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30 Jahre nach Tschernobyl Russlands strahlende Zukunft

Die Hälfte des ukrainischen Strombedarfs wird 30 Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl durch Atommeiler gedeckt, doch die Menschen trauen den alternden Kraftwerken nicht. Sorgen, die man in Russland nicht kennt. Im Gegenteil.
24.04.2016 - 08:00 Uhr
30 Jahre nach der Katastrophe in dem sowjetischen Atomkraftwerk setzt Russland voll auf Atomenergie. Quelle: dpa
Kernkraftwerk Tschernobyl

30 Jahre nach der Katastrophe in dem sowjetischen Atomkraftwerk setzt Russland voll auf Atomenergie.

(Foto: dpa)

Moskau Vor dem Kulturpalast im ukrainischen Prypjat wuchern Bäume und Sträucher durch den bröckligen Asphalt. Riesenrad und Karussells auf dem Rummelplatz rosten vor sich hin. Der Wind pfeift durch die Straßen. Ansonsten: Stille in der ukrainischen Geisterstadt.

Einst lebten in den Plattenbauten fast 50.000 zumeist junge Menschen. dann mussten sie Hals über Kopf die Stadt verlassen: Am 27. April 1986 wurde die gesamte Bevölkerung innerhalb von zwei Stunden evakuiert – 36 Stunden nach dem Kernreaktorunglück in Tschernobyl, rund vier Kilometer von der Stadt entfernt.

Seither erobert die Natur Prypjat Schritt für Schritt zurück. Wilde Przewalski-Pferde galoppieren häufiger durch die Stadt als Extremtouristen, die den besonderen Kick in der nach wie vor verstrahlten 30-Kilometer-Sperrzone suchen.

Die meisten Bewohner von Prypjat leben heute in Slawutytsch, einer vor 30 Jahren nach dem Reaktorunglück neugebauten Stadt keine 50 Kilometer weiter östlich am Dnepr-Ufer. Bis zum Jahr 2000 arbeiteten viele von ihnen weiterhin im Kernkraftwerk Tschernobyl, ehe es vor 15 Jahren endgültig stillgelegt wurde. Heute ist nur noch ein Bruchteil der einstigen Mannschaft mit Überwachungs- und Wartungsarbeiten beschäftigt.

Ein Käfig für die Bestie von Tschernobyl
Kernkraftwerk Tschernobyl
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Arbeiter bauen am 19. März 2015 an der neuen Schutzhülle für den 1986 explodierten Kraftwerksblock des Kernkraftwerks Tschernobyl in der Ukraine: Fast 30 Jahre nach der Atom-Katastrophe von Tschernobyl entsteht in der „Todeszone“ ein neuer Schutzmantel, ein sogenannter „Sarkophag“ für den explodierten Reaktor. Eigentlich hatte dieser 2015 fertig sein sollen – doch dann ging dem Tschernobyl-Fond das Geld aus. Auf einer Geberkonferenz unter deutscher Leitung trieben die G7-Staaten schließlich die nötigen Finanzmittel auf.

(Foto: dpa)
Teure Katastrophe
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Im Hintergrund ist der 1986 explodierte Kraftwerksblock zu sehen: Arbeiter stehen unter der neuen Schutzhülle des Kernkraftwerks Tschernobyl in der Ukraine. Das Mammutprojekt soll nun 2017 beendet sein. Die fortwährende Strahlung macht die massive Schutzkuppel auch 30 Jahre nach der Katastrophe notwendig.

(Foto: dpa)
Käfig aus Stahl
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Die Außenansichten auf die Stahl-Spezialkonstruktion. Die alte Betonhülle, nach der Katastrophe 1986 hastig über den havarierten Reaktor gegossen, ist porös und droht einzustürzen. Von innen zerfrisst die Strahlung den Beton, von außen setzen ihm Wind und Wetter zu. Der Bau des neuen Sarkophags ist daher auch ein Wettlauf mit der Zeit, sollte die Anlage vor seiner Fertigstellung einstürzen, könnte das katastrophale Folgen haben.

(Foto: Reuters)
Riesenprojekt
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Dabei ist auch die neue Schutzhülle nur ein Provisorium: Maximal 100 Jahre wird die Konstruktion halten können. Sie soll 108 Meter hoch, 162 Meter lang und 257 Meter breit werden – in der Fläche fast dreimal so groß wie der Petersdom.

(Foto: dpa)
Stopp, Radioaktivität!
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Am Ende steht dem Projekt dann noch ein gewaltiger Kraftakt empor – denn wegen der hohen Strahlenbelastung kann in unmittelbarer Nähe zum Reaktor gar nicht gearbeitet werden. Der 31.000 Tonnen schwere Bau muss deshalb nach seiner Fertigstellung erst noch über die Reaktorruine geschoben werden.

(Foto: Reuters)
Lenin bleibt
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Ein bröckelndes Lenin-Standbild in der Todesszone von Tschernobyl: Die Geisterstadt Prypjat bildet das Zentrum des Sperrgebiets und hat wieder neue Besucher. In der Stadt wurden viele Gebäude renoviert, die als Unterkünfte für Soldaten, Polizisten und Feuerwehrleute dienen.

(Foto: AFP)
Verlassenes Klassenzimmer
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Ein verlassenes Klassenzimmer in einer Schule der ehemaligen Fabrikarbeiterstadt Orevichi in der sogenannten Todeszone von Tschernobyl: Die verlassenen Gebäude sind ein radioaktives Mahnmal gegen die Gefahren der Atomkraft. Doch es gibt auch Anzeichen des Wandels...

(Foto: AFP)

Doch Tschernobyl ist nicht das einzige Atomkraftwerk (AKW) in der Ukraine: Aktuell werden von der staatlichen Energoatom vier AKW mit einer Gesamtleistung von über 13.000 Megawatt betrieben. Damit tragen die Kernkraftwerke rund 50 Prozent zur Stromversorgung des Landes bei. Alle Kraftwerke stammen noch aus sowjetischer Zeit, allerdings wurden nach einem 1990 vom ukrainischen Parlament verhängten Moratorium später weitere Blöcke fertiggestellt – auch mit Hilfe der EU.

Besonders groß ist das Vertrauen der Ukrainer in die Sicherheit der Anlagen nicht. 2011, als es in Japan zur Nuklearkatastrophe von Fukushima kam, erklärten in einer Umfrage 65 Prozent der Ukrainer, dass die heimischen Reaktoren nicht sicher seien. 2014 erhielt Energoatom von der EU 600 Millionen Euro für die Erhöhung der Sicherheit seiner Kraftwerke.

Und doch geriet auch jüngst wieder ein ukrainisches AKW nach einem Störfall in die Schlagzeilen. Nach einem Kurzschluss in der Transformatoranlage des AKW Saporoschje musste ein Block plötzlich heruntergefahren werden. Strahlung trat dabei glücklicherweise nicht aus, allerdings führte die Abschaltung zu einem Blackout in größeren Landesteilen.

Aufgrund der wirtschaftlichen Probleme will die ukrainische Regierung die Laufzeiten der bestehenden Reaktoren verlängern. Alle Pläne für den Neubau von AKW sind hingegen eingefroren, auch wegen der Spannungen mit Russland, die als Partner bei mehreren Projekten galten.

Putin will 28 neue Atomreaktoren
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