Altmaier in Asien Wie die deutsche Wirtschaft in Asien neue Partner sucht
Jakarta Die Kolonne von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier quält sich in Schrittgeschwindigkeit durch den dichten Verkehr in Jakarta, vorbei an Wellblechhütten und einem von Abfall grün gefärbten Fluss. Zwei Motorradpolizisten lassen immer wieder ihre Sirenen aufheulen, um den Weg für die schwarze Limousine frei zu machen. Auch am Wochenende sind die Straßen in der indonesischen Hauptstadt voll.
Immer mehr Menschen können sich ein Auto leisten. Wie fast überall in Asien wächst die Mittelschicht immer schneller. Fünf Tage lang hat Altmaier auf seiner Asienreise um engere Beziehungen geworben und sich für mehr deutsche Investitionen in der Region eingesetzt. Der Bundesregierung stört die teils deutliche Abhängigkeit der deutschen Unternehmen von China. Zwar seien die Beziehungen zu der Volksrepublik gut, heißt es immer wieder.
Erst vor Kurzem ermöglichte die Kommunistische Partei dem deutschen Chemieriesen BASF den Aufbau eines Werkes ohne Beteiligung eines chinesischen Partners. Doch der Bundeswirtschaftsminister setzt derzeit andere Prioritäten. Altmaiers erste Asienreise führte nicht nach China, sondern nach Japan. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt will er erst 2019 besuchen.
Auch die Einladung zu der hochrangig besetzten und für die Chinesen wichtigen „Import-Messe“ in Schanghai, die am Montag beginnt, schlug die Bundesregierung aus. „Mit China haben wir eine Interessengemeinschaft“, so Altmaier. Mit Ländern wie Japan verbindet Deutschland hingegen eine Wertegemeinschaft. Auf der Suche nach Verbündeten im Kampf für den Freihandel traf sich Altmaier auch mit Regierungsvertretern aus Malaysia, Vietnam und Indonesien.
„Es ist wichtiger denn je, dass wir mit gleichgesinnten Ländern in der Asien-Pazifik-Region kooperieren“, betont Hubert Lienhard, Chef des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft in Jakarta. Altmaier rief in seiner Keynote zur Asien-Pazifik-Konferenz dazu auf, eine „globale Allianz für die Marktwirtschaft“ zu formen. Die USA seien lange ein Garant für Stabilität gewesen, doch sie scheinen müde zu sein, so Altmaier.
„Das heißt, dass wir als europäische und asiatische Länder die Amerikaner entlasten sollten, dieselbe oder eine ähnliche Stabilität und Sicherheit in der Welt zu bieten.“ Die Schwellenländer in Südostasien nehmen diese Chance an und präsentieren sich im Standortwettbewerb als Alternative zu China – mit zunehmendem Erfolg.
Der Automobilzulieferer Schaeffler, der in China bereits über eine umfangreiche Präsenz verfügt, entschied sich beim Bau eines neuen Werks für 55 Millionen Euro bewusst gegen die Volksrepublik und für das benachbarte Vietnam. Die 100.000 Quadratmeter große Fabrik soll im Mai 2019 den Betrieb aufnehmen und Kugellager sowie Nadellager für den Weltmarkt produzieren.
„Wir machen bereits so viel in China, mit dem Werk in Vietnam balancieren wird das jetzt etwas aus“, sagt Schaefflers Asien-Pazifik-Chef Helmut Bode im Gespräch mit dem Handelsblatt. Von Vietnam schwärmt er: „Das Durchschnittsalter ist 29 Jahre, die Menschen sind ambitioniert und bissig.“
Das Land mit 100 Millionen Einwohnern hat noch einen weiteren Vorteil: Es bietet Unternehmen einen Zufluchtsort vor steigenden Zöllen, die wegen des Handelskonflikts zwischen Washington und Peking auf in China produzierte Waren anfallen. Vietnam ist in der Region ein Vorreiter, wenn es um Freihandel geht. Das kommunistisch regierte Land ist Teil des neuen transpazifischen Handelspakts CPTPP. Auch ein Handelsabkommen mit der EU steht kurz vor der Ratifizierung.
„Das wird dem Vietnamgeschäft einen Riesenschub geben“, sagt Schaeffler-Manager Bode. Der Konzern aus Herzogenaurach ist nicht der einzige Investor, der verstärkt auf Südostasien setzt. Der Staatenbund Asean biete immense Geschäftschancen, sagt Andreas Glunz, Bereichsvorstand International Business bei der KPMG. Er gehe davon aus, dass die Wachstumsraten in den Asean-Ländern die Zuwächse in China in den kommenden fünf Jahren deutlich übertreffen werden.
Die Aussichten schlagen sich in einem Investitionsboom nieder. In Vietnam stiegen die ausländischen Direktinvestitionen in den ersten neun Monaten im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent. In Thailand war die Entwicklung sogar noch klarer: Zwischen Januar und Juli nahmen die neuen Investitionen um 53 Prozent zu. Das Land gilt ebenfalls als ein sicherer Hafen im Handelskonflikt.
„Die Entwicklung treibt einen bereits starken Trend noch weiter an“, sagt Thomas Lembong, Chef der indonesischen Investitionsbehörde, im Gespräch mit dem Handelsblatt. Lembong hatte am Freitag gemeinsam mit Altmaier die Asien-Pazifik-Konferenz eröffnet.
Statt sich rein auf China als Werkbank zu konzentrieren, setzen internationale Konzerne aus seiner Sicht zunehmend auf neue Wachstumsmärkte. Die Wirtschaftsleistung seines Landes habe im vergangenen Jahr die Marke von einer Billion Dollar überschritten und werde sich in den kommenden 15 Jahren verdoppeln. „Angesichts der Größe der Volkswirtschaft macht es für Unternehmen zunehmend Sinn, ihre Produktion hierher zu verlegen.“
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.