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Streit um Bauvorhaben Sicherheitsmängel, Umweltschutz, Wasserverbrauch: Wie Tesla-Kritiker die Gigafactory stoppen wollen

Gegen das Genehmigungsverfahren für das Tesla-Werk in Grünheide gibt es hunderte Beschwerden. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten.
23.09.2021 - 04:00 Uhr 1 Kommentar
Voraussichtlich erst zum Jahresende sollen die ersten Fahrzeuge in der neuen Fabrik vom Band rollen. Quelle: dpa
Baugelände der Tesla Gigafactory

Voraussichtlich erst zum Jahresende sollen die ersten Fahrzeuge in der neuen Fabrik vom Band rollen.

(Foto: dpa)

Berlin Seit Tesla-Chef Elon Musk am 12. November 2019 seine Entscheidung für Grünheide als neuen Fabrikstandort bekanntgegeben hat, ist Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) im Dauereinsatz für den Autobauer. Die Arbeit sei eine „echte Herausforderung“, sagte Steinbach zu Jahresbeginn 2020.

Damals stand das Projekt ganz am Anfang. Der Bau der Fabrik ist inzwischen weit fortgeschritten. Nur das Genehmigungsverfahren stockt nach wie vor: Das liegt auch an den wiederholten Einwänden von Bürgern und Klagen der Naturschutzverbände.

Weil Tesla im Juni den Bauantrag für die Gigafactory um die Errichtung und den Betrieb einer Batteriefabrik erweitert hat, musste der Antrag erneut öffentlich ausgelegt werden. Die Einsprüche können ab diesem Freitag in einer Online-Konsultation erörtert werden. Erst danach kann über eine abschließende Baugenehmigung für den Fabrikbau entschieden werden.

Können die Kritiker das Genehmigungsverfahren noch zu Fall bringen? Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten:

Um wie viele Einwendungen geht es?

In der dritten Beteiligung der Öffentlichkeit im Genehmigungsverfahren für die geplante Tesla-Fabrik haben 399 neue Einwenderinnen und Einwender Einsprüche gegen das Projekt erhoben. Zusammen mit den 414 Einwendern aus der ersten und zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung haben insgesamt 813 Personen und Organisationen Einwendungen vorgebracht.

Aufgrund der Corona-Beschränkungen findet die Anhörung in digitaler Form statt. Grund ist, dass die Stadthalle Erkner als größter zumutbarer Veranstaltungsort nicht ausreichend Platz für die vielen Tesla-Kritiker bietet. Das sogenannte Planungssicherstellungsgesetz erlaubt Online-Anhörungen. Damit ist gewährleistet, dass auch unter den pandemiebedingten Einschränkungen Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitbeteiligung rechtssicher weitergeführt werden können, ohne dass Industrie- oder Infrastrukturprojekte ausgesetzt werden müssen.

Wogegen richten sich die Einsprüche?

Einwendungen gibt es unter anderem zum Störfallrecht, dem Betrieb einer Batteriefabrik in einem Wasserschutzgebiet, dem Wasserverbrauch, der Niederschlagswasserversickerung und der Abwasserbeseitigung. Die Bürgerinitiative Grünheide gegen die Tesla-Fabrik und der Verein für Natur und Landschaft in Brandenburg hatten zuletzt ihre Forderung nach einem Baustopp bekräftigt, um zuerst Fragen des Wasserbedarfs, der Abwasserbehandlung und des Umgangs mit Störfällen zu klären.

Hintergrund ist ein Störfallgutachten, das im bisherigen Genehmigungsantrag Teslas gravierende Sicherheitsmängel festgestellt hat. Konkret geht es um Chemikalientanks. Einer der Tanks ist demnach für ein hochentzündliches Kältemittel vorgesehen, das in der Lackiererei der Autofabrik verwendet werden soll. Wenn etwas passiert, wären die Auswirkungen weitaus gefährlicher als von Tesla angegeben.

Warum wird der Wasserbedarf für die Fabrik so kritisch gesehen?

Die Fabrik wird in einem Trinkwasserschutzgebiet gebaut. Der Chef des Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE), André Bähler, mahnte denn auch, das Thema nicht auf die leichte Schulter zu nehmen: „Wir reden über Trinkwasserversorgung, nicht über Softeis-Produktion.“ Die Versorgung mit Trinkwasser sei „essenzielle Lebensgrundlage“.

Tesla bestreitet, dass es durch die Autoproduktion zu Einschränkungen beim Trinkwasser kommen werde, und beruft sich dabei auf Gutachten von Experten. Auch Konzernchef Elon Musk persönlich bestritt mögliche Wasserprobleme. „Im Grunde sind wir nicht in einer sehr trockenen Region. Bäume würden nicht wachsen, wenn es kein Wasser gäbe“, sagte Musk. „Ich meine, wir sind ja hier nicht in der Wüste.“

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Wie brisant das Thema ist, zeigt ein Vorfall im vergangenen Jahr. Tesla ließ ohne entsprechende Zulassung Pfähle in den Boden des Werksgeländes treiben – offenbar um zu testen, welche Pfähle sich für einen Teil des Fundaments der Fabrik eignen könnten. Laut Wasserhaushaltsgesetz brauchen Unternehmen für Pfählungen in Grundwassernähe die Erlaubnis des Landkreises. Diese Erlaubnis hatte Tesla nicht. Brandenburgs Wirtschaftsminister erklärte dazu: „Das war einfach doof.“

Ist der Streit um streng geschützte Tiere auf dem Tesla-Gelände gelöst?

Eigentlich schon. Tesla hat zugesichert, die Tiere einfangen und umsetzen zu lassen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung hatte ergeben, dass 9,4 Hektar auf dem Gelände eine „hohe Eignung“ als Lebensraum von Zauneidechsen und Schlingnattern hätten. Deshalb war das Abholzen der betroffenen Waldflächen vorübergehend gerichtlich gestoppt worden.

Um die Problematik zu lösen, wurden Ausgleichsflächen geschaffen, auf denen sich Reptilien ansiedeln können. Im Frühjahr dieses Jahres wurde für die Tiere schließlich ein neuer Lebensraum erschlossen – nahe dem Tesla-Gelände. Auf dem Gelände waren außerdem bei einer Kartierung vier geschützte Waldameisennester gefunden worden, die auch umgesetzt wurden.

Wie geht Tesla mit der Kritik an seinem Vorhaben um?

Der Konzern hat Verständnis für die Bedenken und Vorbehalte von Umweltschützern geäußert. Im Fall der umfangreichen Baumfällungen auf dem Gelände hat Tesla Ausgleichsleistungen versprochen. Der Autobauer hat angekündigt, freiwillig Flächen neu zu bepflanzen, die in der Summe deutlich größer sein sollen als das geplante Fabrikgrundstück. Um das bestmögliche Ergebnis zu erreichen, arbeitet Tesla dabei nach eigenen Angaben eng mit Umwelt- und anderen Expertengruppen zusammen.

Wie kommt Tesla mit dem Genehmigungsprozedere um seine Gigafactory klar?

Wie viele andere Unternehmen kämpft auch Tesla mit dem deutschen Genehmigungsrecht. Für das Genehmigungsverfahren hat der Konzern am 20. Dezember 2019 erstmals Unterlagen zu seinem Vorhaben eingereicht. Eine abschließende Baugenehmigung gibt es bis heute nicht. Tesla errichtet sein Werk über vorläufige Genehmigungen. Kommt kein endgültiges Okay für die Gigafactory, müsste Tesla das Gelände auf eigene Kosten wieder in den Ursprungszustand versetzen.

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Im April dieses Jahres machte Tesla seinem Ärger Luft. Mit scharfen Worten äußerte der Konzern Kritik an dem Genehmigungsprozedere um sein Elektroautowerk. Tesla argumentierte, die Fabrik helfe durch Verbreitung von E-Mobilität im Kampf gegen die Erderwärmung. Doch der deutsche Genehmigungsrahmen für Industrie- und Infrastrukturprojekte sowie für die Raumplanung „steht in direktem Gegensatz zu der für die Bekämpfung des Klimawandels notwendigen Dringlichkeit der Planung und Realisierung solcher Projekte“.

Brandenburgs Wirtschaftsminister hat Verständnis für den Unmut. Denn die Spezialität des deutschen Genehmigungsrechts liegt etwa darin, dass das Verfahren neu gestartet werden muss, sobald die Baupläne geändert werden. „Das ist wie bei Monopoly: immer wieder zurück auf Los“, sagte Steinbach. Vor allem gegenüber ausländischen Investoren sei dies schwer vermittelbar. Denn dadurch erhält die Öffentlichkeit, also auch Umweltverbände, wieder Gelegenheit, Einwände gegen das Projekt vorzubringen.

Wie bewertet die brandenburgische Landesregierung die aktuellen Einwände im Genehmigungsverfahren?

Steinbach glaubt nicht, dass die Widerstände gegen die Fabrik das Genehmigungsverfahren noch stoppen können. Der SPD-Politiker bezifferte die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt als Ganzes genehmigt wird, kürzlich auf „95 Prozent“.

Die Angst von Anwohnern vor Störfällen hält Steinbach für übertrieben. Diese Gefahr sei „vergleichbar mit der Wahrscheinlichkeit eines Jumbo-Absturzes“, sagte er vergangene Woche der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Wir diskutieren hier über ein Minimalrisiko.“

Warum reißt die Kritik an dem Tesla-Projekt trotzdem nicht ab?

Dass es immer noch so viel Gegenwind für Teslas neue Gigafactory in Grünheide gibt, führt Steinbach auch auf eine zu zögerliche Informationspolitik des Unternehmens zurück. „Ich hätte mir gewünscht, dass Tesla die Sorgen der Bevölkerung ernster nimmt“, sagte er der FAZ. „Da mangelt es mitunter etwas an Empathie.“

Mehr: Elon Musk wirbt mit „Giga-Fest“ für neues Tesla-Werk in Grünheide

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  • Die Anzahl der Verhinderer waechst Jahr um Jahr. Waere interessant zu erfahren, von was
    diese Leute leben. Alle Parteien wollen Projekte beschleunigen, aber es muss bezweifelt
    werden ob irgendwas umgesetzt wird.

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