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Verkehrsminister „Vorschriftenkollision“ beim autonomen Fahren: Scheuers nächste Gesetzespanne

Das Gesetz zum autonomen Fahren kollidiert mit einem anderen Gesetz. Verkehrsminister Scheuer will es ohne Bundestag korrigieren. Die Opposition wittert Trickserei.
17.06.2021 - 13:40 Uhr 2 Kommentare
Der Verkehrsminister will, dass sich bei dem Gesetz „die Verortung des Änderungsbefehls an die neu formulierte Fassung“ anpasst. Quelle: AFP
Andreas Scheuer

Der Verkehrsminister will, dass sich bei dem Gesetz „die Verortung des Änderungsbefehls an die neu formulierte Fassung“ anpasst.

(Foto: AFP)

Berlin Der Jubel hätte größer kaum ausfallen können. „Deutschland wird international die Nummer eins beim autonomen Fahren“, verkündete Ende Mai Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. „Einen Riesenschritt Richtung Zukunft“, erkannte der CSU-Politiker und versprach: Mit dem Gesetz zum autonomen Fahren, das nach dem Bundestag auch der Bundesrat – sogar mit verkürzter Frist – beschlossen hatte, „setzen wir international Standards“.

Wie sich nur wenige Tage später zeigte, ging offenkundig alles zu schnell: Sosehr Deutschland führend wäre, wenn auf den Straßen regulär autonome Autos fahren dürften, sosehr gibt das Gesetzgebungsverfahren keinen Anlass zum Jubeln. Im Gegenteil.

Der Minister musste Anfang Juni beim Bundestagspräsidenten, dem Bundesratspräsidenten, dem Bundespräsidialamt und dem Bundeskanzleramt um „Einwilligung zur Berichtigung“ bitten. Es gab mal wieder eine Gesetzespanne, konkret auf Verwaltungsdeutsch: eine „Vorschriftenkollision“. Nun muss das Gesetz schon wieder geändert werden, bevor es überhaupt in Kraft getreten ist.

Es ist nicht das erste Mal, dass bei Minister Scheuer Dinge schieflaufen: Zuletzt hatte es Spott und Häme beim Bußgeldkatalog für den Straßenverkehr gegeben, der wegen eines Formfehlers nicht in Kraft treten konnte. Auch bei der Gründung der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft gab es gleich mehrere Formfehler.

Warum die Korrektur notwendig ist

In seinem Brief an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), der dem Handelsblatt vorliegt, erklärt der Minister, warum Korrekturen beim Gesetz zum autonomen Fahren schon erforderlich sind, bevor der Bundespräsident es überhaupt verkündet hat. Der Bundestag hatte das Gesetz zum autonomen Fahren am 20. Mai als neuen Teil des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) beschlossen – und darüber hinaus ein Gesetz, mit dem an ebenjenem Straßenverkehrsgesetz auch Korrekturen vorgenommen wurden.

Dabei ging es zwar um etwas ganz anderes: Das Kraftfahrt-Bundesamt sollte Hersteller besser ahnden können, wenn sie bei der Typgenehmigung gegen die Regeln verstoßen. Niemand kam demnach auf den Gedanken, dass der Humboldt‘sche Satz gelten könnte „Alles hängt mit allem zusammen“ – weder in den Fraktionen des Bundestags noch Experten in den Anhörungen oder gar Landesbeamte oder Scheuers Beamte. Auch die Beamten des Justizressorts, die die „Rechtsförmlichkeit“ von Gesetzen prüfen, gaben nach Angaben des Verkehrsressorts grünes Licht. Am 28. Mai dann stimmte auch der Bundesrat beiden Gesetzen zu. Sie hätten in Kraft treten können.

Doch dann fiel das Problem auf: Mit beiden Gesetzen änderte der Bund, wie Scheuer in seinem Brief erläutert, den Paragrafen 24 des Straßenverkehrsgesetzes – ohne allerdings auf die Neuerungen durch das jeweils andere Gesetz geachtet zu haben. Die Konfusion beschreibt der Minister in seinem Brief: „Würde das Gesetz zum autonomen Fahren zuerst ausgeführt, würde durch das Inkrafttreten“, des anderen Gesetzes, „die Ergänzung durch das Gesetz zum autonomen Fahren wieder entfernt“.

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Würde andersherum zuerst das eine Gesetz „ausgeführt“, erklärte Scheuer weiter, und anschließend das Gesetz zum autonomen Fahren, dann würden die darin vermerkten Änderungen unwirksam sein, da es die mit dem Gesetz zu ändernde Textstelle im Straßenverkehrsgesetz gar nicht mehr gäbe. „Der Änderungsbefehl wäre nicht mehr ausführbar.“ Wie er es also auch drehte und wendete: Sprichwörtlich war das Kind in den Brunnen gefallen.

Nun will Scheuer das Gesetz zum autonomen Fahren dahingehend korrigieren, dass sich „die Verortung des Änderungsbefehls an die neu formulierte Fassung“ anpasst. Eine entsprechende Formulierungshilfe hat der Minister in seinem Brief gleich beigelegt ebenso für zwei im Nachhinein festgestellte „offenbare Unrichtigkeiten“, die ebenfalls noch korrigiert werden sollen – ohne dass das Parlament einbezogen wird.

Wenn das Kanzleramt dem zustimmt, kann der Bundespräsident im Anschluss das korrigierte Gesetz unterzeichnen. Danach kann es im Bundesgesetzblatt verkündet werden und damit in Kraft treten.

„Trickserei und Pfuschkorrektur"

Für Scheuer ist dies alles nicht nur ein unangenehmer Fauxpas. Die Opposition wittert bereits Trickserei. „Neben der Pfuschkorrektur versucht Andi Scheuer offenbar, auch noch inhaltliche Korrekturen vorzunehmen, und titelt sie als formlose Berichtigung von Druckfehlern“, kritisierte Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag. Er kündigte an: „Wir werden uns das jetzt ganz genau angucken, ob der Minister nicht schon wieder das Parlament hinter die Fichte führen will.“

Spott kam von der Linken. „Minister Scheuer verabschiedet sich nach knapp vier Jahren Pleiten, Pech und Pannen im Amt standesgemäß“, erklärte deren Verkehrsexperte, Jörg Cezanne. „Nachdem letztes Jahr bereits die Novelle der Straßenverkehrsordnung wegen eines Formfehlers krachend gescheitert war, beweist das Ministerium erneut, dass es unter Führung dieses Ministers nicht einmal die elementarsten Grundlagen der Gesetzgebung beherrscht.“

Zudem sei er „einer der teuersten Minister aller Zeiten mit der mehr als 500 Millionen Euro teuren ebenfalls in den Sand gesetzten Pkw-Maut und seinem 500 Millionen teuren Abschiedsgeschenk an die Automobilindustrie und sein Heimatland, ,Deutsches Zentrum Mobilität der Zukunft‘, in – welch Überraschung – München“.

Auch der Verkehrsexperte der FDP-Fraktion, Oliver Luksic, sparte nicht an Kritik. „Das Verkehrsministerium unter Scheuer kommt auf keinen grünen Zweig“, sagte er und verwies ebenfalls auf den Zitierfehler bei der Straßenverkehrsordnung. „Gerade nach dem letzten Malheur hätte ich erwartet, dass so etwas vermieden wird.“

Für Scheuer, aber auch für die Automobilindustrie ist der Vorgang rein formal betrachtet nicht tragisch: Zum einen gibt es noch gar keine autonom fahrenden Fahrzeuge für den Straßenverkehr. Zum anderen verlieren weder Politik noch Industrie Zeit: Das Gesetz kann ohnehin erst konkret angewendet werden, wenn die dazugehörige Verordnung in Kraft tritt: Sie liegt noch bei der EU-Kommission zur Genehmigung vor. Im Herbst, so heißt es, rechnen Scheuers Beamte mit grünem Licht aus Brüssel. Anschließend können sich Industrie und die dann neu gewählte Bundesregierung anschicken, doch noch international die Nummer eins beim autonomen Fahren zu werden.

Mehr: Streit über neue Milliarde für den Nahverkehr: Bund macht strenge Auflagen zur Bedingung

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2 Kommentare zu "Verkehrsminister: „Vorschriftenkollision“ beim autonomen Fahren: Scheuers nächste Gesetzespanne"

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  • Ramsauer: Wechselkennzeichen, da zahlt man für 2 Autos und kann eines fahren.
    Seehofer: Gesundheitsfonds, da zahlt man hunderte von Krankenkassenwasserköpfen, ohne daß Wetbewerb herrscht.
    Dobrint: Maut Teil 1.
    Scheuer: Maut Teil 2. Bahn. A94.
    Söder: Alpe Adria, GWB.
    Nüßlein, Tandler: 50 Mio Schmiergeld für die teuersten Masken der Welt.
    Söder: Aplaus und warme Worte für Pflegekräfte.

    liebe CSU Wähler: seid ihr noch ganz dicht? geht bitte zum Arzt.

  • LÄCHERLICH diese Problem im Vergleich zum Versagen Spahns bei Masken, Impfen, Testen!

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