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Vierte Corona-Welle Schwellenwerte für Kontaktbeschränkungen, Impfpflicht für medizinische Berufe – die neuen Maßnahmen im Überblick

Kanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten beschließen schärfere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Die Lage in den Krankenhäusern entscheidet über den Grad der Einschränkungen.
19.11.2021 - 02:01 Uhr 7 Kommentare
Bund und Länder wollen Angehörige der medizinischen Berufe zur Impfungen verpflichten. Quelle: dpa
Impfungen bleiben das wichtigste Mittel

Bund und Länder wollen Angehörige der medizinischen Berufe zur Impfungen verpflichten.

(Foto: dpa)

Berlin Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht keinen Hehl aus dem Ernst der Situation: „Die Lage ist hochdramatisch, und es wird jetzt darauf ankommen, dass schnell gehandelt wird, dass konsequent gehandelt wird“, sagte sie am Mittwochabend nach der Bund-Länder-Runde zur Pandemielage in Berlin.

Um die vierte Coronawelle zu brechen, planen Bund und Länder weitgehende Maßnahmen, etwa eine groß angelegte „Booster“-Impfkampagne, eine Impfpflicht in bestimmten Berufen und verschärfte Zugangsregeln.

„Nur mit einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung können wir dieses Virus besiegen“, heißt es in dem Beschlusspapier. Merkel bedauerte, dass das Land besser dastehen könnte, „wenn die Impflücke nicht so groß wäre“. Umso wichtiger sei es jetzt aber, entschieden zu handeln.

Am Donnerstagvormittag hatte der Bundestag mit den Stimmen von SPD, FDP und Grünen die Novelle des Infektionsschutzgesetzes beschlossen. Kernpunkt ist, dass die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ am 25. November ausläuft. Gleichzeitig soll es aber einen Katalog neuer Maßnahmen geben, etwa eine 3G-Regel am Arbeitsplatz.

Die unionsgeführten Länder halten das Ende der epidemischen Lage für einen Fehler, wie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) nach der Bund-Länder-Runde betonte. Man sei „sehr, sehr nah an dem Punkt, an den wir nie kommen wollten“ – nämlich dass auf den Intensivstationen entschieden werden müsse, welche Patienten noch behandelt werden könnten.

Eine Verlängerung der epidemischen Lage wäre „das beste und rechtssicherste Mittel gewesen“, sagte Wüst. Auch Kanzlerin Merkel betonte, sie halte den Maßnahmenkatalog nach der Novelle des Infektionsschutzgesetzes nicht für ausreichend, um die Dynamik der Pandemie zu brechen. Deshalb sei es gut und wichtig, dass die Reform spätestens bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 9. Dezember evaluiert werde.

Bund und Länder einigten sich auf eine Reihe von Punkten, die in Teilen bereits im novellierten Infektionsschutzgesetz enthalten sind.

Die wichtigsten Punkte im Überblick

  • Bund und Länder planen, zentrale Coronamaßnahmen von Schwellenwerten der Hospitalisierungsrate abhängig zu machen. Der Wert gibt an, wie viele Coronapatienten pro 100.000 Personen in den zurückliegenden sieben Tagen ins Krankenhaus eingewiesen werden mussten. Bundesweit liegt der Wert derzeit bei 5,3.
  • Ab einem Wert von 3 sollen in einem Bundesland Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte (2G) für Einrichtungen, Geschäfte, Veranstaltungen und Restaurants gelten.
  • Ab einem Wert von 6 soll die 2G-plus-Regel gelten, bei der auch Geimpfte und Genesene einen tagesaktuellen negativen Test benötigen.
  • Ab einem Wert von 9 können die Länder weiter gehende Coronamaßnahmen beschließen, etwa Kontaktbeschränkungen, die Absage von Großveranstaltungen wie Weihnachtsmärkten und das Schließen von Klubs. Dies war insbesondere der Union wichtig.
  • Außerdem wird der Bund aufgefordert, schnell eine Impfpflicht für Beschäftigte in medizinischen Berufen umzusetzen. „Wir müssen besonders die vulnerablen Gruppen zusätzlich schützen“, heißt es in dem Beschlusspapier. Und weiter: „Die Länder halten es für erforderlich, dass Angehörige von Heil- und Pflegeberufen und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Krankenhäusern sowie in Behinderteneinrichtungen aufgrund des engen Kontakts zu vulnerablen Personen verpflichtet werden, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen.“
  • Außerdem sollen sich alle Mitarbeiter und Besucher in Pflegeheimen täglich testen lassen.
  • Im öffentlichen Nah- und Fernverkehr soll es eine 3G-Regel geben. Bei Fahrtantritt darf der Test höchstens 24 Stunden alt sein. Für die schärferen Kontrollen sollen die Länder die Bußgeldrahmen „ausschöpfen“, ihrerseits die Kontrolldichte erhöhen und Verstöße entschieden sanktionieren.
  • Für Arbeit im Betrieb ist ebenfalls die 3G-Regel vorgesehen. Die Arbeitgeber sollen dies kontrollieren, bekommen ein Auskunftsrecht und sollen mindestens zweimal pro Woche kostenfreie Tests anbieten.
  • Außerdem ist eine groß angelegte Auffrischungs-Impfkampagne geplant. Das Ziel: 27 Millionen Boosterimpfungen in den kommenden fünf Wochen. Dafür sollen die Länder verstärkt auf mobile Impfteams und Impfzentren zurückgreifen. Auch Krankenhäuser sollen miteingebunden werden.

Mit den Regeln wollen Bund und Länder die Kehrtwende in der sich zuspitzenden Coronalage schaffen. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Donnerstag mehr als 65.000 Neuinfektionen, die Sieben-Tage-Inzidenz kletterte auf den Wert von 319,6, auf den Intensivstationen werden mittlerweile mehr als 3300 Coronapatienten behandelt.

Nach dem Beschluss sollen alle Bürger ab dem fünften Monat nach Erlangen des vollständigen Impfschutzes eine Boosterimpfung erhalten können. „Das bedarf einer wirklichen großen Kraftanstrengung“, betonte Merkel. Erst am Donnerstag sprach die Ständige Impfkommission (Stiko) eine Empfehlung für die Auffrischungsimpfung für alle Erwachsenen aus, deren Zweitimpfung in der Regel sechs Monate zurückliegt.

Um das Ziel von knapp 30 Millionen Boosterimpfungen bis Jahresende zu erreichen, müssten – Weihnachten herausgerechnet – pro Tag mehr Impfungen durchgeführt werden als zur Hochzeit der Impfkampagne im Sommer, als eine Million Menschen pro Tag geimpft wurden.

Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. In den vergangenen Tagen häuften sich Berichte von Interessierten für eine Auffrischungsimpfung, die von Ärzten weggeschickt wurden oder keinen Termin in den kommenden Wochen erhielten.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) richtete auch einen dramatischen Appell an alle bisher Ungeimpften: Der Grund dafür, dass man mit der Impfkampagne nicht vorankomme, sei, „dass es zu viel Egoismus und zu viel Gleichgültigkeit gibt“. Sich und andere zu schützen sei „überlebenswichtig“, sagte Müller.

Union wollte sich Lockdowns offenhalten

Zentrale Themen waren auf dem Gipfel bis zuletzt umstritten. So hatte die Union kritisiert, dass das novellierte Infektionsschutzgesetz zwar weiterhin niedrigschwellige Coronamaßnahmen und Schließungen von Freizeiteinrichtungen wie Klubs sowie die Absage von Großveranstaltungen zulässt, allerdings keine flächendeckenden Lockdowns mehr mit geschlossenen Geschäften und Schulen.

Die Union hatte deshalb damit gedroht, das Ampelgesetz zu blockieren. Mit der geplanten Länderöffnungsklausel, die den Ländern ab einer hohen Hospitalisierungsrate mehr Rechte einräumt, dürfte einer Zustimmung des Gesetzes im Bundesrat durch die Union am Freitag nun aber wohl nichts mehr im Wege stehen, hieß es.

Auf Skepsis in Teilen der Ampelfraktionen stieß lange auch eine Impfpflicht für das Personal in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern. Kritiker befürchteten, dass sich dann noch mehr Beschäftigte aus dem Beruf zurückziehen und die Personalnot weiter verschärft würde.

Zur Länder-Forderung, die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen rasch einzuführen, sagte Kanzlerin Merkel, der Bund werde „in Kürze befinden, wie wir uns dazu verhalten“. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), der Merkel als Regierungschef einer Ampelkoalition ablösen möchte, sagte, dass die Aufgeschlossenheit bei diesem Thema sehr groß sei und auch „in die nächste Regierung hineinreicht“. Allerdings bedürfe es hier eines sorgfältigen Gesetzgebungsverfahrens.

Zur Beschleunigung der Boosterimpfungen hätten auch der Katastrophenschutz und das Technische Hilfswerk Unterstützung angeboten, sagte Merkel. In Deutschland haben laut RKI erst rund 5,7 Prozent der Bevölkerung eine dritte Impfung erhalten – bislang vor allem in Arztpraxen. Nach Angaben des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) entfielen 72 Prozent der Impfungen auf Hausärzte.

„Das Impftempo wird vor allem durch die niedergelassenen Ärzte bestimmt und nimmt weiter zu“, sagte ZI-Chef Dominik Stillfried dem Handelsblatt. „Wichtig ist, dies jetzt weiter zu unterstützen.“ Neben der Unterstützung der Länder etwa durch mobile Impfteams brauche es vor allem verlässliche Rahmenbedingungen. „Der klare Fokus auf die vulnerablen Gruppen ist für November und Dezember entscheidend“, sagte Stillfried. „Die Kapazitäten dafür sind gegeben, Impfstoff ist ausreichend vorhanden.“

Bund und Länder planen nun, ihre Impfangebote massiv auszuweiten – explizit erwähnt werden neben mobilen Impfteams auch Krankenhäuser und Impfzentren. Hierzu soll der Bund die finanzielle Unterstützung bis April 2022 sicherstellen.

Merkel und die Ministerpräsidenten betonten, es gelte, jetzt keine Zeit mehr zu verlieren. Die Tage bis zum 25. November böten noch alle Chancen, die derzeitigen Möglichkeiten des Infektionsschutzgesetzes zu nutzen, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Müller.

Die Kanzlerin betonte, dass Maßnahmen, die bis dahin eingeführt würden, noch bis zum 15. Dezember Geltung haben könnten. Dies sei insbesondere für Sachsen wichtig. In dem ostdeutschen Bundesland erreichte die Sieben-Tage-Inzidenz am Donnerstag den Wert von 761.

Mehr: Boosterimpfung für alle ab 18 Jahren – die wichtigsten Fragen und Antworten

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  • Was soll man noch glauben? Aus dem Wochenbericht des RKI zur aktuellen Lage aller akuten Atemwegsinfektionen in Deutschland geht hervor, dass wir "insgesamt auf dem Nivau der Saison 2019/2020 um diese Jahrszeit liegen". Erhöht sind vor allem die SARI Fälle, d.h. Infektionen mit resistenten Keimen bei Kindern bis 14 Jahren. Könnte es einen Zusammenhang mit Masketragen geben? Oder einfach viel zu häufiger Antibiotika Gebrauch? Corona spielt bei diesen Berichten komischerweise keine große Rolle, auch im gesamten Jahr 2020, nachzuschauen in den Karten auf dieser RKI-Seite
    https://influenza.rki.de/Wochenberi.../2021_2022/2021-45.pdf

  • Was soll man noch glauben? Aus dem Wochenbericht des RKI zur aktuellen Lage aller akuten Atemwegsinfektionen in Deutschland geht hervor, dass wir "insgesamt auf dem Nivau der Saison 2019/2020 um diese Jahrszeit liegen". Erhöht sind einzig die SARI Fälle bei Kindern, d.h. resistente Keime, wenn ich das richtig verstanden habe. Das scheint es nicht mal um Corona, sondern um bakterielle Infektionen zu gehen. Von erhöhten Corona-Warnungen keine Spur. Könnte es einen Zusammenhang mit Masketragen geben?
    https://influenza.rki.de/Wochenberi.../2021_2022/2021-45.pdf

  • Falsche Zahlen - falsche Entscheidungen (z.B. PCR-Test-positiv gleich infiziert)
    Hysterie und Angstmache - schlechte Entscheidungen (Inzidenz in der Kommunikation)

    Der immer wiederkehrende Mechanismus mit hysterischem Informations-Dauerfeuer, um gewollte politische Entscheidungen "vorzubereiten". Für wie dumm hält man uns eigentlich ?
    Im Ergebnis wird eigenes Versagen damit kaschiert, insbesondere ist man nicht in der Lage, das Personal in den Intensivstationen zu halten bzw. auszubauen und das in einer "Jahrhundertpandemie".
    Der Personalverantwortliche in jeder vernünftigen Firma wäre längst entlassen worden.

    Ende des Jahres läuft die Zulassung des PCR-Testes in USA aus. Wenn wir uns das zum Vorbild nehmen ist die Frage, wo wir dann die Horrorzahlen herbekommen ?

    Der größte Fachkräftemangel - analog zum heutigen Hauptthema im HB - ist in der Politik festzustellen.
    Und wir machen das mit.

  • ... solange "genesen" die Alternative zu "geimpft" ist, werden die Inzidenzen nicht sinken, auch im Falle eines weiteren Lockdowns. Nur wenn klar ist, dass man mit einer überstandenen Infektion nicht um eine Impfung herumkommt, ist der Spuk zu Ende. Wenn man mit den nicht Geimpften reden und ihnen zuhören würde, könnte man selbst darauf kommen. Aber dazu hat von unseren gewählten Volksvertretern ja keiner weder Lust noch Zeit noch Interesse...
    Ich schütze mich mit einer Impfung und andere mit regelmäßigen Tests. Im Zusammenhang mit AHA sollte dies mehr als ausreichend sein. Mehr Regeln brauche, verstehe und befolge ich auch nicht.

  • Ob das mit der Impfflicht was bringt, scheint mir doch sehr fraglich. Wir haben sooo viele Impfungen, und trotzdem hohe Inzidenzen und die Intensivstationen laufen voll. Die Booster kommen zu spät, auch die derzeitigen Erstimpfungen bringen nichts mehr für diese Welle. Was hat die Politik des Sommers gebracht, ganz ehrlich ? Wir stehen schlimmer da als letztes Jahr. Und man schaue mal nach Österreich... Unsere Regierenden haben lange mit offenen Augen tief geschlafen, jetzt erst hören sie den Weckruf und sind vor Schreck aus dem Bett gefallen, schreien und gestikulieren wild im neuerlichen Panikmodus. Hätten sie den Pflegekräften einfach mal für 12 Monate 50 % Gehaltszuschlag gegeben, wäre sicher viele dabei geblieben und viel mehr Intensivbetten könnten erhalten werden. Nur ein kleines Beispiel.

    Irgendwie fühle ich mich in den letzten Tagen doch etwas verar... , ich bin geimpft aus Überzeugung. Aber wenn ich jetzt wieder zu Hause mich selbst einsperren muss, weiß ich wirklich nicht was ich davon halten soll.

  • Interessant währe zu wissen wo sich die Leute infizieren. Eine Allgemeine Testpflicht sehe ich als viel zielführender damit Infektionsketten unterbunden werden können.

  • Impfpflicht sonst kommen wir nie aus dieser Spirale heraus.

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