Wirtschaftsforschung Überraschender Wechsel: IfW-Chef Felbermayr geht an das Wiener Wirtschaftsinstitut

Der Österreicher hat das IfW aus seinem Dornröschenschlaf wachgeküsst.
Berlin Seit gerade mal zwei Jahren ist Gabriel Felbermayr an der Förde, und schon ist er wieder weg. Am Dienstag gab der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) bekannt, seinen bis 2024 laufenden Vertrag vorzeitig aufzulösen. Felbermayr, gebürtiger Österreicher, wechselt zum 1. Oktober in seine Heimat, ans Wiener Wirtschaftsinstitut Wifo.
Schon seit Wochen hieß es, Felbermayr verhandle mit Wien. Dennoch ist der Wechsel des Topökonomen für viele eine Überraschung. Zum einen ist das Wifo ein spezielles Institut. Es gilt als das „österreichische DIW“, linksliberal und chaotisch in der Struktur, in das der machtbewusste und eher ordnungspolitisch tickende Felbermayr nicht auf Anhieb reinpasst. Vor allem aber hinterlässt sein Abgang am IfW eine riesige Lücke, die das Institut mit Felbermayrs Berufung eigentlich gerade erst geschlossen hatte.
Das IfW galt lange Zeit als das führende Wirtschaftsinstitut in Deutschland. Dann allerdings ist es unter Leitung von Dennis Snower im vergangenen Jahrzehnt in einen Dornröschenschlaf gefallen. Felbermayr hat es daraus wieder wachgeküsst, als er vor zwei Jahren die Leitung übernahm.
Der 45-Jährige kann scharf formulieren und fordert sich und den eigenen Leuten einiges ab. Zugleich positionierte er sich in der öffentlichen Debatte ordnungspolitisch, ohne dabei verbohrt zu sein.
Am Wifo ist nicht nur alles eine Nummer kleiner als am IfW, das Institut tickt auch anders. Die Hierarchien sind flach, es gibt keine festen Abteilungsleiter, sie rotieren genauso wie der stellvertretende Institutschef. „Aber Gabriel ist eher der McKinsey-Typ. Ob er da reinpasst?“, sagt ein Ökonom, der gut mit Felbermayr kann. Denkbar sei, dass Felbermayr weitreichende Bedingungen für seinen Wechsel ausverhandelt habe.
Ein möglicher Nachfolger: Moritz Schularick
Felbermayr sagte zu seiner Entscheidung lediglich, dass neben beruflichen „auch familiäre Gründe eine Rolle gespielt haben“. Er und seine Familie lieben die Berge, und die sind von Kiel ziemlich weit weg. Und seine französische Ehefrau ist in Wien auch näher an ihrer Heimat.
In Österreich hat die Stimme eines Institutsleiters zudem noch mehr Gewicht. Und die Türen zwischen Wissenschaft und Politik sind offener. So wurde kürzlich der Chef des Wirtschaftsinstituts IHS zum Arbeitsminister berufen.
Am IfW beginnt nun – schon wieder – die Suche nach einem neuen Präsidenten. Ein heißer Anwärter ist der Bonner Ökonom Moritz Schularick, der schon vor zwei Jahren im Rennen um das Präsidentenamt am IfW war.
Vom Profil her passen würde auch der Düsseldorfer Ökonom Jens Südekum, der sich wie Felbermayr mit Handelsthemen beschäftigt. Ebenfalls genannt werden Ifo-Ökonom Andreas Peichl und IfW-Eigengewächs Christoph Trebesch. Die Frage ist allerdings, ob die Genannten wollen.
In der Vergangenheit hatten sich Institute immer wieder Absagen gerade von jüngeren Ökonomen eingehandelt. Viele von ihnen wollen lieber unabhängig forschen, anstatt als Institutschef Klinken zu putzen und Personal zu führen. „Was habe ich davon, außer mehr Stress?“, sagt einer.
Keine große Auswahl an Ökonominnen
Und die Frage ist auch, ob nicht erstmalig eine Frau die Leitung eines der großen Wirtschaftsinstitute übernehmen muss. Schon vor zwei Jahren hatte das Bundeswirtschaftsministerium – der Bund finanziert das IfW mit – versucht, die Verhaltensökonomin Bettina Rockenbach als IfW-Chefin durchzusetzen.
Doch die Auswahl an Ökonominnen ist nicht gerade groß. Genannt werden daher schnell die üblichen Verdächtigen: die Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer und Veronika Grimm sowie Bundesbank-Vorständin Claudia Buch. Inhaltlich perfekt passen würde Lisandra Flach, die Felbermayr nach dessen Wechsel nach Kiel am Münchener Ifo-Institut als Handelsexpertin nachfolgte. Allerdings ist sie dort erst seit einem Jahr.
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