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Unterstützung für Unternehmen GroKo will Corona-Hilfen verlängern – Milliarden fließen nur zögerlich

Union und SPD wollen neue Milliardeninvestitionen beschließen, eine Finanzierungsquelle ist bereits gefunden. Doch bisher sind erst wenig Mittel beansprucht worden.
24.08.2020 - 18:41 Uhr 3 Kommentare
Dort, wo Anträge gestellt wurden, wurden sie teilweise nur spärlich freigegeben. Quelle: dpa
Peter Altmaier (links im Bild) und Olaf Scholz

Dort, wo Anträge gestellt wurden, wurden sie teilweise nur spärlich freigegeben.

(Foto: dpa)

Berlin Koalitionsausschüsse sind für einen Bundesfinanzminister oft teure Veranstaltungen, das gilt erst recht in Krisenzeiten. Doch an diesem Dienstag kann Kassenwart Olaf Scholz (SPD) an dem Treffen der Spitzenvertreter von Union und SPD vergleichsweise entspannt teilnehmen. Zwar will die Große Koalition neue Milliardenausgaben im Kampf gegen die Coronakrise beschließen. Doch längst nicht alles muss Scholz finanzieren.

So soll der 750 Milliarden Euro schwere Wiederaufbaufonds der Europäischen Union (EU) nach den Plänen der Bundesregierung bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie in Deutschland eine wichtige Rolle spielen und zusätzliche Wachstumsimpulse geben. Nach Informationen des Handelsblatts aus Regierungskreisen beträgt der Deutschland zustehende Anteil an dem Fonds rund 47 Milliarden Euro, davon entfallen 23 Milliarden auf den Bund.

Über die Verwendung der Mittel will der Koalitionsausschuss am Dienstag beraten. Den Angaben zufolge hat sich die Bundesregierung intern bereits auf eine Wunschliste verständigt.

Auf dieser Liste ganz oben stehen der Aufbau einer Schul-Cloud, der Ausbau von Ganztagsschulangeboten, die Digitalisierung und der Ausbau der Schieneninfrastruktur der Bahn, die Erforschung neuer Antriebe für den Luftverkehr, der Ausbau der Offshore-Windenergie, die energetische Sanierung von Gebäuden des Bundes sowie Investitionen in Telemedizin-Angebote. Zusätzlich sollen die Möglichkeiten für eine degressive Afa erweitert werden, also Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen von Unternehmen. Der Koalitionsausschuss könnte darüber hinaus zusätzliche Schwerpunkte setzen.

Viele dieser Punkte sind bereits Bestandteil des im Juni beschlossenen Konjunkturpakets. Der Rückgriff auf die Milliarden aus dem EU-Fonds eröffnet jedoch zusätzliche Spielräume. Grundsätzlich stehen die EU-Mittel für alle Projekte bereit, die nach dem 1. Februar beschlossen wurden.

Es können damit also bereits auf den Weg gebrachte oder neue Vorhaben finanziert werden. Die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedsländer hatten sich vor einem Monat auf den Fonds zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen von Corona im Umfang von 750 Milliarden Euro geeinigt. 390 Milliarden Euro sollen als direkte Zuschüsse und 360 Milliarden als Kredite gewährt werden. Außerdem wird die EU-Kommission erstmals europäische Schulden an den Finanzmärkten aufnehmen, die bis 2058 zurückgezahlt werden sollen.

Wenn die Große Koalition sich am Dienstag auf das Vorgehen einigt, würden mit dem EU-Wiederaufbaufonds also viele Projekte aus dem 130 Milliarden Euro schweren Konjunkturprogramm der Bundesregierung finanziert.

Übersicht über Nutzung der Hilfen

Der größte Ausgabenposten des Pakets sind die Überbrückungshilfen für den Mittelstand. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte das Programm Anfang Juli vorgestellt. Es sollte ursprünglich Ende August auslaufen. Nun will Altmaier das Instrument bis zum Jahresende verlängern, wie es aus dem Bundeswirtschaftsministerium heißt.

Gerade der Mittelstand und seine Beschäftigten bräuchten weiterhin Hilfe, um diese schwierige Zeit zu überstehen, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Altmaier dürfte aber vor allem noch aus einem weiteren Grund auf eine Verlängerung drängen: Die Mittel aus dem 25-Milliarden-Euro-Topf sind bei Weitem nicht ausgeschöpft.

Für den Koalitionsausschuss hat Altmaier eine Übersicht über die bisherige Nutzung der Corona-Hilfen erstellt. Danach gab es bisher für einige Hilfsmaßnahmen nur wenig Nachfrage. Und dort, wo Anträge angefallen sind, wurden sie teilweise nur spärlich freigegeben.

Grafik

So gab es für die Überbrückungshilfen bisher 38.000 Anträge mit einem Volumen von rund 700 Millionen Euro. Es stehen also noch 24,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Bei dem Vorgängerprogramm – den Soforthilfen für Kleinunternehmen und Soloselbstständige – gab es 1,9 Millionen Anträge über insgesamt 14,3 Milliarden Euro.

Die Opposition kritisiert die geringe Inanspruchnahme bei den Überbrückungshilfen. „Es reicht nicht, Milliardenhilfen nur ins Schaufenster zu stellen. Die Bundesregierung trägt auch eine Verantwortung dafür, dass die Gelder auch dort ankommen, wo sie dringend benötigt werden“, sagte die Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, dem Handelsblatt.

Genau dafür habe der Bundestag die Mittel ja bereitgestellt. „Dass sowohl von den Soforthilfen als auch den Überbrückungshilfen nur Bruchteile abgeflossen sind, zeigt, wie sehr die Programme am Bedarf vieler Wirtschaftstreibender vorbeigehen.“ Die Regierung setze den Fortbestand zahlreicher Unternehmen und die Existenz vieler Selbstständiger aufs Spiel. „Das wirtschaftspolitische Krisenmanagement hat damit einen tiefen Kratzer bekommen“, so Grünen-Politikerin Göring-Eckardt.

Unternehmen können bis zu 150.000 Euro als Zuschuss für drei Monate erhalten. Nachdem sich Berichte über Missbrauch bei den Corona-Maßnahmen häuften, hat die Bundesregierung bei den Überbrückungshilfen Hürden eingebaut. So muss ein Umsatzeinbruch von mehr als 60 Prozent im Vergleich zu den Vorjahresmonaten nachgewiesen werden. Die Antragstellung erfolgt über Steuerberater und Wirtschaftsprüfer oder Anwälte.

Die FDP kritisiert das Beantragungsverfahren als zu kompliziert. „Die Große Koalition steht sich mit ihrer irren Bürokratie mal wieder selbst im Weg“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionschef Christian Dürr. „Wenn man 25 Milliarden Euro ins Schaufenster stellt und davon nicht mal eine einzige Milliarde abgerufen wird, hat das mit ‚Wumms‘ herzlich wenig zu tun.“ Wenn Union und SPD die Überbrückungshilfen verlängern wollten, müsse Altmaier klarstellen, dass diese Hilfen auch ankommen werden, forderte der FDP-Politiker.

Lockerung der Auflagen

Die Anforderungen an die Umsatzrückgänge in dem Programm seien „sehr streng definiert“, sagte Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). „Hier sollte bei einer sinnvollen Verlängerung der Überbrückungshilfe bis Ende des Jahres daher nochmals nachgesteuert werden“, fordert Dercks.

Der Wirtschaftsverband zeigt aber Verständnis dafür, dass die Regierung nun genauer hinschaut. „Bei den Überbrückungshilfen verlangt die Politik genauere Nachweise und eine stringente Überprüfung der prognostizierten Umsatzrückgänge“, sagt Dercks. Das sei „nachvollziehbar“ angesichts eines maximal möglichen Zuschusses von 150.000 Euro.

Der DIHK-Vertreter verweist darauf, dass es in den vergangenen Monaten Lockerungen der Corona-Auflagen gegeben habe, wodurch nicht mehr so viele Unternehmen von harten Umsatzeinbrüchen betroffen seien. Auch das kann ein Grund sein, warum die Mittel nicht ansatzweise ausgeschöpft wurden.

Dercks hält eine Verlängerung trotzdem für notwendig. Umfragen des DIHK würden zeigen, dass 20 Prozent der Unternehmen nach wie vor von einem kompletten oder weitreichenden Stillstand ihres Geschäfts betroffen seien. Es bleibe deshalb richtig, dass die Politik 25 Milliarden Euro für die Überbrückungshilfen vorgesehen habe. Dercks: „Gerade angesichts steigender Infektionszahlen und einzelner Reisewarnungen, die wir aktuell sehen, dauern die großen Unsicherheiten an.“

Die Zwischenbilanz des Wirtschaftsministeriums zeigt, dass neben den Überbrückungshilfen auch bei anderen Programmen wenig Geld geflossen ist. So hat die Bundesregierung ein Hilfspaket über zwei Milliarden Euro für Start-ups geschnürt. Dafür liegen auch bereits Anträge in Höhe von 1,7 Milliarden Euro vor. Genehmigt wurden aber bisher laut der Übersicht des Wirtschaftsministeriums erst elf Anträge über 375 Millionen Euro.

Jenny Boldt, Leiterin Start-ups beim Digitalverband Bitkom, führt den geringen Mittelabfluss darauf zurück, dass die Bundesregierung erst relativ spät in der Krise Hilfen für Start-ups bereitgestellt habe. Zudem dauere es „deutlich zu lange“, bis die Mittel wirklich bei den Start-ups ankommen, sagte Boldt dem Handelsblatt.

Dass müsse sich dringend ändern. „Viele Beteiligte haben in den vergangenen Jahren mit großem Einsatz dafür gesorgt, dass Deutschland auch im internationalen Vergleich zu einer Start-up-Nation geworden ist“, sagte die Bitkom-Expertin. „Wir müssen alles dafür tun, dass wir ein großes Start-up-Sterben als Folge der Corona-Pandemie verhindern können.“

Verlängerung des Kurzarbeitergeldes

Die Corona-Hilfen der staatlichen KfW-Bank wurden laut der Übersicht des Wirtschaftsministeriums stark genutzt. Danach gibt es bisher rund 83.400 Anträge über 54 Milliarden Euro. Davon wurden fast 80.000 Anträge über 44,7 Milliarden Euro genehmigt. Allerdings müssen diese Hilfskredite zurückgezahlt werden. Wirtschaftsexperten fürchten, dass diese Schuldenlast für einige Unternehmen zu einem Problem werden könnte.

Neben den Wirtschaftshilfen wollen Union und SPD auch über eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds beraten. Von dieser Maßnahme profitieren Unternehmen stark. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat vorgeschlagen, die Bezugsdauer von zwölf auf 24 Monate zu verlängern. Zudem soll die Bundesagentur für Arbeit (BA) nach dem Willen der SPD auch weiterhin die Sozialversicherungsbeiträge für Unternehmen übernehmen.

Die Union ist grundsätzlich bereit, die Kurzarbeiterregelung zu verlängern, stellt aber einige Bedingungen. So würde sie Unternehmen gerne zu einer Fortbildung der Mitarbeiter verpflichten, wenn die BA die Sozialversicherungsbeiträge zahlt. Das sieht nun auch der Vorschlag von Arbeitsminister Heil vor.

Zudem gibt es aus der Union die Forderung, die Höhe des Kurzarbeitergelds zu flexibilisieren. Bei Arbeitnehmern mit niedrigen Einkommen, die stark von Kurzarbeit betroffen sind, soll weiterhin auf 80 Prozent des Nettoeinkommens aufgestockt werden. Bei Beschäftigten mit hohen Einkommen könnte das Kurzarbeitergeld hingegen wieder auf 60 Prozent gesenkt werden, so die Idee. Die SPD lehnt das bisher aber ab.

Mehr: Verfolgen Sie die aktuellen Entwicklungen in der Coronakrise in unserem Newsblog.

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  • Das Überbrückungsprogramm hat leider einen entscheidenen Denkfehler wenn es um die Feststellung der Antragsberechtigung geht. Hier werden die Umsatzsteuer-Voranmeldungen von April/Mai 2019 mit denen von April/Mai 2020 verglichen. Hier muss dann ein Einbruch von mind. 60% herauskommen.
    Wer nun aber (wie ich) im April 2020 noch Leistungen aus den Vormonaten Jan - März abgerechnet hat, hat im April relativ hohe Umsätze in der Voranmeldung und ist damit nicht Antragsberechtigt.
    Also selbst wenn - gemessen am Leistungsdatum - während des Lockdowns nichts erwirtschaftet wurde (Einbruch von 100%) und bis heute massive Umsatzeinbußen vorhanden sind, geht man in diesem Fall leer aus bzw. der Antrag wird erst gar nicht gestellt, da der Steuerberater/Wirtschaftsprüfer, den Antrag nicht einreichen darf.
    Die Kritik, 25Mrd. € "ins Schaufenster zu stellen" die dann nicht ankommen, ist daher nicht unberechtigt.
    Wenn gleichzeitig große Unternehmen wie Kaufhausketten, Fluggesellschaften oder ähnliches mit Milliardensumen gerettet werden, wirft das kein gutes Bild auf die Verantwortlichen.
    Mit einer reinen Verlängerung des Programms ist es also nicht getan, es sollten auch die Antragsbedingungen überarbeitet werden.

  • Es liegen noch immer große Summen auf deutschen Konten, die ausgegeben werden wollen. Es fehlt nur ein Anreiz. Man sollte deshalb in Richtung Sonderabschreibungen denken. Wer neue Maschinen kauft, sollte diese schon in den ersten Jahren hoch und schnell abschreiben können. So kommt es zu Bestellungen und viele Firmen würden keine Hilfen brauchen, da sie Aufträge erhalten haben. Auf keinen Fall Steuersenkungen, das alte FDP-BlaBla, es sollten nur die bevorzugt werden, die jetzt investieren. Die Bevorzugung besteht in hohen und schnellen Abschreibungen. Außerdem könnte der Staat und Städte und Gemeinden mehr Aufträge vergeben. Beispielsweise könnte der gesamte Fuhrpark der Gebietskörperschaften erneuert werden, die Auto-Industrie hätte Aufträge. Dem betroffenen Mittelstand wäre somit geholfen das Tief durchzustehen. Warum Kurzarbeitergeld bezahlen, wenn die Leute auch arbeiten könnten und Werte (Fahrzeuge) schaffen würden? Mir kommt so vor, alle hätten nicht wenige politische Entscheider zusammen mit ihren Stimm-Nutz-Hinterbänklern das kapitalistische System nicht verstanden. Sollten mal in China in die Lehre gehen, dort versteht man den Kapitalismus anscheinend neuerdings besser. In China wird im Sturm investiert, mit der roten Fahne voran, was an Süffisanz nicht mehr zu überbieten ist.

  • In der ganzen Corona Thematik ist jede mitte und mass verloren gegangen. es wird Geld für alles und jeden zur Verfügung gestellt. Egal ob Krimeneller Clan oder Betriebe (wie die Kaufhausketten) die bereits vor Corona geschlossen gehört hätten. Das ergebnis ist besorgnis erregend weil auch die Erwartungshaltung die damit unterstützt wird fatal ist. Hand aufhalten fürs nix tun, aber wer wird es am schluss bezahlen ??

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