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Superwahljahr Wie die Union die Kanzlerschaft retten will

CDU und CSU suchen ein modernes Programm, um die Bundestagswahl zu gewinnen. Nach den Niederlagen wird über den richtigen Kurs debattiert. Die K-Frage läuft auf Laschet zu.
15.03.2021 Update: 15.03.2021 - 21:35 Uhr 1 Kommentar
Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben die CDU kalt erwischt. Die schlechten Ergebnisse bringen Armin Laschet in Bedrängnis. Quelle: dpa
CDU-Chef Armin Laschet

Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben die CDU kalt erwischt. Die schlechten Ergebnisse bringen Armin Laschet in Bedrängnis.

(Foto: dpa)

Berlin Es passiert selten, dass Armin Laschet seinen Unmut offen zeigt. Auch am Montagmorgen versuchte der CDU-Bundesvorsitzende, den Eindruck bei den digitalen Sitzungen von Präsidium und Vorstand zu vermeiden.

Und doch konnte er nicht verbergen, dass ihn eine Sache besonders ärgerte: Es war nicht etwa die Frage, warum die CDU in ihren ehemaligen Stammländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz historisch schlechte Ergebnisse eingefahren hat, kurz nachdem er im Januar die Bundespartei übernommen hatte.

Nein, Laschet rieb sich am Verhalten der SPD. Die Sozialdemokraten hatten zwar die Staatskanzlei in Mainz halten können, waren aber im Stuttgarter Landtag auf das Niveau von FDP und AfD geschrumpft.

Und trotzdem gerierten sie sich als Wahlsieger. Laschet sprach von „parteipolitischen Sperenzien“, allen voran von denen seines Widersachers, des SPD-Kanzlerkandidaten und Bundesfinanzministers Olaf Scholz. Er solle sich um sein Ressort kümmern, empfahl Laschet, dann laufe es auch mit den Wirtschaftshilfen. Es könne nicht sein, dass Union und SPD nun sechs Monate Wahlkampf führten.

An diesem Montag musste Laschet erstmals als Bundeschef Niederlagen erklären und klarstellen, dass er Kanzlerkandidat der Union wird und nicht etwa CSU-Chef Markus Söder. Wohl deshalb führte er einen Gremienbeschluss herbei, mit dem er die Maskenaffäre, die so mancher in der CDU bereits als schwerste Krise der CDU seit der Parteispendenaffäre unter Helmut Kohl bezeichnet hatte, für beendet erklärte.

Maskenaffäre und Coronamanagement

Danach müssen alle Funktions- und Mandatsträger bis in die Kommunen klarstellen, dass sie dem Gemeinwohl dienen und nicht dem eigenen Portemonnaie. Auch darf kein Kandidat für die Bundestagswahl selbst Spenden annehmen, sondern muss Gönner an die Partei verweisen. Basta!

Seit Sonntagabend hatten führende CDU-Politiker ständig die Botschaft wiederholt, die Niederlagen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz seien vor allem persönliche Erfolge der beiden Amtsinhaber Malu Dreyer (SPD) und Winfried Kretschmann (Grüne) und nicht etwa eine Niederlage Laschets.

In der internen Schalte des Präsidiums wurde dann aber noch ein anderer gewichtiger Faktor für das schlechte Abschneiden der CDU genannt: die große Unzufriedenheit mit dem Corona-Krisenmanagement.

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Mehrere Teilnehmer wie etwa Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff bekundeten ihren Unmut über die schleppende Impfkampagne. Das müsse besser werden, lautete seine Botschaft. Natürlich saß Gesundheitsminister Jens Spahn als neuer Stellvertreter Laschets mit in der virtuellen Konferenz und rief dazu auf, Erfolge herauszustellen. Es gebe mehr als sechs Millionen geimpfte Personen und ein flächendeckendes Angebot an Corona-Schnelltests, diese positiven Geschichten gelte es zu erzählen. Später am Nachmittag musste auch Spahn mit der Aussetzung des Astra-Zeneca-Impfstoffes noch schlechte Nachrichten verbreiten.

Auch Angela Merkel, die sich in der Nacht mit Laschet im Kanzleramt getroffen haben soll, rief zur Geschlossenheit auf. Man müsse Einigkeit bei der Impfstrategie demonstrieren, zitierten sie Teilnehmer der Runde. Impfen sei der Weg aus der Pandemie. Laschet selbst erklärte, „die Coronakrise belastet alle Menschen in diesem Land“. Beim Management „müssen wir besser werden.“

Der CDU-Chef weiß: Ohne einen Erfolg in der Coronakrise dürfte es bei der Bundestagswahl im September eng werden – doch nicht nur deshalb. Es geht um Grundsätzliches: Gefangen zwischen den 16 Regierungsjahren unter Merkel – deren Schwächen die Coronakrise offenbart hat – und dem fehlenden Programm für eine neue CDU steckt die Partei in einem „Visionsvakuum“, wie der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen sagt. „Ohne eine Führungserzählung, ohne Führungsbereitschaft, ohne solide programmatische Alleinstellungsmerkmale braucht die Union überhaupt keinen Kanzlerkandidaten.“

Es gebe „kein festes Abo auf das Kanzleramt. Das ist am Wochenende sichtbar geworden.“ Die Erkenntnis sei aber „früh genug“ gekommen, um sich noch erfolgreich für den Bundestagswahlkampf aufzustellen.

Die CDU steckt im „Visionsvakuum“

Laschet teilte diese Auffassung nach Angaben von Teilnehmern in den Gremien. „Wir müssen kämpfen“, zitieren ihn Teilnehmer. Ebenso warnte in München Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Söder. „Es gibt Mehrheiten jenseits der Union“, warnte er und sprach wie Laschet vom „Weckruf“. Die Niederlagen seien ein „schwerer Schlag ins Herz der Union“.

Dieses Herz müssen sowohl Söder wie auch Laschet in der Tat erreichen – wobei Laschet keinen Zweifel daran ließ, dass er sich als Nummer eins sieht. Söder betonte hingegen die Notwendigkeit einer einvernehmlichen Entscheidung. „Das ist kein Wettlauf zwischen Armin Laschet und mir“, sagte er am Montag im ARD-Brennpunkt. Die Union dürfe unter keinen Umständen sich zerstreiten. Eine Kanzlerkandidatur ist eine ganz zentrale Entscheidung, aber kein Eitelkeits- oder Schönheitswettbewerb.“

Auf die Frage eines Journalisten sagte Laschet, es sei Tradition, dass ein Kanzlerkandidat „Ministerpräsident bis zum Tag der Wahl“ bleibe. „Diese Staatspraxis wird auch für mich im Jahr 2021 gelten.“ Offiziell kläre sich die Frage weiterhin zwischen Ostern und Pfingsten: „Daran hat sich nichts geändert“, sagte der NRW-Ministerpräsident. Allerdings hält Laschet mittlerweile eine Entscheidung rasch nach Ostern für möglich. „Zwischen Ostern und Pfingsten heißt übrigens nicht, Pfingstsonntag. Sondern es kann auch sehr schnell nach Ostern sein“, sagte der CDU-Chef am Montag im ZDF.

Bis dahin wollen CDU und CSU am Wahlprogramm feilen. Im Vorstand hatte das jüngste Mitglied, Wiebke Winter aus Bremen, ausgedrückt, was viele denken. „Wir müssen uns als CDU jetzt daransetzen, junge, urbane Menschen – insbesondere Frauen – stärker anzusprechen“, sagte die 24-Jährige. „Aus meiner Sicht geht das vor allem mit klaren Ideen für eine ökologische, soziale Marktwirtschaft.“ In manch einer Stadt in Rheinland-Pfalz hätten nur acht Prozent der Frauen CDU gewählt. Winter sollte an diesem Montagabend von der CDU in Bremen als Direktkandidatin für den Bundestag nominiert werden.

Jene ökologische, soziale Marktwirtschaft hat Laschet zum großen Ziel erklärt. „Den Klimawandel bekämpfen und trotzdem Industrieland bleiben“ nannte er als wichtiges Element – verbunden mit dem Vorsatz, zu „soliden Finanzen“ zurückzufinden und die Einheit Europa voranzubringen. Er kündigte an, dass er „noch im März“ mit allen Kreisvorsitzenden beraten werde, „um dann gemeinsam mit der CSU ein Regierungsprogramm zu erstellen“.

Die Konferenz werde am 26. März stattfinden. Drei Tage später hält Laschet eine gesonderte Konferenz mit den ostdeutschen Landesverbänden ab. „Ich will unser Regierungsprogramm in einem offenen Beteiligungsprozess entwickeln.“ Auch Gewerkschafter, Arbeitgeber und andere wolle Laschet einbinden. „Wir brauchen die besten Ideen für Deutschland.“

Union: Die Suche nach der großen Idee

Auch Söder fordert „neuen Schwung“ und Konzepte für Wirtschaft, Klimaschutz und Digitalisierung. Die Union müsse sich „breiter und frischer aufstellen“. Zwar denkt er nicht wie vor einem Jahr an eine Kabinettsumbildung. Stattdessen will er „Teams für die Zukunft bilden, wo auch erkennbar wird, wer die Jüngeren sind, die sich nach der Bundestagswahl einbringen können“. Auch wenn Söder keine Namen nannte, so war die Botschaft klar: Die aktuellen Unionsminister sind keine Zugpferde für den Wahlkampf.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak und CSU-General Markus Blume sammeln bereits Ideen fürs Wahlprogramm. Doch gab es bislang noch keine politischen Vorgaben. Allein den Wunsch nach „ein paar innovativen Überraschungen“ gebe es, wie es in der Partei heißt.

Zumindest steht fest, dass die CSU kein eigenes Wahlprogramm erstellen wird, wie dies bei den letzten zwei Wahlen angesichts der Streitereien um die Pkw-Maut oder die Flüchtlingskrise der Fall war. „Wir werden ein gemeinsames Regierungsprogramm machen“, sagte Ziemiak in einer internen Diskussion Anfang März. „Es wird keinen Bayernplan geben.“ Das gemeinsame Programm werde das „Modernisierungsjahrzehnt“ beschreiben, „von dem Armin Laschet spricht“.

„Eine große politische Idee“ wünschen sich die Mitglieder. Darauf angesprochen, sagte Laschet Anfang März: „Die Frage betrifft das, was das Herz der CDU ausmacht.“ Zu den großen Ideen der CDU habe gehört, als Volkspartei gesellschaftliche Strömungen sowie Europa zu vereinen und ebenso die soziale Marktwirtschaft: „Heute kommt das Ökologische hinzu“, sagte er. „Auch die künftigen Generationen im Blick haben, die Klimaschutzziele erreichen, trotzdem Arbeitsplätze sichern, trotzdem Industrie sichern. Eine Riesenaufgabe, eine Riesenidee, die in dieser Form zusammengeführt nur die CDU vertritt.“

Genau dafür steht in Baden-Württemberg Kretschmann, der genau damit wirbt und im Autoland Baden-Württemberg Klimaschutz und Wandel der Industrie unter einen Hut bringen will. 70.000 CDU-Wähler wanderten netto bei der jüngsten Landtagswahl zu den Grünen.

Im Detail wird der Unterschied liegen, zumal Laschet mit einer Wirtschaftskrise rechnet. „Ich fürchte, dass viele nicht überleben und dann in die Insolvenz gehen“, sagte er. Womöglich würden viele Menschen mit dem Ende des Kurzarbeitergeldes arbeitslos. „Die Frage, wie wir nach der Krise wieder zur wirtschaftlichen Stärke kommen, wird eine ganz wichtige Frage im Wahlkampf sein“, sagte er.

Mehr: Politikwissenschaftler Korte: „Die Union steckt im Visionsvakuum“.

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1 Kommentar zu "Superwahljahr: Wie die Union die Kanzlerschaft retten will"

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  • 16 Jahre lang hat Frau Merkel die CDU gleichgeschaltet, ihr das Denken abgewöhnt, Leute mit abweichender Meinung wurden ruhiggestellt. Hat sie vielleicht in ihrer Jugend so gelernt. Die Gleichschaltung hat dazu geführt, dass nur Linientreue..innen zu Parteivorsitzenden..innen gewählt wurden. Woher soll da ein Aufbruch kommen?
    16 Jahre lang wurde nichts wirklich gestaltet, nur auf Situationen reagiert und Forderungen der SPD nachgegeben. Infrastruktur, Digitalisierung, Zukunftsfähigkeit.... alles ausgesessen. Die Reaktion auf das Coronavirus absolut eindimensional via Verbotskatalog. Dafür Grundrente, Mindestlohn, Genderpolitik. Nicht dass all das komplett falsch wäre, aber das sind keine Urthemen der Koservativen. Warum laufen der CDU, einer vom früheren Verständnis her konservativen Partei, die konservativen Leute zur AFD weg?
    Mit Blick auf die letzten 16 Jahre böte sich an, die Christlich Soziale Union und die Christlich Demokratische Union zur Christlich Sozialdemokratischen Union zusammenzulegen. Diese Verschiebungen im politischen Spektrum sind ein Grund (natürlich nicht der einzige) für die zunehmende Spaltung der Gesellschaft.
    Außenpolitisch sieht es nicht besser aus. Mit den Chinesen wird gekuschelt, den Russen wird vor's Schienbein getreten. Wo ist da die Linie? Putin ist wahrlich kein Demokrat und mit ihm ins Bett zu steigen wie Schröder wäre nicht angesagt gewesen, aber dass Deutschland auf Putins Feindesliste ganz oben steht, ist kein Zufall.
    Und dass Deutschland in den letzten 16 Jahren zur Einigung Europas beigtragen hätte, ist allenfalls ein schlechter Scherz. Flüchtlingskrise, Bankenkrise, Corona- Krise.... alles gegen die "Partner" oder zumindest über ihre Köpfe hinweg. Kohl würde vermutlich im Grabe rotieren, wenn er wüsste, wie die Achse Berlin Paris eiert.
    Und nun als i.Tüpfelchen diverse zwielichtige Abgeordnetengeschäfte. Diese Partei ist offensichtlich nach 16 selbstgefälligen Jahren AM ziemlich abgewirtschaftet. Sehr traurig.

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