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Veröffentlichung von Steuerdaten Familienunternehmen fürchten Angriff auf deutsche Wirtschaft

Nach neuen EU-Plänen sollen Konzerne Daten zur Geschäftsentwicklung in einzelnen Ländern veröffentlichen. Davon wären auch deutsche Familienunternehmen betroffen. Sie sehen darin einen Wettbewerbsnachteil.
18.09.2017 - 10:08 Uhr Kommentieren
Durch die Veröffentlichung von Länderdaten erhielten Konkurrenten außerhalb Europas Einblick in unternehmensinterne Daten. Quelle: picture alliance/dpa
Produktionshalle bei Trumpf

Durch die Veröffentlichung von Länderdaten erhielten Konkurrenten außerhalb Europas Einblick in unternehmensinterne Daten.

(Foto: picture alliance/dpa)

Berlin Bei Trumpf betrachtet man den Kampf der Politik gegen die Großunternehmen eigentlich mit Wohlwollen. „Unlauteren Steuerpraktiken von Konzernen muss ein Riegel vorgeschoben werden“, sagt Finanzvorstand Lars Grünert. Das globale Steuerabkommen BEPS, das insbesondere den Steuertricksereien von US-Konzernen ein Ende bereiten soll, sei daher ein richtiger Ansatz.

Dass die EU dabei aber auch Firmen wie den deutschen Maschinenbauer zwingen will, sensible Geschäftsdaten zu veröffentlichen, hält der Finanzexperte für gar keine gute Idee. „Deutsche Unternehmen könnten durch eine Veröffentlichung einen schweren Wettbewerbsnachteil erleiden, wenn etwa chinesische Firmen die Daten ihrer deutschen Wettbewerber einsehen können, wir umgekehrt aber nicht“, fürchtet Grünert. Und nicht nur er.

Jahrelang konnten große Konzerne wie Apple, Google oder Starbucks mit formal legalen Tricks ihre Gewinne konzernintern in Niedrigsteuerländer verschieben und so ihre Steuerlast im Ausland auf fast null drücken. Das Steuerabkommen BEPS, an dem sich über 100 Staaten beteiligt haben, soll das künftig verhindern. Dabei helfen sollen sogenannte „Country-by-Country-Reportings“. Dies sind Länderberichte, in denen Konzerne künftig ihre Wertschöpfung und Gewinne in Ländern jeweils einzeln ausweisen müssen. Die Daten sollen den Finanzämtern in aller Welt helfen, Konzerne angemessen zu besteuern. Die EU geht aber noch einen Schritt weiter. Sie will, dass die Daten auch der Öffentlichkeit frei zugänglich sind. Die Logik dahinter: Wenn die Konzerne fürchten müssen, öffentlich an den Pranger gestellt zu werden, würde dies den Druck nochmals erhöhen, unlautere Steuertricks zu unterlassen.

Der Vorstand der Stiftung Familienunternehmen sieht eine Schwächung deutscher Firmen im internationalen Wettbewerb. Quelle: Stiftung Familienunternehmen
Rainer Kirchdörfer

Der Vorstand der Stiftung Familienunternehmen sieht eine Schwächung deutscher Firmen im internationalen Wettbewerb.

(Foto: Stiftung Familienunternehmen)

Viele deutsche Mittelständler sehen die Forderung aus Brüssel nach mehr Transparenz als einen Anschlag auf ihr Geschäftsmodell. Vor der Bundestagswahl schlägt die Stiftung Familienunternehmen deshalb noch einmal Alarm. In einem Brief an Justizminister Heiko Maas (SPD) und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnen die großen Familienunternehmen eindringlich vor dem geplanten Veröffentlichungszwang.

„Die Veröffentlichung der Länderberichte würde zu einer Schlechterstellung europäischer Unternehmen im internationalen Wettbewerb führen. Darüber hinaus würde der BEPS-Prozess nachhaltig beschädigt“, heißt es in dem Brief, der dem Handelsblatt vorliegt. Und mit dieser Kritik stehen die Familienunternehmer keinesfalls allein da. Selbst die für BEPS zuständige Industrieländerorganisation OECD hält die Forderungen aus Brüssel für kontraproduktiv. „Eine Veröffentlichung der Länderberichte zum jetzigen Zeitpunkt riskiert, den BEPS-Prozess zurückwerfen und möglicherweise Teile des Erreichten zu gefährden“, sagt auch OECD-Steuerexperte Achim Pross. Mit anderen Worten: Macht die EU Ernst, droht das wichtigste globale Steuerabkommen zur Bekämpfung von Steuerdumping rückabgewickelt zu werden. Für alle Beteiligten wäre das ein Desaster.

Deshalb läuft die deutsche Wirtschaft gegen den Veröffentlichungszwang Sturm. „Eine Pflicht zur Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen im Internet leistet keinen Beitrag zu einer fairen Besteuerung, sondern schwächt Unternehmen im internationalen Wettbewerb“, sagt Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. Dies zeige auch eine neue Studie der Stiftung, die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung erstellt hat. Der renommierte Steuerexperte Christoph Spengel kommt darin zu einem harschen Urteil: Die mit einer Veröffentlichung verbundenen Kosten für die Unternehmen würden den allgemeinen Nutzen übersteigen. „In Deutschland werden vor allem größere Familienunternehmen diesen Wettbewerbsnachteilen unterliegen“, so Spengel.

Denn eine Veröffentlichung der Daten ist erst ab einer bestimmten Schwelle vorgesehen. Unternehmen, die knapp darunter liegen, hätten auf die Daten ihrer Konkurrenten Zugriff, umgekehrt aber nicht. „Wir konkurrieren auf zahlreichen Märkten mit Unternehmen, die nicht dieselben Offenlegungspflichten wie wir erfüllen müssten. Wir würden deswegen einen erheblichen Wettbewerbsnachteil erleiden“, sagt Jörg-Uwe Goldbeck, Geschäftsführer des gleichnamigen mittelständischen Bauunternehmens.

Doch vor allem besteht die Gefahr, dass Länder wie China, Japan oder die USA sich aus BEPS zurückziehen könnten. „Wenn Finanzbehörden aus Nicht-EU-Staaten künftig ohne Gegenleistung auf Daten europäischer Unternehmen zugreifen können, fehlt ihnen die Motivation, sich umfassend am BEPS-Prozess zu beteiligen“, sagt Kirchdörfer. OECD-Steuerexperte Pross sieht das ähnlich: „Eine Veröffentlichung könnte dazu führen, dass einige der Staaten ihre Reports nicht mehr zur Verfügung stellen, weil sie der Auffassung sind, dass Deutschland den getroffenen Vereinbarungen nicht mehr nachkommt“, warnt er. Ergebnis: Die Daten deutscher Konzerne wären frei für jedermann im Netz abrufbar, die ihrer Konkurrenz aus China oder den USA jedoch nicht.

 Die Wirtschaft drängt die Politik deshalb zu einem Umdenken. Nicht nur in Brüssel, sondern auch in Berlin: Denn während Finanzminister Schäuble vehement gegen eine Veröffentlichung der Länderberichte ist, hat sich Justizminister Maas dem Vorschlag der EU angeschlossen.

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