Telekommunikationsgesetz Freie Wahl: Koalition will mehr Wettbewerb beim Glasfaserausbau

Ein neues Gesetz soll den Ausbau des Glasfasernetzes vorantreiben.
Berlin Vermieter dürfen die Kosten für einen neuen Glasfaseranschluss in Mietshäusern künftig begrenzt auf die Bewohner umlegen. Union und SPD haben sich in einer Neufassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) darauf verständigt, dass die Investitionskosten in Höhe von fünf Euro pro Monat als Betriebkosten angesetzt werden können. Die Umlagefähigkeit wird im Regelfall auf fünf Jahre begrenzt, unter Umständen kann sie auf neun Jahre verlängert werden.
Die Koalitionspartner versprechen sich davon, dass mehr Haushalte ans schnelle Internet angeschlossen werden. „Wir schaffen die Grundlage für Glasfaseranschlüsse in Millionen Mietwohnungen, ohne die Mieter über Gebühr zu belasten“, sagt der für die Reform verantwortliche SPD-Abgeordnete Falko Mohrs.
Die Neuregelung ermögliche es den Mietern zudem, ihren Anbieter künftig frei zu wählen, und befeuere den Wettbewerb der Netzanbieter, sagt CSU-Unterhändler Hansjörg Durz. Die bisherigen Regeln für die Umlagefähigkeit von Kabelnetzen seien „ein Relikt aus den Achtzigerjahren“.
Bislang dürfen Vermieter die laufenden Kosten für einen Kabelanschluss über viele Jahre auf die Mieter umlegen. Dieses Vorgehen soll nun nur noch bis Mitte 2024 erlaubt sein.
Über den Umgang mit dem sogenannten Nebenkostenprivileg war zäh verhandelt worden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte das sogenannte Nebenkostenprivileg ursprünglich komplett kippen wollen, weil es die Wahlfreiheit der Verbraucher und den Wettbewerb im Telekommunikationssektor hemme.
Dagegen aber wehrten sich die Bundesländer ebenso wie die Wohnungswirtschaft und Kabelnetzbetreiber wie Vodafone, die vor vielen Jahren direkte Leitungen in Mietshäuser Haus gelegt und langlaufende Verträge mit Vermietern geschlossen hatten. Derzeit zahlen Mieter über die Nebenkosten etwa acht bis zehn Euro pro Monat für die TV-Grundversorgung.
Ziel: 4G-Netz an allen Verkehrswegen bis 2026
Die Deutsche Telekom hatte hingegen auf eine Abschaffung der Umlagefähigkeit gedrängt, die dem Konzern den Zugang zu dem Marktsegment erschwert. Für die Beteiligten geht es um viel Geld, denn die Neuregelung betrifft rund 12,5 Millionen Wohnungen in Deutschland.
Das Gesetz soll am Donnerstag im Bundestag verabschiedet werden und nach der Zustimmung des Bundesrats im Dezember in Kraft treten. Es enthält auch die Zielvorgabe einer flächendeckenden Versorgung mit Mobilfunk nach dem 4G-Standard an allen Verkehrswegen bis 2026.
Kritik übt der IT-Branchenverband Bitkom: Das eigentliche Ziel, den Glasfaser- und Mobilfunkausbau zu beschleunigen, werde verfehlt, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg: „Die neuen Vorgaben führen zu mehr Bürokratie und weniger Wettbewerb, sie verteuern und verlangsamen den Ausbau.“
Konkret kritisiert Berg, die TKG-Novelle erschwere alternative Methoden zur Verlegung neuer Glasfaserkabel. Um diese im Tiefbau unter die Erde zu verlegen, müssten jeweils ganze Straßenzüge aufgerissen werden, dafür fehlten die Kapazitäten in der Bauwirtschaft. Der Verband fordert daher, verstärkt Methoden wie das sogenannte Microtrenching einsetzen zu können, für die lediglich Schlitze an der Bordsteinkante gefräst werden müssen.
SPD-Mann Mohrs widerspricht: Die Koalition erleichtere die Genehmigung solcher Methoden, aber eine Gemeinde müsse dabei weiterhin das Sagen haben. „Schließlich muss die Kommunikationsinfrastruktur krisenfest sein.“
Seehofer ausgebremst
Daneben soll das neue Gesetz die Rechte der Verbraucher gegenüber den Internet- und Mobilfunkanbietern stärken. „Kunden haben einen Anspruch auf Entstörung ihres Anschlusses binnen zwei Kalendertagen“, sagt Durz. Wenn ein Provider weniger leiste als vertraglich zugesichert, habe der Kunde ein Recht auf eine Reduzierung des Preises.
Deutlich abgeschwächt wurde das Anliegen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), den Sicherheitsbehörden neue Zugriffsbefugnisse auf die Netze der Telekommunikationsanbieter zu geben. Die Mobilfunknetzbetreiber können aber künftig verpflichtet werden, den Behörden den Einsatz von sogenannten IMSI-Catchern im Netz zu ermöglichen. Diese simulieren ein Mobilfunknetz und erlauben so, das Handy eines Verdächtigen zu lokalisieren.
Weiterreichende Wünsche Seehofers habe die SPD aber verhindert, sagt Mohrs. Der Minister habe die Novelle nutzen wollen, „um Vorder- und Hintertüren für die Behörden einzubauen, das wäre völlig unverhältnismäßig gewesen“. Verschlüsselung und Richtervorbehalt für den Zugriff seien weiterhin gewährleistet.
Mehr: Minister Scheuer plant Milliarden für schnelleres Internet.
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