Viele der jüngsten Empfehlungen zur deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik seitens der EU-Kommission ähneln denen der vorherigen Reformperiode. „Damit hat die schwarz-gelbe Regierung eine Ehrenrunde im Europäischen Semester gedreht und einen Reformstau verursacht“, sagte der Finanz- und Wirtschaftsexperte der Grünen, Sven Giegold, Handelsblatt Online.
Autor: Thomas Ludwig
Die Kommission ist der Meinung , „dass die öffentlichen Finanzen Deutschlands insgesamt solide sind und das mittelfristige Haushaltsziel erreicht worden ist. Das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel.“ Weiter so.
Bei der Umsetzung der in der Verfassung niedergelegten Regel des ausgeglichenen Haushalts („Schuldenbremse“) wurden nach Ansicht der Kommission seit der letztjährigen Empfehlung einige Fortschritte erzielt: „Allerdings scheinen in den meisten Bundesländern noch die spezifischen Durchführungsbestimmungen erforderlich zu sein, um eine wirksame Anwendung der Schuldenbremse im jährlichen Haushaltsverfahren sicherzustellen.“
Brüssel kritisiert, Deutschland schöpfe wachstumsfreundliche Einnahmequellen nicht in ausreichendem Maße aus: „Die Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes (von derzeit sieben Prozent) auf ein inzwischen recht breit gefächertes Spektrum von Waren und Dienstleistungen könnte eingeschränkt und die MwSt-Verwaltung geprüft werden, um die Effizienz, die Steuererhebung und die Betrugsbekämpfung zu verbessern.“
Was die öffentliche Auftragsvergabe anbelangt, ist der Wert der von den deutschen Behörden gemäß den EU-Vorschriften veröffentlichten Aufträge sehr gering.
Die Kommission empfiehlt der Bundesregierung daher, dass sie im Zeitraum 2013/2014 „dringend Maßnahmen ergreift, um den Wert der im öffentlichen Auftragswesen vergebenen Aufträge signifikant zu steigern.“
Die Effizienz bei der Verwendung der öffentlichen Ausgaben für Gesundheit und Pflege lässt nach Ansicht der Kommission zu wünschen übrig. Zwar gebe es Fortschritte. Diese seien aber begrenzt: „Die bisherigen Reformanstrengungen im Gesundheitssektor und die diesjährige Pflegereform scheinen nicht ausreichend, um die erwarteten künftigen Kostensteigerungen zu dämpfen.“
Die Kommission sieht Deutschland auf einem gutem Wege, das nationale Ziel für Bildungs- und Forschungsausgaben einzuhalten. Aber: „Deutschland sollte sich noch ehrgeizigere Folgeziele setzen, um mit den innovativsten Volkswirtschaften gleichzuziehen.“ Bei der Anhebung des Bildungsniveaus benachteiligter Menschen sei die Bundesrepublik voran gekommen. Doch alle Bundesländer sollten weiter ehrgeizig daran arbeiten, ein Schulsystem zu schaffen, das gleiche Chancen für alle bietet, fordert die Kommission.
Zufriedenheit klingt anders. „Deutschland hat keine Maßnahmen ergriffen, um die signifikanten Fehlanreize für Zweitverdiener abzuschaffen, und die Fortschritte beim Ausbau der Verfügbarkeit von Ganztagskindertagesstätten und -schulen bleiben begrenzt“, schreibt die Kommission der Bundesregierung ins Arbeitsheft.
Die politischen Maßnahmen zur Verringerung der hohen Steuer- und Abgabenlast für Geringverdiener und zur Verbesserung der Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt halten die Experten in Brüssel für begrenzt. „Deutschland sollte mehr tun, um die auf Niedriglöhne erhobenen hohen Steuern und Sozialabgaben zu verringern. Es sind weitere Anstrengungen notwendig, um die Umwandlung von bestimmten Beschäftigungsverhältnissen, z. B. Minijobs, in nachhaltigere Beschäftigungsformen zu verbessern und damit eine Segmentierung des Arbeitsmarkts zu vermeiden.“
Die Reallöhne liegen der Kommissionsanalyse zufolge unter dem Stand von 2000. Das habe zum strukturellen Rückgang der Arbeitslosenquote von acht Prozent auf 5,5 Prozent beigetragen. Zuletzt aber habe bei den Reallöhnen ein dynamisches Wachstum eingesetzt, ohne dass die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt würde. Gleichzeitig aber wächst die Schere bei den Einkommen: „Die Lohndisparitäten haben zugenommen“, schreibt die EU-Kommission.
Hier sieht Brüssel enormen Handlungsbedarf. „Deutschland strebt an, die gesamtwirtschaftlichen Kosten des Umbaus des Energiesystems so gering wie möglich zu halten. Bislang hat dies keine greifbaren Ergebnisse gezeitigt und nach wie vor bestehen größere Risiken und potenzielle Ineffizienzen. Die Koordinierung seiner nationalen Energiepolitik mit den Energiepolitiken der Nachbarländer ist unzureichend.“
Der Regulierungs- und Aufsichtsrahmen wurde gestärkt. Brüssel würdigt das als „signifikante Anpassungen“. Die Entscheidungen der Kommission über staatliche Beihilfen, unter anderem der WestLB, hätten die Umstrukturierung der Landesbanken weiter vorangetrieben. „Nach wie vor scheinen jedoch einer marktgetriebenen Konsolidierung im Bankensektor Governance-Hindernisse entgegenzustehen, die die Gesamteffizienz des Finanzsektors beeinträchtigen.“
In diesem Sektor hat sich die Situation seit dem vergangenen Jahr nicht signifikant verändert. Im Hinblick auf den Zugang zu bestimmten Berufen und deren Ausübung gibt es nach wie vor zahlreiche Beschränkungen. Rat der Kommission: „Deutschland sollte stärker an der Öffnung des Dienstleistungssektors arbeiten, indem ungerechtfertigte Beschränkungen und Marktzutrittsschranken abgeschafft werden, was das Preisniveau senken und Dienstleistungen für die unteren Einkommensgruppen bezahlbarer machen wird.“
Viele freiberufliche Dienstleistungen unterliegen Anforderungen an die Rechtsform und in Bezug auf die Gesellschafter. Deshalb fordert die Kommission Deutschland dazu auf, zu prüfen, ob sich die gleichen im öffentlichen Interesse liegenden Ziele nicht durch eine weniger strikte Reglementierung erreichen ließen: „Die verschiedenen Regelungen auf Länderebene weisen ebenfalls darauf hin, dass Spielraum für weitere Anstrengungen besteht, um die mit dem geringsten Aufwand verbundenen regulatorischen Ansätze zu ermitteln und deren Anwendung bundesweit auszudehnen und auf diese Weise den Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu verringern.“
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Bei 50% Reduktion sind das immer noch 50% zu viel. Gibt es einen Grund, warum
Brüssel unerlässlich sein sollte? Die Schweiz, Island und viele andere Länder regeln ihre Dinge selbständig. Soviel ich weiß, sind alle noch am Leben, den Bürgern geht es gut und es tobt auch kein Krieg in diesen Ländern.
Prof. Schachschneider hat Recht, Detuschlad braucht ganz dringend eine Revolution.
Soweit ich weiß, liebäugelt er ja auch mit der AfD, wenn er nicht sogar schon Mitglied ist.
Ich wünsche ihm dann, dass sein Traum in Erfüllung geht!
Wie soll denn eine Grosse Koalition zustande kommen, bei 22 % fuer die CDU und 14 % fuer die SPD ?
Warten wir einmal den Wahltag ab. Es wird ausgezählt, bis es passt!
Zeitzeuge, stimmt, was Sie sagen. Doch nun ändert sich das!
Merkel: Banken-Rettung in Frankreich künftig mit deutschem Steuergeld
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/
Vorher von den Deutschen widerrechtlich abgezogen,
und nach der Wahl vergessen!
Hier glaubt doch wohl niemand, dass auch nur ein einziger Punkt, der Deutsche entlasten könnte, ganz gleich wo, auch umgesetzt wird?
@ Dilling
Zitat : dass ich vermute in Ihnen einen verwandten Geist entdeckt zu haben
- Willkommen im Club ! :-)
Lieber Vicario. Sie sprechen mir Fantasie zu, dafür möchte ich mich recht herzlich bedanken. Umso mehr erfreut es mich jedoch, dass ich vermute in Ihnen einen verwandten Geist entdeckt zu haben, denn anders lassen sich ihre Fantasiezahlen zur CDU und SPD nicht erklären.
Wer ist Merkel?
EU - never heard of it!
Hat HB Journalismus keine Themen,nur Füller?
@ Dilling
Zitat : Der schlimmste anzunehmende Fall für die amtierende Bundeskanzlerin wäre eine große Koalition, was Dramatischeres wird ihr wohl kaum blühen.
- Dieser schlimmste Fall existiert nur in Ihrer Fantasie !
Wie soll denn eine Grosse Koalition zustande kommen, bei 22 % fuer die CDU und 14 % fuer die SPD ?
Oder glauben Sie immer noch den Umfragen der „BESTELLTEN MEINUNGSFORSCHER, wie EMNID oder FORSA „ ?
Die CDU hat doch vor den Alternativen so die Hosen voll, dass sie anfaengt Wahlgeschenke zu verteilen....und das 4 Monate vor der Wahl !
Dann Sind Sie das Dramatische selbst !
Der schlimmste anzunehmende Fall für die amtierende Bundeskanzlerin wäre eine große Koalition, was Dramatischeres wird ihr wohl kaum blühen. Oder müssen wir mittlerweile davon ausgehen das dem selbsternannten neuen Heilsbringer AfD hier eine tragende Rolle zukommen soll? Ich denke eine tragische trifft es dann eher. Die Erwartungshaltung an die AfD sind mittlerweile so hoch geschraubt worden, das sie im Grunde nur noch verlieren kann, und das ist in der Tat das eigentlich tragische an diesem Fall.