Ulrich Mädge Keine Scheu vor Konflikten: Das ist der Verhandlungsführer der Kommunen

Das Beste für die Kommunen herausholen.
Berlin Auch wenn Ulrich Mädge die Rolle zum ersten Mal spielt, tut er, was von einem Verhandlungsführer der Arbeitgeber erwartet wird: Die Forderung nach 4,8 Prozent mehr Geld mitten in der Coronakrise sei „völlig überzogen“, die Gewerkschaften hätten „den Ernst der Lage offensichtlich nicht erkannt“.
In den am Dienstag in Potsdam gestarteten Tarifverhandlungen für rund 2,3 Millionen Arbeitnehmer bei Bund und Kommunen muss der Präsident der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) gemeinsam mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Gewerkschaften nun vom Ernst der Lage überzeugen – und möglichst viele teils konträre Forderungen aus dem eigenen Lager durchsetzen.
Dabei hilft Mädge, 70, seine jahrzehntelange kommunalpolitische Erfahrung; der SPD-Politiker ist seit 1991 Oberbürgermeister der Hansestadt Lüneburg. Im März 2019 wurde der Mann mit dem markanten Vollbart an die Spitze der VKA gewählt, nachdem sein langjähriger Vorgänger, der Münchener Stadtrat Thomas Böhle, nicht mehr angetreten war. Dabei sollen durchaus auch Differenzen innerhalb des Arbeitgeberlagers eine Rolle gespielt haben.
Mädges Aufgabe wird nun sein, den Laden zusammenzuhalten. Es ist nicht nur so, dass sich die Finanzlage von Kommune zu Kommune stark unterscheidet. Innerhalb der VKA gibt es auch starke Gruppeninteressen, etwa bei den Sparkassen mit ihren knapp 205.000 Beschäftigten. Hier verlangen die Arbeitgeber angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase eine deutliche Kostenentlastung. Separat verhandelt wird wohl für die Beschäftigten an den Flughäfen, die stark unter der Coronakrise leiden.
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Auf der anderen Seite gibt es die Forderung der Gewerkschaften, den „Corona-Helden“ beispielsweise in der Pflege nicht nur Applaus vom Balkon zu spenden, sondern ihre Leistung auch angemessen finanziell zu würdigen. Ein Anliegen, das auch dem SPD-Mann und Verdi-Mitglied Mädge am Herzen liegen dürfte.
Besonderer Erwartungsdruck
Der VKA-Präsident sitzt ebenso neu am Verhandlungstisch wie sein Gegenüber, Verdi-Chef Frank Werneke. Beide stehen also unter besonderem Erwartungsdruck. Schon warnen die Gewerkschaften die Arbeitgeber, ihre Entschlossenheit zu unterschätzen, auch wenn Streiks in den gerade erst wiedereröffneten Kitas sicher nicht gut ankommen und das Drohpotenzial durch die Coronakrise eingeschränkt ist.
Dass der VKA-Präsident Konflikte nicht scheut, hat er unter anderem als Vorkämpfer gegen rechte Umtriebe und die Verrohung der Sitten in den sozialen Netzwerken bewiesen. Kritiker, die Mädge im Netz mit Hitler verglichen oder als „Sau“ beschimpft hatten, verklagte er mit Erfolg. In Lüneburg, wo er auch gern mal „König Mädge“ genannt wird, wollte er den Sportflugplatz schließen, was durch einen Bürgerentscheid verhindert wurde. Außerdem hat er sich mit einem linken Wohnprojekt angelegt.
Wie konfliktreich die Tarifrunde für den öffentlichen Dienst wird, steht erst nach der zweiten und dritten Verhandlungsrunde am 19./20. September und 22./23. Oktober fest. Ein Wunsch, den Mädge vor den ersten Gesprächen äußerte, wird aber sicher nicht in Erfüllung gehen: Er würde sich gern hinsetzen, sagte er dem WDR, „austauschen und um Mitternacht nach Hause gehen und sagen, wir haben ein gutes Ergebnis, was beiden gerecht wird“.
Mehr: Interview – Verdi-Chef Frank Werneke schließt auch Kita-Streiks nicht aus
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