WSI-Report Studie belegt „deutliche Ungleichheit zwischen Frauen und Männern“ auf dem Arbeitsmarkt

Der Bericht weist auf eine Lohnlücke zwischen Männern und Frauen hin und in der Folge auf „gravierende Differenzen bei der Absicherung im Alter“.
Berlin Fortschritte ja, aber noch keine Einheit im Job: So lässt sich 30 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 der Stand der Gleichstellung in Ost- und Westdeutschland beschreiben. Zumindest ist das der Befund eines neuen Reports, den das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung vorgelegt hat.
Demnach haben sich die beiden kulturell vormals stark unterschiedlichen Teile Deutschlands seit der Wiedervereinigung teilweise deutlich angeglichen. Mit Blick auf Bildung, Erwerbsarbeit, Einkommen, Arbeitszeit, Kinderbetreuung und Partizipation weisen die Daten jedoch „auf eine deutliche Ungleichheit zwischen Frauen und Männern“ hin – in der Regel zulasten der Frauen.
Untersucht wurden insgesamt 27 Indikatoren, wie die Erwerbsbeteiligung: Zwar können Frauen in beiden Landesteilen bei schulischer und beruflicher Qualifikation weitgehend mit den Männern gleichziehen. Dennoch lag die Erwerbstätigenquote westdeutscher Frauen 2018 um gut acht Prozentpunkte unter der von westdeutschen Männern, also bei 71,6 Prozent. Bei ostdeutschen Frauen lag sie um gut vier Prozentpunkte unter der von ostdeutschen Männern, also bei 73,9 Prozent.
Zwar ist die Differenz zwischen Mann und Frau damit in Ost- und Westdeutschland weniger groß als noch 1991. Allerdings beruht diese Entwicklung laut Studie vor allem auf mehr weiblicher Teilzeitarbeit. Aktuell arbeitet demnach knapp die Hälfe der westdeutschen Frauen in Teilzeit. In Ostdeutschland sind es 34,7 Prozent.
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Der Umfang der Erwerbsarbeit hängt nach der WSI-Analyse auch mit dem unterschiedlichen Angebot an Kinderbetreuung zusammen, also der Infrastruktur, „die am besten der Staat gestaltet – durch verbindliche Regeln und Investitionen“, wie Studienautorin Aline Zucco schreibt. Wer nur auf einen „Kulturwandel“ vertraue, komme nur langsam voran. Und sehr gut ausgebildete Frauen seien gezwungen, unter ihren Möglichkeiten zu bleiben.
Gravierende Lücken
Interessant ist, dass es ähnliche geschlechtsspezifische Präferenzen bei der Berufswahl in Ost und West gibt: Da sind die „typisch weiblichen“ Dienstleistungsberufe, etwa in Handel, Erziehung oder im Pflege- und Gesundheitsbereich, und besser bezahlte technische Berufe, in denen Männer dominieren.
So weist der Bericht denn auch auf eine Lohnlücke und in der Folge auf „gravierende Differenzen bei der Absicherung im Alter“ zwischen Männern und Frauen durch geringere Arbeitszeiten und Karrieremöglichkeiten hin. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen ist im Osten indes spürbar höher als im Westen.
Als „politische Forderungen“ nennt die Studie die Einführung einer Frauenquote für Vorstände und die Ausweitung der Frauenquote für Aufsichtsräte. Die WSI-Experten plädieren außerdem dafür, das Ehegattensplitting abzuschaffen, weil es ökonomische Fehlanreize für Ehefrauen setze.
Für Männer müsse es stärkere Anreize geben, Sorgearbeit zu übernehmen. Deutschland solle zudem von einer „Vollzeit- und Überstundenkultur“ abkehren und die Kinderbetreuung ausbauen. Frauendominierte Berufe im Sozial-, Erziehungs- und Gesundheitsbereich müssten finanziell aufgewertet werden, um diese für beide Geschlechter attraktiver zu machen.
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Die Ungleichheit ist im Codex iuris canocus klar definiert. Eh vive la difference!