Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Übernahmen Chinesische Investoren kaufen kaum noch deutsche Unternehmen

Die Angst nimmt ab, dass Chinas Investoren westliches Know-how durch Firmenübernahmen abgreifen. Doch das könnte sich schnell ändern. Beteiligte fordern mehr Schutz.
13.08.2021 - 11:16 Uhr Kommentieren
Der Roboterbauer ist seit 2016 im Mehrheitsbesitz des chinesischen Midea-Konzerns. Quelle: dpa
Kuka

Der Roboterbauer ist seit 2016 im Mehrheitsbesitz des chinesischen Midea-Konzerns.

(Foto: dpa)

Berlin, Düsseldorf Tencent greift um sich. Der chinesische Technologieriese kauft derzeit ein ganzes Netzwerk an Computerspiele-Herstellern auf. Zuletzt stand auch eine Firma aus Deutschland auf der Einkaufsliste: Der Konzern hat im Juni das Berliner Studio Yager Games samt seiner 140 Mitarbeiter übernommen.

Nächster Eintrag auf der Wunschliste soll Crytek sein, so hatte es die „Bild“-Zeitung berichtet. Die Frankfurter Firma entwickelt neben Spielen eine Grafikumgebung, im Fachjargon Engine genannt, mit der Kunden eigene 3D-Welten erschaffen können. Das ist politisch brisant: Die Bundeswehr hat Engine schon für Simulationen genutzt.

Tencents Aktivitäten könnten Vorboten einer groß angelegten Rückkehr chinesischer Investoren sein. Vor einigen Jahren hatten Übernahmeschlachten wie um den bayerischen Roboterhersteller Kuka oder den Berliner Stromnetzbetreiber 50Hertz das Thema in den Fokus gerückt.

Doch in jüngerer Zeit haben sich chinesische Investoren in Deutschland weitgehend zurückgehalten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des „Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung“ der Hans-Böckler-Stiftung, die dem Handelsblatt vorliegt.

Die Wissenschaftlerin Shuwen Bian von der Frankfurter Goethe-Universität hat für die Untersuchung diverse deutsche Datenbanken, Pressemitteilungen und Informationen aus chinesischen Datenquellen der Jahre 2011 bis 2020 analysiert.

Das Ergebnis: 2020 fielen die chinesischen Übernahmen auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Das hängt weniger mit der Pandemie zusammen, als es einem klaren Trend folgt. Seit der Spitze im Jahr 2016 mit 48 Beteiligungen fiel die Zahl stetig, 2019 bis auf 15, 2020 waren es elf.

Grafik

China hat inzwischen viel in Forschung und Entwicklung investiert und ist weniger auf Zukäufe angewiesen. Gleichzeitig haben die EU und Deutschland ausländischen Unternehmen Übernahmen erschwert – vor allem als Reaktion auf Fälle wie den Roboterhersteller Kuka. Doch Experten rechnen damit, dass sich das wieder ändern wird – und warnen vor dem Ausverkauf von Technologie und Wissen.

Bei chinesischen Investitionen schwingt immer die Angst vor dem Einfluss der Staatsregierung mit. Die Kommunistische Partei hat klar ihren Anspruch formuliert, das Land als führende Technologienation aufstellen zu wollen. Allerdings zeigt sich nach Untersuchung der Böckler-Stiftung, dass 78 Prozent der Übernahmen seit 2011 in Deutschland von privaten chinesischen Investoren getätigt wurden.

Ein Grund zur Beruhigung ist das nach Meinung von Anton Börner, Präsident des Deutschen Außenhandelsverbands, aber nicht: „Angesichts der jüngsten staatlichen Einflussnahmen sollten deutsche Unternehmen sich davor hüten, zu glauben, dass man mit einem chinesischen Inhaber einen Partner an seiner Seite hat, der ausschließlich wirtschaftliche Interessen verfolgt.“

Ein Indiz dafür ist auch die Art der Beteiligungen. Bei 173 von 243 Übernahmen haben chinesische Unternehmen die kompletten Anteile an der deutschen Firma gekauft.

Grafik

Sorge bereitet den Experten der Blick in die Vergangenheit. Nach dem Ende der Weltfinanzkrise 2008/09 hatten chinesische Unternehmen vermehrt Anteile an kriselnden deutschen Unternehmen erworben. Oliver Emons von der Böckler-Stiftung sagt: „In Branchen, in denen man nicht schnell Wissen akquirieren kann, werden Aufkäufe immer ein mögliches Mittel bleiben.“ Verbandschef Börner erwartet, dass China sich garantiert nicht verabschieden, sondern sich noch mehr auf Schlüsseltechnologien fokussieren werde.

Forscherin Bian gibt jedoch zu bedenken, dass die chinesischen Unternehmen wegen der Pandemie und des Handelskriegs mit den USA derzeit ebenfalls belastet seien.

Lohnverzicht und Stellenabbau

Nicht nur das Abfließen von Know-how bereitet Sorge. Rückmeldungen aus einigen betroffenen deutschen Tochterunternehmen hätten gezeigt, dass der finanzielle Druck der chinesischen Mutterkonzerne auf die deutschen Standorte deutlich gestiegen sei, heißt es in dem Forschungspapier der Böckler-Stiftung.

„In einzelnen Fällen gehören Lohnverzicht und Stellenabbau zu den aktuellen Anforderungen der chinesischen Gesellschafter“, heißt es. Bei vielen der übernommenen Unternehmen dürften die Vereinbarungen zur Standortsicherung, die während der Übernahme abgeschlossen wurden, inzwischen ausgelaufen sein. Damit entfällt der Schutz vor betriebsbedingter Kündigung.

Grafik

Die Politik hat sich bereits gewappnet. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hatte erst in diesem Jahr die Investitionskontrolle verschärft. Sie erlaubt es der Bundesregierung nun, EU-fremden Investoren eine Beteiligung in bestimmten Technologiefeldern wie Künstlicher Intelligenz, autonomem Fahren, Robotik, Halbleiter oder Cybersicherheit zu untersagen, wenn dieser mindestens 20 Prozent der Stimmrechtsanteile kaufen will und der Vorgang die deutschen Sicherheitsinteressen beeinträchtigt.

Cora Francisca Jungbluth, Expertin für internationale Investitionen bei der Bertelsmann-Stiftung, hält das aber nicht für ausreichend. „Es ist zum Beispiel sehr wahrscheinlich, dass eine Übernahme wie die von Kuka nach wie vor nicht unterbunden werden könnte“, erklärt Jungbluth.

Der stellvertretende Vorsitzende des Wirtschaftsausschuss im Bundestag, Matthias Heider (CDU), sieht das ähnlich. Die Verschärfung der Investitionskontrolle sei ein wichtiger Schritt gewesen. „Das heißt aber noch nicht, dass Deutschland nun vollends vor chinesischen Übernahmen geschützt ist“, sagt Heider. Die nächste Bundesregierung müsse dieses Thema weit oben auf der Agenda haben.

Ob die Regierung bei einer Übernahme des Spieleherstellers Crytek durch Tencent eingreifen könne, wollte das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren.

Mehr: Bundesregierung verschärft Sicherheitsprüfung für ausländische Investoren

Startseite
Mehr zu: Übernahmen - Chinesische Investoren kaufen kaum noch deutsche Unternehmen
0 Kommentare zu "Übernahmen: Chinesische Investoren kaufen kaum noch deutsche Unternehmen"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%