Tarifverhandlungen Streit um Geld für Fahrt zur Baustelle – Im Baugewerbe drohen Streiks

Die Gewerkschaft fordert 5,3 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten.
Berlin Als DGB-Chef Reiner Hoffmann im August die Baustelle der neuen Rheinbrücke in Leverkusen besuchte, da klagte ihm Gewerkschafterin Antonia Kühn ihr Leid. Bauarbeiter müssten immer längere Wege zu ihren Einsatzorten zurücklegen, sagte die für das Rheinland zuständige Regionalleiterin der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau). Doch der Weg von zu Hause zur Baustelle – im Schnitt 60 Kilometer – wird nicht bezahlt.
Deshalb werde es in der laufenden Tarifrunde für die rund 890.000 Beschäftigten des Bauhauptgewerbes auch nicht zu einer Einigung kommen, wenn es für die Wegezeiten nicht eine Entschädigung in Geld oder Freizeit gebe, sagte Kühn. Ihre Kolleginnen und Kollegen wollten „ihre Kinder auch mal noch wach sehen“.
Wie ernst es der IG BAU mit dieser Forderung ist, zeigte sich am Mittwoch. Auch die fünfte Runde der Tarifverhandlungen wurde ergebnislos abgebrochen. Die Arbeitgeber hätten nicht ernsthaft über das Thema Wegezeiten verhandeln wollen, sagte IG-Bau-Chef Robert Feiger. „Da lassen wir aber nicht locker.“
Neben der Entschädigung für den Weg zur Baustelle hat die Gewerkschaft 5,3 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten und eine Ost-West-Angleichung der Entgelte gefordert. Doch über diese Forderungen sei zuletzt gar nicht mehr gesprochen worden, weil die Arbeitgeber verlangten, dass die Gewerkschaft die Forderung zur Wegezeitenentschädigung zurückziehe, sagte Carsten Burckhardt. Er ist der für das Bauhauptgewerbe zuständige IG-Bau-Vorstand.
Wenn in der Schlichtung keine Einigung gelingt, drohen Streiks
Die Arbeitgeber zeigten sich verständnislos für den ergebnislosen Abbruch der Verhandlungen und warfen der Gewerkschaft vor, nicht an ergebnisorientierten Gesprächen interessiert zu sein. „Wir wären bereit gewesen, durch ein wesentlich verbessertes Angebot eine Einigung in den Lohn- und Gehaltstarifverhandlungen unter Einbeziehung der Ost-West-Angleichung zu erreichen“, sagte der Verhandlungsführer und Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), Uwe Nostitz. „Wir hätten erwartet, dass die Gewerkschaft ernsthafter an einer Entgeltsteigerung interessiert gewesen wäre.“
Die Arbeitgeber meinen, dass die Frage der Wegstreckenentschädigung nur Gegenstand des Bundesrahmentarifvertrags sein könne, nicht aber der Lohn- und Gehaltstarifverträge. So habe man es auch in der letzten Tarifrunde vereinbart. Davon sei die IG Bau in den Verhandlungen aber wieder abgerückt.
Feiger und Burckhardt gehen davon aus, dass die Bundestarifkommission der Gewerkschaft dem Bundesvorstand am 27. September vorschlagen wird, die Schlichtungsstelle anzurufen. Sollte auch unter neutraler Vermittlung keine Einigung gelingen, drohe ein Arbeitskampf, sagte Feiger. Die Geduld der Beschäftigten sei erschöpft, schließlich sei der vorige Tarifvertrag bereits Ende Juni ausgelaufen.
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