20 Jahre Putin in Russland Von Krim bis Nord Stream 2 – So will Russlands Präsident sein Image aufpolieren

Vladimir Putin während seiner Pressekonferenz zum Jahresende.
Berlin Die Machtdemonstration hätte größer kaum sein können. Zum Wochenanfang hat Russlands Staatschef Wladimir Putin eine Zugstrecke auf Europas längster Brücke freigegeben. Und die führt – 19 Kilometer lang – von der russischen Stadt Kertsch auf die 2014 annektierte ukrainische Halbinsel Krim.
Höchstpersönlich trat der Präsident die Jungfernfahrt am Montag an – vom Führerstand aus und Tee trinkend mit Ingenieuren im Bordbistro. Die EU ihrerseits hatte den Bau wiederholt als völkerrechtswidrig verurteilt. Kiew stellte nach der Fahrt Strafanzeige wegen illegaler Grenzverletzung.
Putin als Lokomotivführer: Mit solchen Bildern will der Präsident – 20 Jahre nachdem er die Macht in Russland übernommen hat – zurück in die Herzen seiner Landsleute finden. Die Russische Föderation, so der Präsident, habe mit der gut drei Milliarden Euro teuren Kertsch-Brücke bewiesen, „dass wir in der Lage sind, Infrastrukturprojekte auf Weltniveau umzusetzen“.
Gleich nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im März 2014 verbuchte Putin Rekordumfragewerte, im März 2018 holte er zu seiner vierten Amtszeit als Staatschef mit 76,6 Prozent der Stimmen so viele wie nie. Seither sind seine Zustimmungsraten ähnlich schnell gefallen wie die Reallöhne in Russland.
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Um dem entgegenzuwirken, strotzt der 67-Jährige derzeit vor Kraft – sei es bei der Megabrücke in Kertsch, der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 oder im Umgang mit Oppositionellen. Bei einer Razzia am Donnerstag soll der Regierungskritiker Alexej Nawalny von maskierten Einsatzkräften abgeführt worden sein. Das teilte Nawalny mit entsprechenden Bildern via Social Media mit.
Nord Stream 2 wird zu Putins entscheidender Prüfung
Doch das sind höchstens Scharmützel für Putin. Seine größte geopolitische Herausforderung ist der Streit mit den USA wegen Nord Stream 2. Nonchalant hat er bisher die Folgen westlicher Sanktionen heruntergespielt, während es wirtschaftlich real herunterging. Die jüngsten US-Sanktionen und der damit verbundene Ausstieg einer Schweizer Firma könnten den Bau der russischen Ostsee-Pipeline jedoch stark verzögern.
Laut russischen Medienberichten hat Putin nun angeboten, das Megaprojekt mit einem russischen Spezialschiff zu Ende zu bringen. Das sind weitere mögliche Punkte auf dem Imagekonto des Präsidenten – auch wenn die einzigen zwei Schiffe die dafür infrage kommen, nur bedingt einsatzbereit sind. Eines lag zuletzt im Japanischen Meer, ein anderes ist nur für Arbeiten in Ufernähe und nicht in der Tiefe zu gebrauchen.
Auch 20 Jahre nach seinem ersten Wahlsieg hat Putin die Macht nicht aus der Hand gegeben: Premierminister, Präsident, Premier, Präsident – Putin ist inzwischen länger an der Macht als der gefühlt eine Ewigkeit herrschende KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew. Nur Stalin hatte sein Reich noch länger im Griff – insgesamt 31 Jahre.
Putins Ansehen in weiten Teilen Russlands rührt vor allem daher, dass er sein leidgeprüftes Volk aus den Wirren einer tiefen Wirtschaftskrise führte. Schockreformen, das inzwischen sprichwörtliche Chaos der Jelzin-Jahre, Rubel-Crash, Bankenkrisen und umfassende Oligarchen-Herrschaft hatten Millionen Russen verarmen lassen. Für einige ist Putin ein „lupenreiner Demokrat“ (Ex-Kanzler Gerhard Schröder), andere kritisieren ihn als Despoten.
Entsprechend durchwachsen ist Putins Bilanz: In Sachen Wachstum steht Russland mit Abstand am Ende aller osteuropäischen Länder. Das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche sah Russland zuletzt „am Rande einer Rezession“.
Denn, so Ex-Wirtschaftsminister Andrej Netschajew, „der Kreml scheint zu den notwendigen institutionellen und strukturellen Reformen nicht bereit zu sein“. Mehrwertsteuererhöhung, Heraufsetzung des Rentenalters und anhaltende Wirtschaftsmisere haben Putins Ansehen im Volk schrumpfen lassen. Inzwischen leben mit 21 Millionen wieder 14,3 Prozent der Russen unter der Armutsgrenze. Das lässt sich auch mit einer Zugfahrt nicht schönfärben.
Mehr: Kremlchef Putin will auf die US-Sanktionen gegen die Ostseepipeline Nord Stream 2 reagieren. Wie, ist noch unklar. Der Streit führt zu Problemen für alle Beteiligten.
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Die Infrastrukturen zur Verkehrsanbindung der Krim (die Autobahn ist schon seit einiger
Zeit im Betrieb) sind sehr positiv fuer die dortige Bevoelkerung. Andere wichtige Investitionen
wie die Gaskraftwerke laufen schon seit einiger Zeit und machen die Halbinsel immun
gegen die Sabotageakte der Ukraine. Das Verhaeltnis zur Ukraine hat sich bereits wesentlich gebessert und wird sich weiter normalisieren. Der Westen (nicht nur die USA) hat alles getan um die Wirtschaft Russlands zu schaedigen aber Russland ist trotzdem wieder auf einem guten Weg. Nordstream 2 wird vor dem naechsten Winter, wenn mehr Gas in Europa gebraucht wird, funktionsfaehig sein. Deutschland bedankt sich fuer die Sanktionen der USA mit der Finanzierung der Terminals fuer das wesentlich teurere und
umweltschaedigende Fracking-Gas.