Werben um Fachkräfte Immer mehr Unternehmen zahlen Mitarbeitern eine Krankenzusatzversicherung

Zahnersatz geht fast immer schwer ins Geld. Hier helfen betriebliche Zusatzversicherungen.
Berlin Im Wettbewerb um Fachkräfte entdecken Arbeitgeber zunehmend die Gesundheitsvorsorge als Mittel, um ihre Beschäftigten an die Firma zu binden. Die Zahl der Unternehmen, die ihren Belegschaften eine betriebliche Krankenzusatzversicherung anbieten, ist im vergangenen Jahr um rund ein Drittel gestiegen. Das geht aus Zahlen des Verbandes der Privaten Krankenversicherung hervor, die dem Handelsblatt vorliegen.
Ende 2019 gab es demnach 10.200 Betriebe, die eine vollständig vom Arbeitgeber gezahlte Zusatzversicherung anboten – im Vergleich zu 7700 Betrieben im Vorjahr. Die Zahl der gesetzlich versicherten Beschäftigten, die etwa von einer zusätzlichen Erstattung beim Zahnersatz oder Einzelzimmern im Krankenhaus profitieren, sei in dem Zeitraum von 757.500 auf rund 820.000 gestiegen.
„Das Wachstum bei der betrieblichen Krankenzusatzversicherung zeigt die Bereitschaft der Arbeitgeber, sich für die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu engagieren“, erklärte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). „Es ist aber auch Ausdruck für den immer stärker werdenden Wettbewerb um Fachkräfte.“
In einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) nannten 56 Prozent der Unternehmen den Fachkräftemangel als größtes Gewinnrisiko. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, warnte bei der Vorstellung der Arbeitsmarktzahlen Anfang Januar, dass der Mangel an qualifizierten Beschäftigten „mittelfristig die echte Wachstumsbremse in Deutschland“ sei.
Die Nachfrage nach betrieblichen Krankenzusatzversicherungen wuchs zuletzt, obwohl die Wirtschaft eine steuerliche Benachteiligung beklagte. Die Finanzämter behandelten die Leistung in den vergangenen Jahren als ohne Freigrenze zu versteuernden Barlohn.
Der Bundesfinanzhof hatte im Sommer 2018 geurteilt, dass betriebliche Leistungen zugunsten der Gesundheit der Mitarbeiter den steuerbegünstigten Sachbezügen zugeordnet werden müssen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wollte ursprünglich dennoch an der bisherigen Regelung festhalten.
Betriebliche Zusatzversicherung bleibt steuerfrei
Die acht Spitzenorganisationen der deutschen Wirtschaft, darunter die BDA, der DIHK und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), schrieben daraufhin einen Protestbrief an Scholz. Darin kritisierten sie die generelle Herausnahme von Versicherungsleistungen aus dem Bereich der Sachzuwendungen dagegen als „nicht nachvollziehbar und sachlich unbegründet“. So werde eine bessere medizinische Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten steuerlich schlechter gestellt als vom Arbeitgeber ausgegebene Gutscheine für das Tanken oder den Einkauf in Elektronikmärkten.
Am Ende vollzog Scholz eine Kehrtwende, betriebliche Krankenzusatzversicherungen wurden im Jahressteuergesetz 2020 als Sachlohn eingestuft. „Durch die erfreuliche Klarstellung des Bundesfinanzhofs, dass betriebliche Krankenversicherungen steuerfrei vom Arbeitgeber bereitgestellt werden können, dürfte es zu einem weiteren Schub bei der Verbreitung kommen“, erwartet Kampeter.
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