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Armin Laschet (l.) und Markus Söder

Die hitzige Schlacht der Parteichefs um die Kanzlerkandidatur soll vergessen sein.

(Foto: AFP)

Wahlprogramm Union streicht kostspielige Vorhaben zusammen – und stellt viel unter Finanzierungsvorbehalt

Mit dem Programm von CDU und CSU ist der Wahlkampf endgültig eröffnet. Die Dauerrivalen Söder und Laschet geben sich nun einig – zumindest in den meisten Punkten.
21.06.2021 - 19:21 Uhr Kommentieren

Berlin Die Union verzichtet in ihrem Wahlprogramm auf einige kostspielige Projekte. Von den im Entwurf vorgesehenen umfangreichen Steuerentlastungen sind nur der Abbau des Solidaritätszuschlags und eine Senkung der Unternehmensteuern geblieben.

Auch die von der CSU geforderte Ausweitung der Mütterrente findet sich nicht in dem am Montag von CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder präsentierten Programm. „Durch die hohen Ausgaben zur Bekämpfung der Pandemie sind die finanziellen Spielräume des Staates deutlich eingeschränkt“, heißt es zur Begründung.

Einige Versprechen stehen deshalb unter Finanzierungsvorbehalt. Zugleich will die Union „so schnell wie möglich wieder ausgeglichene Haushalte ohne neue Schulden“ erreichen.

Ökonomen kritisierten, dass sich der Defizitabbau nicht mit den angekündigten neuen Ausgaben und Steuersenkungen vertrage. Das Programm enthalte aus wirtschaftspolitischer Sicht zwar „viele richtige Elemente“ wie die Absage an Steuererhöhungen, sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Gabriel Felbermayr.

Insgesamt sei aber „unklar, wie die Union ihre Vorhaben finanzieren will“. Ifo-Präsident Clemens Fuest vermisst „ein überzeugendes und hinreichend konkretisiertes Konzept für die langfristige solide Finanzierung“ der Rente.

Kanzlerkandidat Laschet wies die Kritik zurück: „Es ist ein Programm, das seriös durchgerechnet ist.“ CSU-Chef Söder kündigte einen „Kassensturz“ nach der Wahl an.

Inszeniert wie ein Krönungsparteitag

Die Wahlkampfmanager von CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder inszenierten die Präsentation des Wahlprogramms wie einen Krönungsparteitag. Eine Videoleinwand zeigte zunächst den gemeinsamen Kanzlerkandidaten, der wie ein Fußballstar durch die Katakomben einer Arena hinaus aufs Spielfeld schreitet.

Union will mit Versprechen „Stabilität und Erneuerung“ punkten

Es ist natürlich das Stadion aus Laschets Heimatstadt Aachen, das – welch ein Zufall – in die Farben Schwarz-Gelb getaucht ist, die Farben der Alemannia und doch auch die der politischen Lieblingskoalition des Rheinländers.

„Ein Plan, der funktioniert“, sagt der 60-Jährige in dem Einspieler, „ein Plan, der unser Land voranbringt.“ Sprach Angela Merkel einst von einem Land, „in dem wir gut und gerne leben“, so erzählt der neue Kanzlerkandidat nach 16 Merkel-Jahren in seinem Bewerbungsvideo von „Lebensqualität überall in Deutschland“.

Film aus, türkisfarbener Hintergrund mit dem Schriftzug „Stabilität und Erneuerung – Gemeinsam für ein modernes Deutschland“ an. Es treten die Dauerrivalen Laschet und Söder auf die Berliner Bühne.

Einig wollen sie sein, die hitzige Schlacht um die Kanzlerkandidatur soll vergessen sein. Zu knapp sind die Umfragewerte, als dass sich CDU und CSU wieder offenen Zwist erlauben dürfen wie in den Wahlkämpfen zuvor. „Wir beide wollen das Land weiter gestalten“, erklärt Söder.

Mit dem Programm von CDU und CSU ist der Wahlkampf endgültig eröffnet. Am 26. September entscheidet sich, wer das Land künftig regieren wird. Bislang steht nur eines fest: Angela Merkel wird es nicht mehr sein.

Viele Punkte mit dem Hinweis „finanzwirksam“ oder „finanzintensiv“ versehen

Auch eine ausgeweitete Mütterrente wird es vermutlich nicht geben, jedenfalls findet sich der teure Wunsch der CSU nicht im Unionsprogramm und soll lediglich in einem separaten Bayernplan vorkommen.

So viel Uneinigkeit erlaubt man sich dann doch. Doch wie seriös ist das Programm der Union gerechnet, vor allem, wenn CSU-Chef Söder darauf pocht, erst nach der Bundestagswahl einen Kassensturz vorzunehmen?

Im Entwurf des Programms waren viele Punkte mit dem Hinweis „finanzwirksam“ oder „finanzintensiv“ versehen. Einige davon verschwanden deshalb während der letzten Beratungstage wieder: Der Arbeitnehmerpauschbetrag sollte auf 1250 Euro steigen, der Spitzensteuersatz erst „spürbar“ später greifen. Beide Maßnahmen sind gestrichen.

Zudem wollte die Union die Mitarbeiterkapitalbeteiligung verbessern und Freibeträge im Steuerrecht von 3500 Euro einführen – plus 500 Euro je Familienmitglied. Im Entwurf war auch vom Familiensplitting die Rede.

Der Kinderfreibetrag sollte „auf das Erwachsenenniveau“ steigen. Davon ist jetzt „perspektivisch“ die Rede. Haushaltsnahe Dienstleistungen sollen zwar besser steuerlich berücksichtigt werden, doch von den ursprünglich genannten „35 Prozent, jedoch maximal 5000 Euro“ ist nun nicht mehr die Rede.

Mit fünf Milliarden Euro wollte die Union sogar in die Krankenhausversorgung einsteigen. Mit dem „Sicherstellungszuschlag“ sollten die Länder dafür sorgen, dass es im ländlichen Raum genügend Krankenhäuser gibt. Daraus wird nun nichts. Auch das Vorhaben, die Gesundheitsämter auszubauen, fehlt jetzt. Dafür bleibt die Union beim Plan, das Elterngeld von 14 auf 16 Monate auszuweiten und Milliarden zu investieren, um Städte und Dörfer lebenswert zu halten.

Geld aus Wachstum generieren

CDU-Bundesvorstandsmitglied Anna Kreye, Chefin der Jungen Union in Sachsen-Anhalt, begrüßte, dass das Programm nicht alle finanzwirksamen Punkte aus dem Entwurf enthält. „Das Programm zeigt das Mögliche auf und nichts darüber hinaus, sondern setzt vielmehr auf die Eigenverantwortung des Einzelnen, lehnt höhere Steuern ab und spricht sich für weniger Staat aus. All diese Punkte verbinden mich mit der Union und unterscheidet uns klar von den anderen Parteien.“

„Ein realistischer Kassensturz ist erst nach der Corona-Pandemie möglich“, sagte CDU-Präsidiumsmitglied Bernd Althusmann. Es sei unklar, wie stark die Corona-Hilfsprogramme in Anspruch genommen würden.

Zwar sei das Steueraufkommen 2020 um etwa 53 Milliarden Euro zurückgegangen, er rechne aber bereits in diesem Jahr wieder mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von drei bis vier Prozent. „Von daher erscheint mir eine steuerliche Entlastung unserer Betriebe und Unternehmen zur Stärkung von deren Wettbewerbsfähigkeit wichtig, um aus der Coronakrise heraus durchstarten zu können“, sagte Althusmann.

Das Geld für ihre Vorhaben will die Union vornehmlich aus Wachstum generieren. Es wäre „völlig verrückt“, sagte Laschet, wenn der Staat den Unternehmen erst mit Milliarden durch die Krise helfe und ihnen danach die Liquidität wieder über höhere Steuern nähme.

„Grundsätzlich halte ich es für richtig, wirtschaftliche Erholung und Wachstum und Beschäftigung zu priorisieren und Steuererhöhungen eine Absage zu erteilen“, sagte Clemens Fuest, Chef des Ifo-Instituts in München. Allerdings müsse das Programm konsistent sein.

Wer die öffentlichen Investitionen erhöhe und Steuern senke, der müsse dies zumindest kurzfristig „entweder mit höherer Verschuldung oder mit Ausgabensenkungen kombinieren“. Eine höhere Kreditaufnahme ist laut Fuest mit der Schuldenbremse vereinbar, wenn es sich beispielsweise um Schulden handelt, die Investitionen in öffentliche Unternehmen wie die Bahn finanzieren.

Belastungen für Staatshaushalt drohen

„Für Einsparungen ist bei der Union wenig Lust erkennbar“, sagte IfW-Präsident Gabriel Felbermayr mit Blick auf die unklare Finanzierung des Programms. Damit werde auch für die Union „die Einhaltung der Schuldenbremse schwierig werden“. Felbermayr empfiehlt wie Fuest vorübergehend höhere Schulden in Kauf zu nehmen.

Enttäuscht sind die Ökonomen von der Rentenpolitik der Union, auch wenn die teure Mütterrente im Programm fehlt. „Bedauerlich ist, dass die Union keine klareren Worte zur Rente findet“, sagte Felbermayr. „Hier drohen künftig sehr erhebliche Belastungen für den Staatshaushalt.“

Fuest sagte, dass es wichtig sei, dass die Union angesichts der anstehenden Belastungen der Rentenversicherung durch den demografischen Wandel von einer weiteren Ausdehnung von Rentenleistungen Abstand genommen habe. Es fehle aber „ein überzeugendes und hinreichend konkretisiertes Konzept für die langfristige solide Finanzierung der Rentenversicherung“.

Scharfe Kritik kam von Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin. Die Union wolle Spitzenverdiener und Unternehmen „finanziell stark entlasten“, und zwar nach dem „Prinzip Hoffnung“, da diese Politik bereits in der Vergangenheit praktiziert worden sei, „und dennoch blieben die privaten Investitionen schwach und wichtige Herausforderungen unbewältigt“.

„Die Herausforderungen für die Politik und die öffentlichen Haushalte sind größer denn je, die Folgen der Corona-Pandemie kostspielig, und gleichzeitig muss massiv in die Zukunft investiert werden“, sagte Fratzscher. „Wie das mit Steuersenkungen und dem Ausschluss von Steuererhöhungen zusammenpassen soll, erschließt sich mir nicht.“ Das Programm sei „schlicht nicht zu finanzieren“.

Mehr: Blick ins Wahlprogramm: Mit diesen Versprechen will die Union bei den Wählern punkten

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