Stiftungen Stiftungsrecht: Familienunternehmen fordern Entbürokratisierung statt neuer Rechtsform

Mit der Novelle will Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) ein einheitliches Bundesrecht für die knapp 24.000 deutschen Stiftungen schaffen.
Berlin Pünktlich hat sich die Stiftung Familienunternehmen in Stellung gebracht: Sie beschwört die Vorzüge einer Stiftungslösung für Unternehmen, wenn an diesem Mittwoch die öffentliche Anhörung zur Reform des Stiftungsrechts im Bundestag auf der Agenda steht. „Stiftungen eröffnen Unternehmern die Möglichkeit, das Unternehmen und dessen Werte zu bewahren sowie von ihnen definierte Ziele zu verfolgen – und das unabhängig von familiären Konstellationen“, sagte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, dem Handelsblatt. Von einer solch langfristigen Orientierung profitiere die gesamte Volkswirtschaft.
Mit der Novelle will Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) das bisherige „Nebeneinander“ von Bundes- und Landesrecht beenden und ein einheitliches Bundesrecht für die knapp 24.000 deutschen Stiftungen schaffen. Vorgesehen ist zudem ein elektronisches Stiftungsregister – ähnlich dem Handels- und Vereinsregister.
Allerdings fällt die Reform in eine Zeit, da die Initiative Verantwortungseigentum öffentlichkeitswirksam eine „GmbH mit gebundenem Vermögen“ als neue Rechtsform fordert. Ihrer Meinung nach sind Stiftungslösungen vor allem für den Mittelstand und Start-ups zu aufwendig, bürokratisch und unflexibel.
Die Stiftung Familienunternehmen beleuchtet die Situation ausdrücklich und speziell von Stiftungsunternehmen – nicht ohne einen Seitenhieb gegen die Initiative Verantwortungseigentum. „Man sollte eher über Entbürokratisierung des Stiftungsrechts nachdenken als über neue Rechtsformen“, meint Kirchdörfer.
Um diese Position zu untermauern, hat die Stiftung Familienunternehmen eine Studie in Auftrag gegeben, die Mathias Habersack von der Ludwig-Maximilians-Universität München und Péter Horváth vom International Performance Research Institute erstellt haben und die dem Handelsblatt vorliegt.
Schutz vor Übernahme durch große Technologiekonzerne
Fazit: Eine Stiftung eignet sich klar als Unternehmensträgerin – nicht nur für große und traditionsreiche Familienunternehmen, sondern auch für kleine und junge Unternehmen. „Besitzt ein junges Unternehmen mehrere Gründer, die gegebenenfalls unterschiedliche Ansichten zur strategischen Ausrichtung haben, hilft die Stiftungslösung bei der Konsensfindung“, heißt es in der Studie. In der Satzung könnten Visionen festgelegt werden. Technologie-Start-ups würden vor der Übernahme durch große Technologiekonzerne geschützt.
Eine „GmbH mit gebundenem Vermögen“ ließe sich nicht in das deutsche Gesellschaftsrecht einfügen, befinden die Studienautoren. Darum „sollten sich die gesetzgeberischen Aktivitäten auf eine Reform des Stiftungsrechts konzentrieren“. Die sich abzeichnende Stiftungsreform sei zu begrüßen, loben sie.
Mit einer Befragung unter 143 Familienunternehmen lotet die Studie auch die Motive für die Gründung einer Stiftung aus, sei es mit gemeinnützigem oder privatnützigem Charakter. Der Befund: Für Familienunternehmen sollen Stiftungslösungen vor allem der langfristigen Entwicklung des Unternehmens dienen.
Das wichtigste Motiv ist demnach der Erhalt des Unternehmens in einer Hand. Mit etwas Abstand folgen die Resilienz des Unternehmens gegenüber Entwicklungen in der Unternehmerfamilie, der Erhalt der Arbeitsplätze sowie die Vermeidung der konkreten Aufteilung der Anteile unter den Nachkommen.
Auch der Schutz der Kapitalbasis, sei es vor erbrechtlichen oder gesellschaftsrechtlichen Ansprüchen wie Abfindungen, gehört zu den wichtigsten Motiven. Weniger Bedeutung wird etwa steuerrechtlichen Vorteilen oder der mit einer Stiftung verbundenen „Denkmalfunktion“ beigemessen.
Mit Blick auf die Reform des Stiftungsrechts stellen die Studienautoren vor allem eine Forderung auf: Bei der Einsichtnahme in das Register und einer Offenlegung der Satzung müsse der Datenschutz beachtet werden.
Hier sei das „berechtigte Interesse des Stifters an Geheimhaltung seiner in der Satzung verlautbarten, häufig familiär geprägten Überlegungen“ zu berücksichtigen. Der Regierungsentwurf sehe zwar vor, dass der Zugang zu Dokumenten beschränkt werden könne. Das geht den Studienautoren aber nicht weit genug: „Der Bundesgesetzgeber sollte allerdings die Offenlegung und die Publizitätswirkungen der Eintragung auf die Befugnis zur Vertretung der Stiftung beschränken.“
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