UN-Mission Selbstmordanschlag auf deutsche UN-Soldaten in Mali: 13 Verletzte

Nach lokalen Berichten wurde eine Autobombe gezündet.
Berlin Ein Selbstmordattentäter hat im westafrikanischen Mali eine Patrouille deutscher UN-Soldaten angegriffen und dabei insgesamt mindestens 13 Menschen verletzt. Der Angreifer zündete gegen 0630 (Ortszeit) eine Autobombe gegen die noch stehenden Fahrzeuge und ihre Besatzungen, wie es am Freitag aus dem Militär hieß.
Zwölf verletzte Deutsche, einige auch schwer verletzt, waren demnach waren nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in einem stabilen Zustand. Die ersten Verletzten sind mittlerweile auf dem Rückweg nach Deutschland. Ein erster medizinischer Evakuierungsflug startete nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Samstag in Gao. Die Maschine wird am Nachmittag am Flughafen Köln erwartet.
Von dort sollen die Blauhelm-Soldaten ins Bundeswehr-Zentralkrankenhaus nach Koblenz gebracht werden. An Bord der Maschine vom Typ A400M befinden sich den Angaben zufolge die drei schwer verletzten Soldaten und jene, die liegend transportiert werden müssen. In Köln startete inzwischen ein zweiter Airbus, der weitere verletzte Soldaten aus Mali zurückzubringen soll.
Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr informierte die Obleute im Verteidigungsausschuss schriftlich darüber, dass ein weiterer UN-Soldat einer anderen Nation verwundet worden sei. Der Selbstmordanschlag habe sich rund 180 Kilometer nordöstlich der Stadt Gao ereignet, in deren Nähe die meisten Bundeswehrsoldaten in Mali stationiert sind.
Derzeit sind rund deutsche 900 Soldaten an der UN-Mission Minusma beteiligt. Die Obergrenze liegt bei 1100 Männern und Frauen aus Deutschland. Der Großteil der Bundeswehrsoldaten ist im Camp Castor am Rande von Gao stationiert. Der Einsatz soll den Friedensprozess in Mali unterstützen.
Land leidet unter Militärputsche
In dem Land sind islamistische Terrorgruppen aktiv. 2013 schlug ein massiver französischer Militäreinsatz ihren Vormarsch auf die Hauptstadt Bamako zurück. Auch organisierte Kriminalität und grenzübergreifender Schmuggel sind ein Problem in der Region, über die Migrationsrouten nach Nordafrika und weiter Richtung Europa laufen.
Zuletzt gab es in Mali zwei Militärputsche. Putschistenführer Assimi Goïta war nach früheren Berichten einmal zu einer militärischen Fortbildung in Deutschland. Niemand konnte da in die Zukunft schauen, aber: Es zeigt sich, wie schwer die Suche nach verlässlichen Partnern in dem Land ist.

Im Bundestag zeigte man sich bestürzt über den Anschlag in Mali.
Im Raum stand zuletzt gar die Frage, ob sich Mali nach dem jüngsten Putsch gar in Richtung radikaler Islamismus bewegt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte eine grundsätzliche Neuausrichtung der französischen Militärpräsenz in der Sahelzone an – und eine Ende des französischen Anti-Terror-Einsatzes „Operation Barkhane“.
Bilaterale militärische Einsätze mit Mali wurden ausgesetzt, um den Druck auf den Krisenstaat und die Putschisten zu erhöhen. Frankreich – das islamistische Terroristen in der Sahelzone aktiv sucht und angreift – hat immer wieder getötete eigene Soldaten zu beklagen.
Auch die EU-Ausbildungsmission EUTM in Mali war schon Ziel von Angriffen. Wie im Februar 2019: Um 3 Uhr morgens bebte die Erde. Türen wurden aus der Verankerung gerissen, Fenster zerbarsten, Alarm wurde ausgelöst, wie es damals hieß. Zwei mutmaßlich islamistische Selbstmordattentäter waren mit jeweils mehreren hundert Kilogramm Sprengstoff auf den Ladeflächen ihrer Pickup-Trucks auf das Haupttor „Papa 2“ zugerast.
Kaum öffentliches Interesse an Einsätzen
Einem gelang es, sich in die Luft zu sprengen – nur gut 300 Meter vom deutschen Teil des Camps entfernt. Einige der 150 im Feldlager stationierten Bundeswehrsoldaten bezogen Stellung, um das Camp zu verteidigen. Doch die spanischen und malischen Wachsoldaten hatten die Situation schnell im Griff.
Dass Chaos in der Sahelregion bis nach Europa zu spüren sein wird, betonen Politiker immer wieder. Die Frage, was in welcher Zeit dort erreicht werden kann, lässt aber viele grübeln. Die Einsätze in Mali, die oft über Wochen und Monate kaum öffentliches Interesse finden, sind nach dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan nun sicherlich das gefährlichste Aktionsfeld.
„Heute Morgen war eine temporäre Einsatzbasis der Minusma nahe des des Dorfes Ichagara in der Gemeinde Tarkint, Region Gao, das Ziel eines Autobombenangriffs“, schrieb die UN-Truppe Minusma am Freitag. Wegen der großen Zahl der Verletzten mussten auch ein französischer Militärhubschrauber und ein Helikopter der Vereinten Nationen zum Rettungseinsatz kommen. Zudem war der Rettungshubschraubers eines zivilen Vertragspartners im Einsatz.
Im Bundestag zeigte man sich bestürzt. FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schrieb auf Twitter: „Für weitere Spekulationen ist es zu früh. Meine Gedanken sind nun ausschließlich bei den Soldaten, Angehörigen und Helfern.“
Gabriela Heinrich, SPD-Fraktionsvize im Bundestag, bezeichnete den Anschlag als erschütternd. „Der Anschlag erinnert uns daran, dass jeder Bundeswehreinsatz mit hohen Risiken für unsere Soldatinnen und Soldaten verbunden ist. Gleichwohl ist die UN-Mission MINUSMA ein wichtiger Einsatz zur Stabilisierung Malis, das in den letzten Jahren und Monaten nicht zur Ruhe kommt“, erklärte sie.
Vorsitzende des Bundeswehrverbandes verlangt mehr Schutz
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch forderte den nächsten Bundestag dazu auf, die Auslandseinsätze der Bundeswehr grundsätzlich zu überdenken. Die Trauer müsse zwar im Vordergrund stehen. „Aber wir sind aufgefordert, über alle Einsätze sehr grundsätzlich neu nachzudenken und ich wünsche mir, dass der nächste Bundestag hier sehr solide, neue Entscheidungen trifft.“ Die Linke ist grundsätzlich gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr.
Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, André Wüstner, verlangte nach dem Anschlag mehr Schutz für die Einsatzkräfte. „Dieser Anschlag zeigt, wie brandgefährlich der Einsatz in Mali ist“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Zwar sei es für weitere Analysen noch zu früh, doch bleibe schon jetzt festzuhalten: „Eine nicht verhandelbare Voraussetzung für die Fortsetzung des Einsatzes ist die Gewährleistung der Rettungskette“, sagte Wüstner. „Und grundsätzlich möchte ich daran erinnern, wie notwendig der Schutz unserer Truppen auch durch bewaffnete Drohnen ist.“
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Warum sind deutsche Soldaten in Mali. Wenn, dann ist das doch Sache der Franzosen. Nun haben wir 20 Jahre die „Freiheit am Hindukusch“ verteidigt, was verteidigen wir in Mali. Afghanistaneinsatz ist gescheitert, jetzt werden die afghanischen Hilfskräfte nach Deutschland gebracht um sie vor den Taliban, ihren eigenen Landsleuten zu schützen. Holen wir bald auch die malischen Hilfskräfte mit Familien nach Deutschland? Solche Militäreinsätze bringen nichts, kosten viel Geld und noch schlimmer, Menschenleben und traumatisierte Soldaten.