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Streit um Befugnisse Horst Seehofer lässt Bundesdatenschützer auflaufen

Über die Umsetzung einer EU-Richtlinie zum Datenschutz bei Justiz und Strafverfolgung ist ein Streit entbrannt. Der Bundesdatenschützer verlangt Befugnisse, die ihm der Innenminister nicht geben will.
16.03.2021 - 04:57 Uhr Kommentieren
Der Bundesinnenminister lehnt spezielle Durchsetzungsbefugnisse für die Datenschutzaufsichtsbehörde des Bundes ab. Quelle: Reuters
Horst Seehofer

Der Bundesinnenminister lehnt spezielle Durchsetzungsbefugnisse für die Datenschutzaufsichtsbehörde des Bundes ab.

(Foto: Reuters)

Berlin Das Bundesinnenministerium sieht keine Veranlassung dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Ulrich Kelber, mehr Befugnisse zuzugestehen, um gegen Datenschutzverstöße bei Bundespolizei und Zollfahndung vorzugehen. Der Bonner Aufsichtsbehörde stünden bereits „ausreichende Abhilfebefugnisse“ zur Verfügung, heißt es in einer Antwort des Ministeriums von Ressortchef Horst Seehofer (CSU) auf eine schriftliche Frage des FDP-Innenpolitikers Konstantin Kuhle.

Kelber bemängelt dagegen, dass das Ministerium die EU-Datenschutz-Richtlinie im Bereich Justiz und Inneres (JI-Richtlinie) unzureichend umgesetzt hat, weshalb ihm wichtige Befugnisse fehlen. „Meine Behörde braucht unbedingt gesetzlich unmissverständlich festgelegte Anordnungsbefugnisse, wie sie das europäische Recht vorsieht, damit sich bei Fehlern wirklich etwas ändert. Der erhobene Zeigefinger reicht hier nicht“, sagte Kelber dem Handelsblatt.

Die europäischen Vorgaben leiten sich im Fall polizeilicher Ermittlungen oder der Gefahrenabwehr nicht aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ab. Der Schutz personenbezogener Daten obliegt vielmehr einem besonderen Rechtsrahmen – der JI-Richtlinie. Diese regelt die Befugnisse, die die Datenschutzaufsichtsbehörden gegenüber den entsprechenden Behörden haben. Etwa wenn die Sicherheitsbehörden aus begründetem Anlass heimlich ermitteln.

Damit auch in solchen Fällen der Rechtsschutz gewährleistet ist, sollen datenschutzrechtliche Kontrollen möglich sein. Dies setzt aber voraus, dass die Aufsichtsbehörde solche Kontrollbefugnisse auch hat. Die JI-Richtlinie hätte zum 6. Mai 2018 in allen EU-Mitgliedstaaten vollständig, also durch nationale Gesetze, umgesetzt sein müssen. Denn anders als die DSGVO gilt die Richtlinie nicht unmittelbar.

Das Bundesinnenministerium sieht sich indes europarechtlich auf der sicheren Seite, da die für die Umsetzung der Richtlinie auf Bundesebene erforderlichen Rechtsvorschriften bereits erlassen worden seien. „Die Vorlage eines weiteren Gesetzentwurfs zur Umsetzung der JI-Datenschutz-Richtlinie ist daher nicht geplant“, heißt es in der Antwort auf die FDP-Anfrage.

FDP kritisiert GroKo

Das Ministerium sieht die EU-Vorgaben zum Beispiel im Bundesdatenschutzgesetz „im Sinne einer allgemeinen Regelung für die Bereiche Polizei und Strafjustiz“ umgesetzt. So könne der Bundesbeauftragte für den Datenschutz die verantwortlichen Stellen „vor aus seiner Sicht bestehenden Datenschutzverstößen warnen und diese beanstanden“.

Die Kelber-Behörde könne zudem durch ihren jährlichen Tätigkeitsbericht über Datenschutzverstöße im Bereich von Polizei und Strafjustiz informieren. Außerdem verfüge sie über „sonstige nicht regelungsbedürftige Möglichkeiten, die an Recht und Gesetz gebundenen Verantwortlichen auf möglicherweise rechtswidrige Verarbeitungen aufmerksam zu machen“.

Aus Kelbers Sicht sind es jedoch „definitiv keine wirksamen Durchsetzungsbefugnisse“ im Bereich Justiz und Inneres, wenn er Datenschutzverstöße nur beanstanden könne. „Deshalb habe ich in diesem Punkt eine entschieden andere Rechtsauffassung als das Bundesinnenministerium“, sagte der Behördenchef.

Was in „Spezialgesetzen“ oder Gesetzentwürfen, beispielsweise für das Bundeskriminalamt (BKA), die Bundespolizei oder den Zoll stehe, sei „viel zu vage formuliert“, kritisierte Kelber. Außerdem seien die Regelungen zu den aufsichtsrechtlichen Befugnissen unnötig unterschiedlich ausgestaltet. „Deshalb bleibe ich dabei: Die europäische JI-Richtlinie muss so in nationales Recht umgesetzt werden, wie sie gedacht war: Mit wirksamen Durchsetzungsbefugnissen für die Datenschutzaufsichtsbehörden“, betonte Kelber.

Unterstützung kommt von der FDP. „Bürgerrechte und Datenschutz sind bei der Großen Koalition nicht in guten Händen“, sagte der FDP-Innenexperte Kuhle dem Handelsblatt. Statt die Umsetzung der EU-Richtlinie an zentraler Stelle für alle Bundesbehörden aus den Bereichen Polizei und Justiz zu regeln, erfolge die Anpassung des Rechts nur „scheibchenweise“. „So blickt am Ende kein Mensch mehr durch, weder in den Behörden noch bei den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern.“

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