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Afghanistan EU diskutiert über schnelle Eingreiftruppe – Taliban wollen neue Regierung vorstellen

Die Staatengemeinschaft will nach dem Afghanistan-Desaster militärisch unabhängiger von den USA werden. In Kabul sollen in Kürze die neuen Ministerposten verkündet werden.
02.09.2021 Update: 02.09.2021 - 10:45 Uhr Kommentieren
Die Notwendigkeit zusätzlicher europäischer Verteidigungsfähigkeiten ist laut dem EU-Außenbeauftragten nie so deutlich gewesen wie heute. Quelle: AP
Josep Borrell

Die Notwendigkeit zusätzlicher europäischer Verteidigungsfähigkeiten ist laut dem EU-Außenbeauftragten nie so deutlich gewesen wie heute.

(Foto: AP)

Kabul, Kranj Die militärische Abhängigkeit von den USA beim Evakuierungseinsatz in Afghanistan befeuert in der EU die Diskussion über den möglichen Aufbau einer eigenen schnellen Eingreiftruppe. Die Notwendigkeit zusätzlicher europäischer Verteidigungsfähigkeiten sei nie so deutlich gewesen wie heute, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstag zum Auftakt von Beratungen der EU-Verteidigungsminister in Slowenien. Er hoffe darauf, dass man nach den Ereignissen in Afghanistan engagierter konkrete Ergebnisse und Entscheidungen anstreben werde.

Die bisherigen Überlegungen sahen vor, eine rund 5000 Soldaten starke EU-Truppe zu schaffen, die innerhalb kurzer Zeit in Krisenländer verlegt werden kann. Nach den Entwicklungen in Afghanistan dürfte sie aber noch einmal auf den Prüfstand kommen. So könnte die Einheit nach Angaben des slowenischen EU-Ratsvorsitzes vom Donnerstag auch deutlich größer werden und bis zu 20.000 Soldaten umfassen.

In Afghanistan hatten nach der Machtübernahme der Taliban Mitte August zunächst rund 6000 US-Soldaten den Weiterbetrieb des Flughafens in Kabul für Evakuierungsflüge abgesichert. Wegen ihres Abzugs mussten die Europäer dann allerdings ihre Rettungsflüge für schutzbedürftige Menschen früher als eigentlich gewünscht einstellen.

„Wir waren von den Amerikanern abhängig und es wird heute darum gehen, die richtigen Schlüsse zu ziehen“, kommentierte Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und nannte Afghanistan „eine schwere Niederlage“. Man müsse darüber reden, ob die EU schnell Entscheidungen treffen könne, genügend eingeübt sei und die richtige Ausrüstung habe.

Zudem sei es wichtig, dass es nicht um eine „Alternative zur Nato und zu den Amerikanern“ gehe, sondern darum, den Westen mit den Amerikanern stärker zu machen.

Taliban wollen neue Regierung vorstellen

Derweil wollen die Taliban in Kürze ihre Regierung vorstellen. Im Präsidentenpalast von Kabul werde dafür aktuell eine Zeremonie vorbereitet, erklärte ein Taliban-Vertreter am Donnerstag in den sozialen Medien. Der Privatsender Tolo meldete, die Verteilung der Ministerposten werde in Kürze bekanntgegeben.

Angesichts eines drohenden Zusammenbruchs der Wirtschaft sind die Taliban darauf angewiesen, dass internationale Geldgeber der Führung Legitimität zusprechen. Die USA und die EU haben eine förmliche Anerkennung der Regierung davon abhängig gemacht, dass die Islamisten ihren Ankündigungen zum Schutz von Menschenrechten Taten folgen lassen.

Die Taliban setzen künftig vor allem auf Gelder aus China. Das unterstrich Sabiullah Mudschahid, der Sprecher der Islamisten, in einem Interview der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“ (Donnerstag). „China ist unser wichtigster Partner und bedeutet für uns eine grundlegende und außergewöhnliche Chance, denn es ist bereit zu investieren und unser Land neu aufzubauen.“

Die Taliban hielten sehr viel von dem Projekt der „Neuen Seidenstraße“, ergänzte Mudschahid. Dabei handelt es sich um eine Infrastruktur-Initiative, mit der China über die Erschließung von Handelswegen seinen globalen Einfluss vergrößern will.

Durch das Chaos der jüngsten Wochen und der Machtübernahme der Taliban haben westliche Staaten ihre Hilfszahlungen für das Land am Hindukusch teils stark eingeschränkt. Mit der Hilfe Chinas kämpfen die Taliban künftig um ein wirtschaftliches Comeback, sagte der Sprecher. In dem Land gebe es „reiche Kupferminen, die dank der Chinesen wieder in Betrieb genommen und modernisiert werden können. Außerdem ist China unser Passierschein hin zu den Märkten auf der ganzen Welt.“

Frauen sollen an Unis studieren dürfen

Darüber hinaus bekräftigte Mudschahid, dass Frauen künftig weiter an Universitäten studieren dürften. Er stellte den Frauen des Landes Arbeitsmöglichkeiten etwa als Krankenschwestern, bei der Polizei oder als Assistentinnen in Ministerien oder der Verwaltung in Aussicht. Dass es weibliche Ministerinnen geben werde, schloss er aber aus. Ob diese Ankündigungen von den Taliban tatsächlich eingehalten werden, ist derzeit noch unklar.

Darüber hinaus ermunterte Mudschahid westliche Staaten wie etwa Italien zu diplomatischen Kontakten mit den neuen Machthabern in Afghanistan. „Wir wollen gute Beziehungen mit Italien wiederherstellen und hoffen, dass euer Land unsere islamische Regierung anerkennt. Ich hoffe, dass dieses Interview die diplomatischen und politischen Beziehungen stärkt und dass Italien seine Botschaft in Kabul wieder öffnet.“

Mehr: US-Truppen haben Afghanistan verlassen – diese sieben Probleme bleiben

  • dpa
  • rtr
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