Abgabe auf Aktien und Derivate Österreich stemmt sich gegen Portugals Pläne für eine Finanztransaktionssteuer in der EU

Der österreichische Finanzminister spricht sich gegen den Vorschlag Lissabons aus.
Brüssel Österreich lehnt die Initiative der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer für Aktien und Derivate ab. „Schlechte Ideen werden auch durch ständige Wiederholung nicht besser“, sagte der österreichische Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) dem Handelsblatt. „Wir wollen Spekulation und Hochrisikogeschäfte besteuern, nicht die Realwirtschaft schwächen.“
Der neue Vorstoß bringe nur den zwei Jahre alten, gescheiterten Vorschlag von Deutschland und Frankreich wieder auf den Tisch, sagte der Vertraute von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Aus österreichischer Sicht soll vor dem Hintergrund des Brexits und der damit verbundenen Konkurrenz des Finanzplatzes London der Kapitalmarkt in Europa nicht durch eine Finanztransaktionssteuer geschwächt werden.
Die Finanztransaktionssteuer ist in der EU seit Jahren heftig umstritten. Vor wenigen Tagen hat die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft den Versuch unternommen, die Finanztransaktionssteuer in der Staatengemeinschaft doch noch schrittweise einzuführen.
Sie will die bereits existierenden Finanztransaktionssteuern aus Frankreich und Italien kombinieren. Wörtlich heißt es in der Vorlage für den Rat für Wirtschaft und Finanzen (Ecofin): „Die französischen und italienischen Erfahrungen sind besonders paradigmatisch. Sowohl Frankreich als auch Italien haben sich auf die Besteuerung von Aktientransaktionen konzentriert (im Falle Italiens auch auf Transaktionen mit Aktienderivaten).“
Österreich ist nun eines der ersten Länder, die sich zu Portugals Vorschlag äußern, der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Staatengemeinschaft steht noch ganz am Anfang.
Realwirtschaft könnte laut Blümel schlechter gestellt werden
Österreich fürchtet durch eine derartige Finanztransaktionssteuer eine Beschädigung der Wirtschaft, die sich durch die Pandemie ohnehin in einer tiefen Krise befindet. „Die grundlegende Idee, unmoralische Finanzspekulationen zu begrenzen, ist richtig. Vom guten Plan ist leider nur ein Vorschlag übrig geblieben, der nur die Realwirtschaft schlechter stellt. Gerade die werden wir nach dem Ende der Krise umso mehr brauchen. Deshalb können wir dem Plan so nicht zustimmen“, sagte Blümel dem Handelsblatt.
Aufgrund des engen Anwendungsbereichs auf Aktien unterstütze die österreichische Regierung den Plan nicht. Den Österreichern fehlt beispielsweise die Besteuerung des Hochfrequenzhandels, denn der Intraday-Handel, also der Handel von Wertpapieren innerhalb eines Tages, ist in dem Vorschlag nicht enthalten.
In Italien fällt seit 2013 eine Finanztransaktionssteuer beim Kauf von Aktien und ähnlichen Wertpapieren an. Sie beinhaltet auch die Besteuerung von Transaktionen mit Derivaten, wenn die Basiswerte eines Derivats steuerpflichtige italienische Aktien sind.
Die französische Finanztransaktionssteuer wurde bereits vor neun Jahren eingeführt. Die Steuer wird auf den Kauf von Aktien oder ähnlichen Wertpapieren von Unternehmen in Frankreich erhoben, deren Aktien an einem geregelten Markt in Frankreich gehandelt werden.
Zudem muss die Marktkapitalisierung des Unternehmens mindestens eine Milliarde Euro betragen. Seit 2017 beträgt der Steuersatz beim Kauf 0,3 Prozent. Frankreich erhebt außerdem eine Steuer von 0,01 Prozent auf bestimmte Transaktionen im Hochfrequenzhandel, dabei handelt es sich um eine Sonderform des automatisierten Handels.
Wien fürchtet Schaden für Kleinanleger
Gerade die Coronakrise habe gezeigt, dass Eigenkapitalfinanzierung gestärkt und nicht gegenüber Fremdkapitalfinanzierung benachteiligt sein sollte, meint Blümel. Die Regierung in Wien fürchtet, dass der neue Vorschlag neben der Wirtschaft auch die Kleinanleger schädigt. „Gerade der österreichische Finanzmarkt wäre dadurch benachteiligt, und Emissionen würden stattdessen in anderen Ländern passieren“, fürchtet Blümel. In Österreich ist die Aktienquote im europäischen Vergleich traditionell sehr niedrig.
Blümel fordert eine umfassende Finanztransaktionssteuer. Neben Aktien und Derivaten sollen seiner Vorstellung nach auch Anleihen besteuert werden. „Wir sollten zum Ursprungsvorschlag der EU-Kommission zurückkehren. Darin geht es darum, Hochfrequenzhandel, Derivatgeschäfte und das Intraday-Trading zu erfassen und zu besteuern“, sagte Blümel.
Das ursprüngliche Ziel der Steuer war es, unethische Finanzspekulationen nach der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 zu stoppen. „So eine umfassende Finanztransaktionssteuer mit einer breiten Bemessungsgrundlage könnte zu einer gerechteren Besteuerung beitragen und eventuell der Entkoppelung der Finanzwirtschaft von der Realwirtschaft entgegenwirken“, so Blümel.
Brüsseler Vorstoß scheiterte
Der österreichische Finanzminister fordert daher zudem eine Finanztransaktionssteuer, die nicht nur die EU betrifft. „Ein geografisch breiter Ansatz – global oder zumindest mit möglichst vielen teilnehmenden Staaten – wäre wünschenswert, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden“, sagte Blümel.
Auch im Europaparlament kommt der Vorschlag Lissabons schlecht an. „Das französische Modell ist die denkbar schlechteste Blaupause für eine europäische Finanztransaktionssteuer, denn sie trifft ausschließlich europäische Unternehmen und klammert Hochfrequenzhändler aus“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Europäischen Volkspartei (EVP), Markus Ferber, zuletzt. „Mit dem portugiesischen Ansatz einer Finanztransaktionssteuer wird der Kleinsparer zur Kasse gebeten, aber nicht die Verursacher der Finanzkrise vor zwölf Jahren“, warnt der Europaabgeordnete.
Bereits vor zehn Jahren legte die EU-Kommission ihren ersten Vorschlag zur Finanztransaktionssteuer vor – und scheiterte damit. 2018 ging Bundesfinanzminister Olaf Scholz mit einem Kompromissvorschlag auf EU-Ebene in die Offensive. „Jetzt bin ich der zuständige Minister, und jetzt wird es auch was werden“, sagte der SPD-Politiker damals.
Im vergangenen Jahr musste Scholz schließlich seine Niederlage eingestehen. Der Widerstand etlicher Mitgliedstaaten, insbesondere Österreichs, war schlichtweg zu groß.
Mehr: EU will Konzernen das Verschieben von Gewinnen in Steueroasen erschweren
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Seltsamer Beitrag !
Daß ein Finanzminister die seit ung. 2009 bestehende ABGELTUNGSSTEUER mit keiner Silbe erwähnt, leuchtet ein, denn diese ist beträchtlich. Aber im ganzen Beitrag keine Silbe darüber ?
Was soll man von Politikern halten, die nach außen vortäuschen, alles für die Wirtschaft tun zu wollen, aber hinterrücks Aktionäre besteuern, also die Leute, die der Wirtschaft das Geld geben ? ( logischerweise nicht umsonst )
Aber so eine Politik funktioniert gut ! Das breite Volk, das in der Schule null Finanzausbildung erhält, kapiert eh´nichts ( siehe Brexit ). Und umständlich daher " gendern " ist natürlich auch wichtiger, als Impfstoffe ausreichend zu bestellen, damit der Lockdown der Wirtschaft möglichst kurz ist.
Da fällt mir gerade ein:
Macht doch eine Transaktionssteuer auf Außer-EU/USA Unternehmen wie Apple, Tesla, Facebook und natürlich Microsoft und alle anderen, die ihre EU Gewinne nicht brav abführen. Wäre dies eine Diskriminierung?
NEIN: Die amerikanischen Gesetze diskriminieren Nicht-USA-Unternehmen, Kleinanleger dürfen nur USA Aktien kaufen und nur darüber informiert werden.
@Herr Lothar Bitschnau:
Ich bin absolut Ihrer Meinung.
Zudem ist eine Steuerharmonisierung in der EU deutlich wichtiger. Unternehmen wie Amazon, Apple und Facebook zahlen auf ihre Gewinne quasi keine Steuern. Luxemburg, Irland und andere kleine Steueroasen machen es möglich.
Dagegen schadet eine Transaktionssteuer dem Aktienhandel, so dass die Märkte weniger liquide werden und gerade die Kleinanleger sich nicht mehr an "ihr Unternehmen" beteiligen. In USA dürfen nur USA Aktien gekauft werden und es gibt keine Transaktionssteuer und weniger Steuervermeidungsmöglichkeiten - da funktioniert der Aktienmarkt deutlich besser.
Aktienkultur
Was die Kleinanleger schwächt, ist die Abgeltungssteuer od. Kapitalertragssteuer. Eine Investition mit versteuertem Geld wird bei Wertsteigerung wieder versteuert.
Eine Finanztransaktionssteuer für Aktien und Derivate wäre aber sinnvoll, wenn zum Ausgleich die Abgeltungssteuer reduziert würde.
Die Finanztransaktionssteuer würde den vollkommen unnützen und für Kleinanleger nachteiligen Hochfrequenzhandel reduzieren, als auch die hohe Volatilität und Kursmanipulationen.
So sind beim Grundstückhandel die Transaktionskosten der stabilisierende Faktor.
Als Aktionär ist mir die Unternehmensbeteiligung wichtig, das Geld ist in schaffende, wohlstandserhaltende Unternehmen investiert. Die Partizipation an der Unternehmensentwicklung, der Wertsteigerung und Gewinnausschüttung entsprechen einem Einkommen und dienen der Altersvorsorge.
Das funktioniert aber nicht, wenn der Aktienmarkt zu einem Spielcasino verkommt.