Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Studie zur Cybersicherheit Ruf nach mehr Einsatz des Staates: Topmanager sehen in Datenbetrug größtes Cyberrisiko

Die Cyberrisiken für die deutschen Unternehmen sind weiter gestiegen. Welche Gefahren die Manager besonders umtreiben, zeigt eine aktuelle Studie.
24.08.2021 Update: 24.08.2021 - 13:56 Uhr Kommentieren
Kliniken können sich mit bestimmten Maßnahmen vor Cyberangriffen schützen. Quelle: dpa
Cybersicherheit

Kliniken können sich mit bestimmten Maßnahmen vor Cyberangriffen schützen.

(Foto: dpa)

Berlin Erstmals schätzen Topmanager und Politiker in Deutschland Datenbetrug im Internet als das größte Cyberrisiko ein. Das zeigen die Ergebnisse des Cybersecurity Reports 2021. Demnach sehen 77 Prozent der Abgeordneten und Führungskräfte hier die meisten Gefahren. Vor zwei Jahren lag dieser Wert noch bei 70 Prozent.

„Cyber-Angriffe sind präziser und professioneller geworden, und das Risiko durch Datenbetrug im Internet wächst rasant“, sagte Peter Wirnsperger, Partner und Lead Civil Government beim Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte. „Ein unzureichender Schutz gefährdet zunehmend Schlüsselindustrien und damit die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.“

Für den Report haben Deloitte und das Institut für Demoskopie Allensbach mehr als 400 Führungskräfte aus Unternehmen sowie über 100 Abgeordnete aus den Landtagen, dem Bundestag und dem Europaparlament befragt.

Die Vorsitzende der SPD, Saskia Esken, forderte mehr Anstrengungen gegen mögliche Cyberangriffe. „Die Bedrohungslage in Wirtschaft und Gesellschaft, die durch Datenmissbrauch, den Diebstahl geistigen Eigentums oder gar Sabotage gegeben ist, muss von den Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik ernstgenommen werden, damit beim weiteren Ausbau der digitalen Infrastruktur und bei der fortschreitenden Digitalisierung der Produktion, aber auch beim Formulieren von Gesetzen die richtigen Entscheidungen für eine proaktive Stärkung der IT-Sicherheit getroffen werden“, sagte Esken dem Handelsblatt. Das Prinzip „Security by design“, also das Mitdenken der IT-Sicherheit schon in der Architektur von IT-Systemen, müsse endlich Standard werden.

Auf der Gefährdungsliste rangieren auf Platz zwei Computerviren beziehungsweise die Infizierung von IT-Systemen mit Schadsoftware. Hier sehen 76 Prozent (2019: 65 Prozent) der Befragten eine große Gefahr. Auf Platz drei nennen die Führungskräfte gezielte Falschinformationen („Fake News“) in den sozialen Medien als Risiko. 75 Prozent der Entscheidungsträger sehen hier große Gefahren (2019: 74 Prozent).

Der Befund ist insbesondere mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl brisant. Beschleunigt durch die Corona-Pandemie verlagert sich der Wahlkampf teilweise ins Netz. Entsprechend groß ist die Sorge vor einer Manipulation der öffentlichen Meinung durch „Fake News“.

„Information, Meinungsbildung und gesellschaftliche Debatten verändern sich durch die Digitalisierung und damit auch die demokratische Kultur“, sagte Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, in Berlin. „Das bietet Chancen, bringt aber auch erhebliche Risiken mit sich, gerade auch für die Meinungsbildung vor Wahlen.“

Jeder zweite Abgeordnete Opfer von „Shitstorms“

Esken sprach vor diesem Hintergrund von einer „enormen Verantwortung“ der sozialen Netzwerke als Teil-Öffentlichkeiten. Doch hätten auch Qualitätsmedien, Schulen und Volkshochschulen „die wichtige Aufgabe, über diese Phänomene aufzuklären und so zur Souveränität der Mediennutzer beizutragen“. „Lügen aufzudecken und ihnen die Wahrheit gegenüberzustellen, ist nur in besonderen Fällen Aufgabe des Staates - die Vorstellung eines Wahrheitsministeriums ist mir fremd“, sagte die SPD-Chefin.

Auch der SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann sieht die Plattformbetreiber am Zug. Sie müssten „ihrer Verantwortung gerecht werden und Manipulationsversuche der öffentlichen Meinung offenzulegen und strafrechtlich relevante Fake-News unterbinden“. Eine Klarnamenpflicht lehnt Zimmermann ab, weil sie diejenigen zum Schweigen bringen würde, „die auf eine anonyme oder pseudonyme Kommunikation angewiesen sind – etwa beim Engagement gegen Rechtsextremismus“.

Zwar sehen laut der Umfrage die meisten Führungskräfte aus mittleren und großen Unternehmen (58 Prozent) und die Mehrheit der befragten Abgeordneten (60 Prozent) in den Plattformen von Facebook, Twitter und Co. eher Chancen als Risiken für die Unternehmen beziehungsweise für die Politiker.

Gleichzeitig wächst jedoch die kritische Haltung gegenüber dem zunehmenden Einfluss sozialer Medien auf die politische Meinungsbildung. Für 55 Prozent der Abgeordneten überwiegen in sozialen Medien eher die Risiken für die Demokratie (2019: 50 Prozent). Dabei bewerten 86 Prozent der Abgeordneten sogenannte Filterblasen, durch die Nutzer einseitige Informationen bekommen, die ihren eigenen Ansichten entsprechen, als eine sehr große oder große Gefahr für die Demokratie.

Auch sogenannte „Shitstorms“, also die öffentliche Empörung im Internet, bei der sich Argumente mit Beleidigungen und Bedrohungen mischen, treiben die Führungskräfte um. 15 Prozent der befragten Wirtschaftsführer berichten davon, dass ihr Unternehmen bereits Opfer eines „Shitstorms“ geworden ist.

Grafik

Überdurchschnittlich häufig betroffen sind große Unternehmen mit 1000 und mehr Mitarbeitenden: 22 Prozent hatten mindestens einen solchen Vorfall in der Vergangenheit. Trotzdem verfolgen nur 55 Prozent aller befragten Unternehmen systematisch, was in entsprechenden Medien über sie berichtet wird.

Im Vergleich zu den Unternehmen sind Abgeordnete wesentlich häufiger von Empörungswellen im Netz betroffen. Knapp jeder zweite Abgeordnete (49 Prozent) war schon bereits mindestens einmal einem „Shitstorm“ ausgesetzt.

Ruf nach mehr Einsatz des Staates

Insgesamt sind Cyberrisiken für die deutschen Unternehmen der Studie zufolge weiter gestiegen. Mittlerweile sieht sich demnach die Mehrheit der mittleren und größeren Unternehmen mindestens wöchentlich mit Hackerattacken konfrontiert, jedes dritte Unternehmen sogar täglich. Viele Manager (61 Prozent) halten denn auch das Risiko, dass ihr Unternehmen durch einen Hackerangriff geschädigt wird, für sehr groß.

Entsprechend hat das Thema Cybersicherheit für die große Mehrheit der Unternehmen deutlich an Bedeutung gewonnen. Einen besseren Schutz versprechen sich die Führungskräfte von einem intensiveren Austausch zwischen Wirtschaft und Politik. Knapp 80 Prozent der Abgeordneten und der Wirtschaftsvertreter sind der Meinung, die Zusammenarbeit sei nicht ausreichend.

Die Wirtschaft sieht ihre Bedürfnisse durch die Politik im Bereich der Cybersicherheit nur ungenügend berücksichtigt: Das geben gut zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) an. So vernachlässigt der Staat selbst in sicherheitsrelevanten Bereichen wie dem Geheimschutz die Unterstützung der Wirtschaft. Auch ein Großteil der Abgeordneten (58 Prozent) fühlt sich nur weniger gut oder gar nicht gut über die Bedürfnisse der Wirtschaft informiert.

Grafik

Fast drei Viertel der Wirtschaftsführer (71 Prozent) fordern eine stärkere Zentralisierung staatlicher Stellen beim Thema Cybersicherheit. Insbesondere große Unternehmen mit 1000 und mehr Mitarbeitenden halten eine zentrale Anlaufstelle für wichtig oder sehr wichtig. Anders ist die Ansicht der befragten Abgeordneten: 48 Prozent sind der Meinung, die Zuständigkeiten seien gut zwischen Bundes- und Landesebene aufgeteilt, weitere zwölf Prozent plädieren sogar für eine stärker föderale Organisation in diesem Bereich.

„Cybersicherheit muss für Management und Kontrollgremien zur Top-Priorität werden“, sagte Deloitte-Experte Wirnsperger. „Der derzeit noch nicht ausreichend funktionierende Austausch zwischen Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Forschung ist alarmierend.“

Mehr: Angriff auf die deutsche Wirtschaft: Cyberkriminalität kostet Unternehmen Milliarden.

Startseite
Mehr zu: Studie zur Cybersicherheit - Ruf nach mehr Einsatz des Staates: Topmanager sehen in Datenbetrug größtes Cyberrisiko
0 Kommentare zu "Studie zur Cybersicherheit: Ruf nach mehr Einsatz des Staates: Topmanager sehen in Datenbetrug größtes Cyberrisiko"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%