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Afghanistan Biden muss sich viel Kritik am Truppenabzug gefallen lassen – auch aus den eigenen Reihen

Der US-Präsident setzt darauf, dass die Mehrheit der kriegsmüden Amerikaner den Krieg am Hindukusch satthat. Doch selbst innerhalb der Regierung ist sein Vorgehen umstritten.
16.08.2021 - 17:30 Uhr 1 Kommentar
Der US-Präsident kehrt früher als geplant von seinem Landsitz ins Weiße Haus zurück. Quelle: AP
Joe Biden in Camp David

Der US-Präsident kehrt früher als geplant von seinem Landsitz ins Weiße Haus zurück.

(Foto: AP)

Berlin Dass Joe Bidens Erfolgsserie irgendwann zu Ende gehen würde, war klar. Dass es den US-Präsidenten ausgerechnet in der Außenpolitik erwischen würde, ist eine große Überraschung. Nicht nur, weil die chaotischen Bilder vom Internationalen Flughafen in Kabul fatal an die Flucht der US-Marines 1975 aus dem vietnamesischen Saigon erinnern. Wichtiger und für Biden politisch gefährlicher ist, dass Afghanistan erneut zu einer Brutstätte des islamistischen Terrors werden könnte.

General Mark Milley, der Vorsitzende der Joint Chiefs of Staff, revidierte frühere Einschätzungen seiner Experten über das Tempo, mit dem sich terroristische Gruppen in Afghanistan neu formieren könnten. Aufgrund der sich entwickelnden Situation glaubten Beamte, dass Terrorgruppen wie al-Qaida möglicherweise dort viel schneller wachsen können als erwartet, berichtet die Nachrichtenagentur AP und beruft sich dabei auf Insider.

Die Opposition, die sich bislang mehr schlecht als recht abgemüht hatte, Biden innenpolitisch das Leben schwerzumachen, nutzte die Gunst der Stunde: „Der von der Regierung verpfuschte Abzug aus Afghanistan, einschließlich der hektischen Evakuierung von Amerikanern und gefährdeten Afghanen aus Kabul, ist ein beschämendes Versagen der amerikanischen Führung“, sagte der republikanische Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell.

Selbst innerhalb der Biden-Regierung ist das Vorgehen des Präsidenten umstritten. Neben Generalstabschef Milley haben auch General Frank McKenzie, Befehlshaber der US-Truppen im Mittleren Osten, und General Austin Scott Miller, ehemaliger Chef der Nato-Truppen in Afghanistan, vor einem überhasteten Rückzug aus dem Land gewarnt.

Biden schlug die Warnungen in den Wind: „Die Entscheidung steht noch aus, aber die Wahrscheinlichkeit, dass die Taliban alles übernehmen und das ganze Land beherrschen, ist höchst unwahrscheinlich“, sagte er noch Anfang Juli.

Dahinter steht ein politisches Kalkül: Biden setzte darauf, dass die kriegsmüden Amerikaner den längsten Krieg ihres Landes satthaben und seine Entscheidung mittragen. Tatsächlich befürwortete nach einer Meinungsumfrage des amerikanischen TV-Senders ABC aus dem Juli eine Mehrheit von 55 Prozent der US-Bürger die Abzugspläne des Präsidenten.

Öffentlichkeit den USA steht hinter dem Truppenabzug

Ob das so bleibt, ist angesichts der beschämenden Bilder aus Kabul fraglich. „Wir haben gesehen, dass die afghanischen Streitkräfte nicht in der Lage waren, das Land zu verteidigen, und das geschah schneller, als wir erwartet hatten“, sagte Außenminister Antony Blinken. Biden selbst ließ sich auf seinem Landsitz Camp David über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Am Abend will Biden zur Lage in Afghanistan in einer Fernsehansprache Stellung beziehen.

Dass er seine Entscheidung, die verbliebenen 2500 US-Soldaten aus dem Land abzuziehen, angesichts der in die Hauptstadt Kabul vorgerückten Taliban wieder rückgängig machen musste und nunmehr rund 6000 amerikanische Militärs die Botschaft und den Flughafen sichern müssen, wird ihm selbst von ihm wohlgesinnten Diplomaten wie dem ehemaligen US-Botschafter in Afghanistan, Ryan Crocker, als schwerer Fehler angekreidet.

Biden gehört seit Langem zu den Skeptikern einer militärischen Präsenz Amerikas in Afghanistan. Als Vizepräsident unter Barack Obama wandte er sich gegen dessen Entscheidung, die Truppenpräsenz deutlich zu verstärken. Obama änderte später seine Meinung und versprach wie sein Nachfolger Donald Trump, die Soldaten heimzuholen.

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Trump begann Verhandlungen mit den Taliban in Doha. Im Februar 2020 einigten sich die Amerikaner und ihre Nato-Verbündeten mit den Taliban, alle Truppen bis Mai dieses Jahres aus dem Land abzuziehen. Im Gegenzug versprachen die Gotteskrieger unter anderem, Terrorgruppen wie al-Qaida keinen Unterschlupf mehr zu gewähren. Trump forcierte daraufhin den Abzug noch einmal.

Obwohl ihn seine Militärs vor den Risiken warnten, weigerte sich Biden, die Deadline für den Truppenabzug weiter hinauszuzögern. „Ein weiteres Jahr oder fünf weitere Jahre US-Militärpräsenz hätten keinen Unterschied gemacht, wenn das afghanische Militär sein eigenes Land nicht halten kann oder will“, begründete Biden seine Entscheidung. „Und eine endlose amerikanische Präsenz inmitten eines Bürgerkriegs in einem anderen Land war für mich nicht akzeptabel.“

Mehr: Alle Entwicklungen in der Afghanistan-Krise können Sie in unserem Newsblog verfolgen.

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1 Kommentar zu "Afghanistan: Biden muss sich viel Kritik am Truppenabzug gefallen lassen – auch aus den eigenen Reihen"

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  • In 10 Jahren vielleicht kann man erkennen, ob der Abzug richtig war. Gegen Terror-Organisationen, die sich vielleicht wieder bilden werden, geht man am besten polizeilich vor, d.h. alles was an Männern aus diesem Raum in den Westen kommt, muss stärker überwacht werden. Und schon bei kleinsten Vergehen, robust ausweisen und ausschaffen. Die Polizei in Europa ist bei weitem nicht so teuer wie eine kämpfende Armee im Hindukusch.

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