Afrika Um das Wasser des Nils droht ein Krieg

Die Baustelle des Grand Ethiopian Renaissance Dam im Nordwesten von Äthiopien.
Kapstadt, Tel Aviv Nun hat er auch in Afrika begonnen: der Krieg um das Wasser – auch wenn die Kontrahenten ihn bislang nicht mit Waffen, sondern mit Baggern und Wortgefechten austragen. Bereits jetzt verfügen laut Afrikanischer Entwicklungsbank rund zwei Drittel der Afrikaner auf dem Lande über keine ausreichende Wasserversorgung.
Für besonders viel Ärger sorgt in Afrika zurzeit ein gigantischer Staudamm, mit dem der neue kontinentale Hoffnungsträger Äthiopien für über fünf Milliarden Dollar den über sein Staatsgebiet fließenden Blauen Nil aufstauen will – ein Vorhaben, das vor allem im stromabwärts gelegenen Ägypten für Entsetzen sorgt, weil das Nil-Wasser dort seit Jahrhunderten die Lebensgrundlage des Landes darstellt. Vorwürfe, Äthiopien habe mit dem Aufstauen schon begonnen, befeuert derzeit den Konflikt.
Flussabwärts staut sich die Wut auf
Wird der „Grand Ethiopian Renaissance Dam“, also der „Große Damm der äthiopischen Wiedergeburt“, Ägypten wirklich das Wasser abgraben? Fast zwei Kilometer lang und über 150 Meter hoch ist Afrikas größte Staumauer geworden.
Fast ein halbes Jahrhundert befindet sich das Prestigeprojekt mit seinen 74 Milliarden Kubikmeter Wasser in der Planung. Wenn der Damm in einigen Jahren zur vollen Kapazität gefüllt ist, sollen die Turbinen in den Staumauern bis zu 6500 Megawatt Strom liefern – doppelt so viel, wie Äthiopien bislang für seine rund 110 Millionen Menschen produziert.
Mehr als 60 Millionen Äthiopier könnten dadurch erstmals an das Stromnetz angeschlossen werden. Der Damm hat den Nationalstolz aber auch deshalb befeuert, weil die Äthiopier den Damm durch Spenden und den Kauf niedrig verzinster, „patriotischer Anleihen“ selbst finanziert haben, oft allerdings nicht ganz freiwillig. Staatsbeamte mussten zu Beginn ihrer Tätigkeit ein Monatssalär abgeben. Und auch von einheimischen Banken und Geschäftsleuten wurden größere Bondkäufe erwartet.
Der lange als sein Eigentum betrachtete Nil liefert Ägypten fast sein gesamtes Wasser. Ägypten fürchtet deshalb, dass der neue Damm es von dieser jahrhundertealten Lebensader abschnüren könnte und pocht darauf, dass Äthiopien seinen Damm nicht wie geplant über vier bis sieben Jahre sondern über 15 Jahre füllt.
Die Angst vor der nächsten Dürre
Die Ägypter fordern von Äthiopien das Versprechen, stets ausreichend Wasser aus dem Damm zu lassen, um den Nil auf einem gewissen Pegelstand zu halten. Demgegenüber weigert sich Äthiopien, den Wasserspiegel bei einer Trockenheit so stark abzusenken, dass seine eigene Stromproduktion darunter leidet.
Werde beim Betrieb keine Rücksicht auf die Wasserinteressen Ägyptens genommen, wären Frieden und Sicherheit in Nordost-Afrika bedroht, heißt es.
Kairo begründet seine Wasserrechte am Nil mit einem Kolonialvertrag aus dem Jahr 1929, den Ägypten mit dem Sudan und den damaligen britischen Kolonien in Ostafrika aushandelte und der ihm weitgehend exklusive Rechte zusicherte. Äthiopien will diesen Vertrag indes nicht anerkennen, weil zum Beispiel der Sudan damals in seiner heutigen Form noch gar nicht existierte.
Seit dem Bestehen der historischen Verträge hat der Sudan dem Nil auch nie mehr als die dem Land zustehenden 18 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr entnommen. Was allerdings auch daran liegt, dass das Land ein Mehrfaches dessen im Jahr durch Niederschläge erhält und somit weit weniger abhängig vom Nilwasser ist als Ägypten.
Bei einer Lösung helfen könnte die Tatsache, dass Ägypten selbst zumindest partiell von dem Damm profitieren würde. So könnte der dort produzierte Stromüberschuss dem chronisch mit Elektrizität unterversorgten Land zugutekommen.
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