Vorbild Wehrbeauftragter Grüne fordern unabhängigen Polizeibeauftragten für den Bund

Was bis heute fehle, sei Polizeibeauftragter des Bundestages, kritisieren die Grünen.
Berlin Er gilt als „Anwalt der Soldaten“ und zugleich als Hilfsorgan des Parlaments bei der Kontrolle der Streitkräfte: der Wehrbeauftragte des Bundestags. Ein „absolutes Erfolgsmodell“ sehen die Grünen in dem vor über 60 Jahren geschaffenen Posten.
Was aber bis heute fehle, sei das „Pendant für die Kontrolle der Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols im Innern“, beklagt die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, im Gespräch mit dem Handelsblatt. Dabei gibt es aus ihrer Sicht gute Gründe, einen unabhängigen Polizeibeauftragten für den Bund einzusetzen. Mihalic nannte etwa aktuelle Zahlen des Bundesinnenministeriums zur Nutzung der Vertrauensstelle der Bundespolizei.
Die Vertrauensstelle besteht seit dem 27. Mai 2015 und ist direkt beim Bundespolizei-Präsidenten angesiedelt. Nach einer Aufstellung des Innenministerium, die dem Handelsblatt vorliegt, wandten sich im Gründungsjahr durchschnittlich drei, im Jahr 2016 drei bis vier, 2017 acht und im Jahr 2018 zwischen sechs und sieben Personen jeden Monat an die Vertrauensstelle.
Bei den insgesamt 214 Eingaben ging es in 89 Fällen um Personalangelegenheiten, 36 Mal um Fälle mit disziplinarrechtlicher und 39 Mal um Fälle mit strafrechtlicher Relevanz.
„Nur 214 Eingaben in drei Jahren bei über 40.000 Mitarbeitern zeigen deutlich, dass die Vertrauensstelle kaum angenommen wird“, sagte Mihalic. „Das liegt daran, dass die Stelle nicht unabhängig, sondern in die Hierarchie der Bundespolizei eingebettet ist.“ Deshalb sollte ein beim Bundestag angesiedelter Beauftragter für Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Zollverwaltung eingeführt werden.
Der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, Ernst G. Walter, wies den Grünen-Vorstoß zurück. „Wir brauchen keinen hoch-dotierten Polizeibeauftragten in der B-Besoldung, nur um das politische Gewissen zu beruhigen und womöglich verdiente Politiker mit gut bezahlten Posten zu versorgen“, sagte Walter dem Handelsblatt. „Bei innerdienstlichen Problemen stehen allen Kolleginnen und Kollegen jederzeit die in der Bundespolizei vertretenen Polizeigewerkschaften als kompetente und vertrauensvolle Ansprechpartner mit Rat , Tat und Rechtsschutz zur Seite.“
Die Grünen-Politikerin kündigte indes an, in dieser Legislaturperiode einen entsprechenden Gesetzentwurf einzubringen. Danach sollen künftig Bürger, aber auch Polizisten Kritik, Hinweise und sonstige Eingaben zu polizeilichem Handeln beim Polizeibeauftragten melden können. „Dieser kann dann aus seiner unabhängigen Position heraus Untersuchungen zu den ihm vorgetragenen Fällen anstellen, dabei ist ihm Zugang zu den entsprechenden Akten zu gewähren“, sagte Mihalic.
Der Polizeigewerkschafter Walter sagte dazu: „Manchmal kommt es mir bei dieser Diskussion so vor, als wenn man Probleme, die es nicht gibt, unbedingt herbeireden will.“ Es gebe keinen Grund, in der Bundespolizei etwas zu verbergen. „Alle Bundespolizistinnen und -Polizisten sind gut ausgebildet und wissen, was sie zu tun und zu lassen haben.“ Und wenn jemand nicht rechtskonform verhalte, greife das Straf- oder Disziplinarrecht.
Als erstes Bundesland hatte Rheinland-Pfalz 2014 einen Landesbeauftragten für die Polizei installiert. Im Bundestag forderten Grüne, Linke und SPD bereits 2013 als Konsequenz aus dem Versagen des Rechtsstaats im Fall des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle für die Polizei.
Ein möglicher Polizeibeauftragter beim Bundestag war zuletzt auch im Rahmen der Sondierungsgespräche für ein Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen diskutiert worden.
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