Union CDU-Staatssekretär Bareiß zu Aserbaidschan-Vorwürfen: „Ich habe keinerlei Druck ausgeübt“

Der CDU-Politiker hat sich in der Corona-Zeit für eine Lieferung von Beatmungsgeräten nach Aserbaidschan engagiert.
Berlin Der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Thomas Bareiß (CDU), ist für die Regierung Aserbaidschans bei einem deutschen Hersteller von Medizintechnik vorstellig geworden, um den Stand einer Lieferung von rund 150 Beatmungsgeräten an die Kaukasusrepublik abzufragen.
Bareiß bestätigte dem Handelsblatt einen Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND), wonach er sich in der Corona-Zeit persönlich bei der Firma Löwenstein Medical aus dem rheinland-pfälzischen Bad Ems für Aserbaidschan eingesetzt hat. Dass er dabei darauf gedrängt haben soll, die Geräte in erster Linie in die Ex-Sowjetrepublik zu liefern, weist er zurück. „Ich habe keinerlei Druck ausgeübt“, sagte der CDU-Politiker. Es sei nur um die Abfrage eines Liefertermins gegangen.
Der Sachverhalt wirft ein weiteres Schlaglicht auf eine Debatte, die durch Vorwürfe gegen Unions-Abgeordnete in der Maskenaffäre und wegen Kontakten zu Aserbaidschan ausgelöst wurde. Die CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten sollen bis Freitagabend der Fraktionsführung erklären, dass sie von der Bekämpfung der Corona-Pandemie nicht finanziell profitiert haben.
Bareiß, der auch Tourismusbeauftragter der Bundesregierung ist, hat die gewünschte Erklärung bereits unterschrieben. In einer Pressemitteilung von Donnerstag versicherte der Bezirksvorsitzende der CDU Württemberg-Hohenzollern (Baden-Württemberg), dass er „weder 2020 und 2021 noch zu einem anderen Zeitpunkt, weder direkt noch indirekt und auch nicht über Gesellschaften aus dem Kauf oder Verkauf von Medizinprodukten oder Schutzausstattungen bzw. aus dem Vermitteln von Kontakten finanzielle Vorteile oder sonstige Vorteile erzielt“ habe.
Das Thema ist auch deshalb für die CDU brisant, weil in Baden-Württemberg am Sonntag ein neuer Landtag gewählt wird.
Medizin-Unternehmen soll sich bedrängt gefühlt haben
Bareiß' Kontaktaufnahme zu Löwenstein Medical fand auf dem Höhepunkt der Pandemie im Frühjahr 2020 statt. Bundeskanzlerin Angela Merkel rief damals alle Menschen in Deutschland in einem bislang einzigartigen Appell zur Solidarität und Disziplin angesichts der Bedrohung durch das Coronavirus auf. „Das ist eine historische Aufgabe, und sie ist nur gemeinsam zu bewältigen“, sagte sie.
Damals waren Beatmungsgeräte knapp und ein weltweit begehrtes Gut. Vor diesem Hintergrund ist laut Wirtschaftsministerium ein Amtskollege aus Aserbaidschan an das Ministerium herangetreten. Dieser habe sich „in Anbetracht der im Frühjahr allseits bestehenden Unsicherheit Sorgen um die medizinische Versorgung der Bevölkerung ausgesetzt“ gesehen, sagte eine Ministeriumssprecherin auf RND-Anfrage.
Auftrag aus #Aserbaidschan: Wirtschaftsstaatssekretär und CDU-Politiker #Bareiß kontaktierte deutschen Medizintechnik-Hersteller, um Stand einer Lieferung von 150 Beatmungsgeräten nach Baku abzufragen. Die Firma fühlte sich unter Druck gesetzt.
— Andreas Niesmann (@aniesmann) March 11, 2021
https://t.co/c1kPJTrlVT
@RND_de
„Er bat um Sachverhaltsaufklärung im Hinblick auf Liefertermine im Rahmen eines konkreten Vertrages mit einem deutschen Hersteller medizinischer Geräte.“ Dieser Bitte folgend habe Staatssekretär Bareiß telefonisch Kontakt zu dem Unternehmen aufgenommen und die Antwort anschließend der aserbaidschanischen Seite übermittelt.
Angeblich fühlte sich die Firma durch Bareiß unter Druck gesetzt, schreibt RND unter Berufung auf Unternehmensvertreter. Bareiß soll sich demnach in einem Telefonat für eine zügige Lieferung der Beatmungsgeräte starkgemacht und das mit den guten Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und der Kaukasus-Republik begründet haben.
Aserbaidschan ist wichtigster Wirtschaftspartner im Kaukasus
Deutschland und Aserbaidschan pflegen seit 1992 gute bilaterale Beziehungen. Für Deutschland ist Aserbaidschan der wichtigste Wirtschaftspartner im Kaukasus. In Baku unterhält Deutschland die einzige Auslandshandelskammer der Region. Aserbaidschan ist unter den zehn wichtigsten Rohöllieferanten Deutschlands.
Bei der Ausfuhr stehen Maschinen, Kraftfahrzeuge und -teile, Eisen- und Stahlerzeugnisse sowie Fabrikationsanlagen im Vordergrund. Im vergangenen Jahr lag das Gesamtvolumen des bilateralen Handels bei und 1,1 Milliarden Euro, davon entfielen etwa 734 Millionen Euro auf die Einfuhr und knapp 359 Millionen Euro auf die Ausfuhr.
Das Wirtschaftsministerium betonte, Bareiß habe „zu keinem Zeitpunkt einen Vertreter der Firma Löwenstein Medical zur prioritären Lieferung von Beatmungsgeräten nach Aserbaidschan aufgefordert und insbesondere keinen wie auch immer gearteten Druck ausgeübt oder vor außenpolitischem Schaden gewarnt“.
Auch das Unternehmen wies die Vorwürfe gegen den CDU-Politiker zurück. „Zu keinem Zeitpunkt wurden wir von Herrn Bareiß unter Druck gesetzt“, erklärte eine Sprecherin von Löwenstein Medical in einer E-Mail an das Bundeswirtschaftsministerium, die dem Handelsblatt vorliegt.
Nach Informationen des Handelsblatts sollen die Details zum Engagement von Bareiß für Aserbaidschan am Rande eines Firmenbesuchs von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) gestreut worden sein. Zusammen mit dem Vorsitzenden der Rheinland-SPD, Roger Lewentz, hatte Scholz Löwenstein Medical am Dienstag einen Besuch abgestattet. Am Sonntag wird auch in Rheinland-Pfalz ein neuer Landtag gewählt.
Endspurt im Wahlkampf: Roger #Lewentz hat @OlafScholz im Rhein-Lahn-Kreis die wunderbare Aussicht der berühmten Loreley gezeigt!
— SPD Rheinland-Pfalz (@spdrlp) March 9, 2021
Dann ging es zum rheinland-pfälzischen Vorzeigeunternehmen Löwenstein Medical, das mit Beatmungsgeräten weltweit gegen #Corona kämpft. #rlp #WirMitIhr pic.twitter.com/OXRb2Klelo
Firmensprecherin weist Vorwürfe zurück
Die Unternehmenssprecherin bestätigte den Termin. „Es ist richtig, dass im Rahmen einer teil-öffentlichen Unternehmensbesichtigung am 9. März 2021 in unserem Hause berichtet wurde, dass Herr Bareiß sich im Frühjahr 2020 in unserem Hause nach den Liefermöglichkeiten von Beatmungsgeräten nach Aserbaidschan erkundigte.“ Dabei sei auch von den damals „sehr angespannten“ Lieferkapazitäten die Rede gewesen.
Jedoch habe man darauf hingewiesen, „dass wir zunächst unseren bestehenden Verpflichtungen im Rahmen des Auftrags durch das Bundesgesundheitsministerium nachkommen müssen und beispielsweise auch Kliniken in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bayern ebenfalls auf Lieferungen warten“. Eine Äußerung, wonach Bareiß Druck ausgeübt habe, habe man aber nicht getätigt, „auch nicht im Rahmen der oben genannten Veranstaltung oder der Presse gegenüber“.
Bareiß' Engagement für Aserbaidschan dürfte auch dem Umstand geschuldet sein, dass der CDU-Bundestagsabgeordnete in dem Staat kein Unbekannter ist. Im Januar 2019 war Bareiß mit einer Wirtschaftsdelegation nach Baku gereist und dort unter anderem von Staatschef Ilham Aliyev empfangen worden.
Danke für diese wichtige Initiativ, @MarkHauptmann ! #Aserbaidschan ist ein starker strategischer Partner in einer nicht einfachen Region! https://t.co/fpNURQpcpi
— Thomas Bareiß (@Thomas_Bareiss) November 28, 2018
2018 war Bareiß Hauptredner auf dem „1. Deutsch-Aserbaidschanischen Wirtschaftsdialog“, den der am Donnerstag zurückgetretene CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann gemeinsam mit dem aserbaidschanischen Botschafter veranstaltet hatte. Auch war er Kuratoriumsmitglied des Deutsch-Aserbaidschanischen Forums.
Mehr: Das sind die Top-Nebenverdiener unter den Bundestagsabgeordneten.
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Anfang dieser Woche hatte ich geschrieben, dass die damals aufgedeckten Unregelmäßigkeiten nur die S p i t z e n eines Eisberges sind. Leider habe ich wieder Recht behalten.
the stupid german