Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

„Strukturelles Schutzdefizit“ Jugendmedienschutz: Giffey legt sich mit der Games-Branche an

Alterskennzeichnung, sichere Voreinstellungen: Die Ministerin will den Jugendschutz modernisieren. Gerade Plattformanbietern passt das nicht.
11.02.2020 - 15:53 Uhr Kommentieren
Die Bundesjugendministerin will den Jugendmedienschutz modernisieren. Quelle: dpa
Franziska Giffey

Die Bundesjugendministerin will den Jugendmedienschutz modernisieren.

(Foto: dpa)

Berlin Bundesjugendministerin Franziska Giffey (SPD) will den Jugendmedienschutz an das Internetzeitalter anpassen. Sie sei „qua Verfassung verantwortlich für den Jugendschutz, egal ob auf der Straße oder im Netz“, sagte Giffey am Dienstag anlässlich des Aktionstages Safer Internet Day. „Die Regeln für digitale Räume sind nicht mehr zeitgemäß und brauchen dringend ein Update“, betonte die Ministerin. Für die Internetindustrie und die Games-Branche bedeutet der Vorstoß mehr Regulierung.

Digitale Medien böten Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten, sich zu informieren, zu spielen und miteinander in Austausch zu treten. „Sie sollen das in einer sicheren Umgebung tun können, geschützt vor Risiken wie Anmache oder Abzocke“, erklärte Giffey.

Giffey hat einen entsprechenden Referentenentwurf zur Reform des Jugendmedienschutzgesetzes am Montag an Länder und Verbände zur Stellungnahme geschickt. In dem Entwurf, der dem Handelsblatt vorliegt, heißt es, es sei „ein strukturelles Schutzdefizit“ für Kinder und Jugendliche entstanden. „Die Risiken sind vielfältig und werden durch die Vielfalt an Interaktionsmöglichkeiten, ihre Präsenz im Alltag und die hohe Geschwindigkeit in der Generierung von Inhalten befördert“, heißt es weiter.

Künftig sollen darum große interaktive Internetdienste, die mehr als eine Million Nutzer in Deutschland haben, ein Konzept vorlegen, mit welchen Mechanismen Kinder und Jugendliche bei Interaktionen im Netz geschützt werden sollen. Anbieter wie Youtube, Facebook, WhatsApp, Instagram oder Tiktok müssen also Vorkehrungen treffen, damit Jugendliche vor exzessivem Spielen, Kostenfallen, Anmache oder auch Hassrede im Internet bewahrt werden.

Als Beispiel für solche Mechanismen nennt der Referentenentwurf etwa die Einrichtung eines Melde- und Beschwerdesystems in deutscher Sprache mit einer für Kinder und Jugendliche möglichst altersentsprechenden Benutzerführung oder die Einrichtung von Voreinstellungen, die Nutzungsrisiken für Kinder und Jugendliche begrenzen. Für Onlinespiele soll es eine einheitliche Alterskennzeichnung geben.

„Erstmals wollen wir die Betreiber großer Plattformen zur Vorsorge verpflichten, auch wenn diese im Ausland sitzen“, führte Giffey nun aus. Bislang sei hier nichts passiert. „Wir brauchen aber klare Standards. Und wir brauchen die Möglichkeiten, gegen Anbieter vorzugehen, die gegen diese systemischen Standards verstoßen“, erklärte die SPD-Politikerin.

Die Überprüfung der Konzepte der Internetdienste soll laut Entwurf die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien übernehmen, die dafür in „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz“ umbenannt werden soll. Legen die Internetdienste keine ausreichenden Konzepte vor, sollen hohe Bußgelder drohen.

Games-Verband kritisiert die neuen Regeln

„Dabei arbeiten wir eng mit den Ländern zusammen, die für die Aufsicht über Medieninhalte und Verstöße im Einzelfall zuständig sind und bleiben“, versicherte Giffey und ging damit auf Kritik aus den Ländern ein, die einen Eingriff in ihre Kompetenzen fürchten.

So hatte der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), Siegfried Schneider, mit Blick auf das Vorhaben verfassungsrechtliche Einwände geltend gemacht und vor „teuren und unnötigen Doppelstrukturen“ gewarnt.

Es gehe um Lösungen für sichere, altersgerechte Voreinstellungen, die Kinder und Jugendliche systematisch schützen, erklärte Giffey: „Die Konzerne müssen hier mehr Verantwortung übernehmen und Sicherheitsnetze einbauen – so wie es auch eine Pflicht für Sicherheitsgurte in jedem Auto gibt.“

Die stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, forderte zum Safer Internet Day ebenfalls eine „stärkere Verantwortung der Plattformanbieter“, etwa durch sichere Voreinstellungen und geeignete Altersprüfungen. Eine Reform des fast 20 Jahre alten Jugendschutzgesetzes stehe an. „Schnelle Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern sind dringend erforderlich, um den Jugendmedienschutz auf die Höhe der Zeit zu bringen“, mahnte Schön.

Der Verband der deutschen Games-Branche „Game“, kritisierte Giffeys Vorstoß: „Mit solchen Regelungen wird das ohnehin verworrene Jugendschutzsystem in Deutschland sogar noch komplizierter, langsamer und ineffektiver, als es derzeit ohnehin schon ist“, hieß es in einer aktuellen Stellungnahme vom Dienstag. Das Kompetenzwirrwarr zwischen Bund und Länder sowie Aufsichtsorganisationen werde noch größer.

Die Regulierung werde nicht vom Medieninhalt her gedacht, sondern es werde versucht, Ansätze aus der Welt der Analog-Medien ins Internet zu übertragen, kritisierte der Verband Game. Die Bundesregierung verfehle das Ziel, einen zukunftsfähigen und kohärenten Rechtsrahmen für den Jugendschutz in Deutschland zu schaffen.

Mehr: Wie Cloud-Gaming die Computer- und Videospielebranche umkrempeln könnte.

Startseite
Mehr zu: „Strukturelles Schutzdefizit“ - Jugendmedienschutz: Giffey legt sich mit der Games-Branche an
0 Kommentare zu "„Strukturelles Schutzdefizit“: Jugendmedienschutz: Giffey legt sich mit der Games-Branche an"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%