Tesla und andere Großprojekte Regierungsberater fordern „Generalinventur“ bei Genehmigungsverfahren

Tesla plant die Inbetriebnahme der Autofabrik bei Berlin nun für Ende dieses Jahres. Dort sollen mindestens 100.000 E-Autos pro Jahr gefertigt werden.
Berlin Angesichts der bürokratischen Genehmigungsprozesse in Deutschland wie im Fall der Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin fordert der Nationale Normenkontrollrat eine Reform des Planungs- und Genehmigungsrechts. „Eine neue Bundesregierung sollte die schleppenden Genehmigungsverfahren auf jeden Fall auf die Tagesordnung setzen“, sagte Sabine Kuhlmann, stellvertretende Vorsitzende des unabhängigen Beratergremiums der Bundesregierung, dem Handelsblatt.
Verbesserungsvorschläge lägen auf dem Tisch. Die Bundesregierung sollte sie nun endlich umsetzen. „Wir brauchen jetzt eine Planungsbeschleunigungs-Agenda“, mahnte die Potsdamer Verwaltungswissenschaftlerin. „Das muss Chefsache werden.“ Es gehe um Investitionen und um wichtige Klimaschutzziele. „Das sind ganz wichtige strategische Fragen, hier braucht es dringend die richtigen Weichenstellungen.“
Der Normenkontrollrat hatte erst jüngst auf eine deutliche Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren gepocht, um etwa bei der Energiewende voranzukommen. Mit den Verzögerungen beim Bau der ersten europäischen Tesla-Gigafactory in Brandenburg gewinnt das Thema neue Aktualität.
Der Industrieverband BDI bemängelte in dieser Woche die Dauer von Genehmigungsverfahren, die sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt hätten, und sprach von einem großen Hindernis für Investitionen in Deutschland.
Auch Kuhlmann sprach von einem Hemmnis für Investitionen. Bürokratieabbau, Verwaltungsvereinfachung und schnellere Verfahren seien eine „große Baustelle“. „Leider kommen wir da einfach nicht voran, und das blockiert immer mehr“, sagte die Potsdamer Verwaltungswissenschaftlerin.
„Auch die Digitalisierung könnte man stärker nutzen“
Kuhlmann sprach sich für eine „Generalinventur bei den Genehmigungsverfahren“ aus. Es gebe einige Punkte, wo es besser laufen könnte – gerade im Hinblick auf die vom Normenkontrollrat angemahnte Standardisierung von Entscheidungen im Bereich Natur- und Artenschutz.
„Auch die Digitalisierung könnte man stärker nutzen, indem Anhörungen nicht physisch, sondern online abgehalten werden.“ In der Coronakrise habe sich das schon bewährt. „Das sollte man verstetigen.“
Die Regierungsberaterin regte zudem eine Diskussion darüber an, ob man ein Genehmigungsverfahren wirklich auf null setzen müsse, wenn der ursprüngliche Bauantrag wie im Fall der Tesla-Fabrik in Brandenburg geändert werde. „Wenn die Veränderung eine Verbesserung darstellt, dann sollte man beim Status quo des erreichten Verfahrens weitermachen“, sagte Kuhlmann.
Dies hatte auch Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) mit Blick auf das laufende Genehmigungsverfahren für das Tesla-Werk vorgeschlagen. Der US-Elektroautobauer wollte ursprünglich im Juli mit der Herstellung von E-Autos beginnen. Der Start verzögert sich nun, weil Tesla den Antrag zur Genehmigung des Gesamtvorhabens um die Errichtung und den Betrieb einer Batteriefabrik erweitert hat und damit der Antrag erneut öffentlich ausgelegt werden muss.
Steinbach kritisierte, dass dies nach deutschem Genehmigungsrecht dazu führe, dass die Prüfung im ganzen Genehmigungsverfahren wieder auf null gesetzt werde und von vorn anfange. „Das müssen Sie Investoren aus anderen juristischen Kulturkreisen wie Tesla erst mal vermitteln.“
Der SPD-Politiker plädierte dafür, die Erfahrungen mit der Tesla-Ansiedlung zu nutzen, um die Genehmigungsprozesse zu überprüfen. Der Normenkontrollrat unterstützt den Vorstoß, gibt aber zugleich zu bedenken, dass es schon viele Versuche gegeben habe, Planungen und Genehmigungen zu vereinfachen und zu entschlacken.
Allein in der zu Ende gehenden Legislaturperiode wurden vier Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen, die die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren zum Gegenstand hatten. „Wir müssen aufpassen, dass wir uns da nicht wiederholen und wieder nichts erreichen“, sagte Kuhlmann.
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