Union und SPD Debatte um Reformen geht weiter: Unternehmen oder Steuerzahler entlasten?

Wirtschaftsminister Altmaier hält an seiner Forderung nach einer Unternehmersteuerreform fest.
Berlin Der Staat hat viel zu verteilen – so erscheint es mit Blick auf die Finanzen. Die Debatte um Steuerentlastungen und die Frage, wer entlastet werden soll, nimmt wieder an Fahrt auf. Denn im vergangenen Jahr haben Bund, Länder, Gemeinden und die Sozialkassen einen Überschuss von insgesamt 49,8 Milliarden Euro erzielt. Es war der sechste Überschuss für den Staat in Folge. Gestützt von niedrigen Zinsen hatte allein der Bund im vergangenen Jahr einen Überschuss von 13,5 Milliarden Euro erzielt.
Und das trotz der schwachen Konjunktur. Denn der Boom ist in Deutschland vorerst beendet – Europas größte Volkswirtschaft ist im vergangenen Jahr nur noch um 0,6 Prozent gewachsen, wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Daten mitteilte. Spuren hinterließen unter anderem globale Handelskonflikte. So dürfte ein Termin in der kommenden Woche die Frage nach Entlastungen und Investitionen neu befeuern: Das Bundeskabinett wird am Mittwoch den Jahreswirtschaftsbericht beschließen.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will vor diesem Hintergrund nun einen neuen Anlauf für eine Reform der Unternehmensteuern wagen. „Wir müssen die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern, damit sie international konkurrenzfähig bleiben. Unsere Unternehmen brauchen mehr Luft zum Atmen, damit sie die entscheidenden Investitionen in die Zukunftstechnologien tätigen können“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Dazu gehören laut Altmaier neben Bürokratieabbau auch Steuerentlastungen.
Altmaier fordert schon länger niedrigere Unternehmenssteuern und eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, wie auch aus einem Gesetzesentwurf hervorgeht, über den das Handelsblatt berichtet hatte.
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Koalitionspartner SPD lehnt das erwartbar ab. So spricht sich SPD-Chef Norbert Walter-Borjans zwar auch für Steuerentlastungen aus, allerdings in erster Linie für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. „Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir, dass die kleinen und mittleren Einkommen am Ende mehr von ihrem Lohn behalten dürfen? Ich finde ja“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Der durchschnittliche Steuersatz liege für die allermeisten zwischen 15 und 25 Prozent. „Wir sollten ihn trotzdem spürbar senken.“
Walter-Borjans rechnet demnach bei einer steuerlichen Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen mit staatlichen Mindereinnahmen von mindestens 30 Milliarden Euro. „Dann lautet die Entscheidung: Wollen wir dafür auf gute Schulen, intakte Straßen, Bus- und Bahnverbindungen, Krankenhäuser und endlich stabilen Mobilfunk verzichten? Oder auf Investitionen in Humanität und sozialen Zusammenhalt? Ich finde nein!“
Dann gebe es aber nur einen Ausweg: „Steuerschlupflöcher dichtmachen, Top-Einkommen und -Vermögen stärker an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen und einen Teil der Investitionen in die Zukunft auch in der Zukunft zu finanzieren: über Kredite. So wie erfolgreiche Unternehmen das auch tun.“
Im Gespräch mit dem Handelsblatt hatte er zudem jüngst gefordert, den Spitzensteuersatz von derzeit 43 auf 45 Prozent anzuheben, ihn allerdings erst später greifen zu lassen. „So würden alle bis zu einem Jahreseinkommen von knapp 90.000 Euro entlastet.“ Derzeit greift der Spitzensteuersatz ab einem Jahreseinkommen von 56.000 Euro. Dadurch zahlen bereits vier Millionen Bürger den Spitzensteuersatz auf einen Teil ihres Einkommens.
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"Dadurch zahlen bereits vier Millionen Bürger den Spitzensteuersatz auf einen Teil ihres Einkommens" - ist dabei der Solidaritätszuschlag mitgerechnet? SPD und Finanzministerium rechnen gerne ohne diesen signifikanten Aufschlag. Vielleicht lohnt sich ein Fakten-Check?