obwohl die Vorschläge beider Parteien sogar teils identisch waren, hatten sie sich in den Koalitionsverhandlungen nicht auf ein Vorgehen einigen können.

Finanzwissenschaftler wie Ifo-Experte Peichl kritisieren seit Jahren diese bestehenden Schieflagen und Ungerechtigkeiten im deutschen Steuersystem. So haben viele Niedrigverdiener bei einem kleinen Gehaltsplus oft nicht mehr Geld in der Tasche, weil höhere Steuern, höhere Sozialbeiträge und der gleichzeitige Wegfall von Sozialleistungen unterm Strich den Gehaltszuwachs wieder auffressen.

Aus Sicht aller Parteien besteht daher eigentlich Konsens, die Steuern für untere Einkommen zu senken. Die gleiche Übereinstimmung gibt es beim anderen Ende der Einkommensskala. Selbst die Linkspartei findet, der Spitzensteuersatz von 42 Prozent greife derzeit zu früh.

Er ist bereits ab einem zu versteuernden Einkommen von rund 57.000 Euro im Jahr fällig. Doch trotz dieser Übereinstimmungen ist die Politik diese grundlegenden Probleme bis heute nicht angegangen, weil sich die Parteien gegenseitig blockierten.

Die SPD will im Gegenzug für die Steuersenkungen die Steuern für Spitzenverdiener erhöhen und den Spitzensteuersatz anheben. Die Union allerdings schließt jede Steuererhöhung aus. Und es besteht wenig Hoffnung, dass diese Blockade nach der Wahl aufgelöst wird. Denn die Parteien ziehen mit den exakt gleichen Haltungen in den neuen Wahlkampf.

Mehr: Bis zu 10.602 Euro pro Jahr: So stark wollen die Parteien Steuerzahler entlasten

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