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Arabische Welt Gefahr für deutsche Firmen: Die neue Rivalität der Golf-Staaten

Saudi-Arabien bedrängt mit seinen Wirtschaftsaktivitäten zunehmend seine Nachbarn. Die Emirate wollen mit der Weltausstellung Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
17.10.2021 - 18:00 Uhr Kommentieren
Riads Kampfansage an die Rivalen am Golf. Quelle: AP
Der saudische Pavillon auf der Expo 2020 in Dubai

Riads Kampfansage an die Rivalen am Golf.

(Foto: AP)

Dubai Atemberaubend schräg reckt sich das silbrig schimmernde Gebäude in die Höhe. Imposant und riesig ist der Pavillon Saudi-Arabiens auf der Expo 2020, die wegen der Corona-Pandemie um ein Jahr verschoben wurde und jetzt ein halbes Jahr lang mindestens 25 Millionen Menschen nach Dubai locken soll.

Drei Guinness-Weltrekorde hat das futuristische Gebäude für den größten interaktiven Lichtboden, das längste interaktive Wasserspiel und den größten interaktiven digitalen LED-Spiegelbildschirm erhalten.

Ob Ölanlagen, jahrtausendealte Kulturstätten oder die Massen an Pilgern in Mekka: Gigantische Videoinstallationen mit diesen Motiven sollen das Königreich den Schaulustigen näherbringen.

Mit 13.000 Quadratmetern ist der saudische Bau auf der Weltausstellung der größte nach dem Pavillon des Gastgebers, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), der wie eine weiße Falkenschwinge errichtetet wurde. Die Gebäude sind ein Sinnbild der neuen Rivalität am Golf.

Jahrzehntelang war Saudi-Arabien mit seinem erzkonservativen Königshaus die verschlafene Großmacht. Reich wegen der Ölmilliarden, mächtig wegen des größten Militärs der Region und den im Islam heiligen Stätten Mekka und Medina dämmerte die größte Volkswirtschaft des Mittleren Ostens in der Wüste. Was die Herrscher in Riad sagten, galt für alle.

Doch nicht nur der Ölpreisschock zu Beginn der Coronakrise, der die Tarife für Erdöl erstmals sogar in den Minusbereich abrutschen ließ, wurde zum Weckruf. Riad musste überrascht feststellen, dass die kleineren Nachbarstaaten – allen voran die VAE und Katar – sich zu selbstständigen und potenten Rivalen mit tragfähigerer und zukunftsfesterer Wirtschaft entwickelt haben.

Saudi-Arabien hat seine Führungsrolle vorerst verloren

Mit Emirates hat Dubai die weltgrößte Langstrecken-Fluggesellschaft aufgebaut. Katar ist der bedeutendste Exporteur von verflüssigtem Erdgas (LNG) geworden und ist aus dem von Saudi-Arabien angeführten Ölkartell Opec ausgetreten. Mit DP World haben die VAE einen global führenden Hafenbetreiber.

Zudem ziehen die Emirate mit der Expo2020 gerade und Katar mit der Fußballweltmeisterschaft nächstes Jahr so viel internationale Aufmerksamkeit auf sich, um die kleinen Länder auf der globalen Landkarte sichtbar zu machen.

Die Fifa-WM und die Expo finden erstmals in der arabischen Welt statt. Und sie lassen die gewaltigen Reformanstrengungen beim großen Nachbarn verblassen. Den VAE sei es in den letzten Jahren sogar gelungen, zu „einer wichtigen Regionalmacht“ und „einem kleinen Seereich rund um den Golf von Oman“ zu werden und „nicht mehr Juniorpartner Saudi-Arabiens“ zu sein, bilanziert Guido Steinberg, Mittelost-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik.

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Damit soll nun Schluss sein nach dem Willen des mächtigen saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der das Reich für seinen 85 Jahre alten und kranken Vater, König Salman, lenkt. Seine „Vision 2030“ soll Saudi-Arabien mit Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe in die Nach-Öl-Ära katapultieren.

Dazu wolle „der ambitionierte Kronprinz aus dem Schatten der Emirate treten und die VAE als wichtigstes Wirtschaftszentrum der Region ablösen“, sagt Sebastian Sons vom Center for Applied Research in Partnership with the Orient.

MbS, wie der Monarchensohn nur genannt wird, gehe es darum, „Saudi-Arabien als unumstrittene Führungsmacht in der Golfregion zu etablieren, nachdem der Ruf Riads in den letzten Jahren gelitten hat“.

Den größten Schlag versetzte Saudi-Arabien seinen Rivalen mit zwei Maßnahmen: Erst verkündete der saudische Investmentminister Khalid al-Falih, dass Unternehmen, die weiterhin Aufträge vom saudischen Staat oder von global agierenden Großkonzernen wie Saudi Aramco (Öl und Energie) und Sabic (Petrochemie) bekommen wollen, vom 1. Januar 2024 an eine regionale Firmenzentrale im Königreich haben müssen. Bisher haben dies die allermeisten am Golf operierenden Firmen in Dubai.

„Für die Teilhabe an saudischen Projekten eine gesetzliche Voraussetzung zu schaffen, das Headoffice ins Land verlegen zu müssen, ist für viele deutsche Mittelständler, eine schwer zu überwindende neue Hürde“, sagt Helene Rang dazu. Die geschäftsführende Vorständin des Nah- und Mittelostvereins der deutschen Wirtschaft ruft Riad zur „Abschaffung von Hürden“ und „liberalen Investitions-Voraussetzungen“ auf. Damit, sowie mit einem liberalen Lebensstil hätten die VAE und Katar Investoren aus aller Welt angelockt.

Kampfansage an die Emirate

Doch das mächtige Königreich geht einen anderen Weg: Im Juli kam der Erlass, dass keine Waren aus Freihandelszonen oder Produkte von Unternehmen mit israelischer Beteiligung mehr zollfrei nach Saudi-Arabien importiert werden dürfen.

Vor allem Dubai ist berühmt für seine Freihandelszonen, in denen der Großteil der Waren hergestellt wird. Und die VAE hatten noch auf Drängen des früheren US-Präsidenten Donald Trump Israel anerkannt, Saudi-Arabien tat dies bis heute nicht.

Als „Gefahr für die Wirtschaft der VAE“ bezeichnet der in Abu Dhabi, der Hauptstadt der VAE, ansässige Thinktank Emirates Policy Center die Vorgaben aus Riad. Etwas vorsichtiger formuliert es Oliver Oehms, Chef der deutsch-emiratischen Industrie- und Handelskammer in Dubai: „Anstatt einer erhofften tieferen wirtschaftlichen Integration im Rahmen des Golf-Kooperationsrates sehen wir derzeit eher eine Stagnation, bestenfalls.“

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Die VAE versuchen jetzt, ihre Wirtschaft abzusichern und weiter Auslandsinvestitionen anzulocken mittels „präferierter Partnerschaften“ mit ausgesuchten Ländern. Hinzu kommen Langzeitvisa für Fachkräfte und Gründer sowie seit Mai das Recht auf 100 Prozent Eigentum an Unternehmen durch Ausländer.

„Das innovativste industrielle Ökosystem"

Immerhin gelang es im Coronajahr 2020, dass ausländische Investitionen um 44 Prozent zulegten und die VAE im Competitive Industrial Performance Index der Uno in diesem Jahr um fünf Plätze auf weltweit Rang 30 aufstieg. Im internationalen Vergleich sind die VAE jetzt bei den Pro-Kopf-Exporten die Nummer 17. Das belege „das innovative industrielle Ökosystem“, meint Sultan Al Jaber, Industrieminister der VAE.

Nach einem Einbruch des Bruttoinlandsprodukts 2020 um 7,7 Prozent erwartet der Internationale Währungsfonds in diesem Jahr 3,1 Prozent Wirtschaftswachstum. Saudi-Arabien könne bis 2024 durchschnittlich jeweils 2,4 Prozent zulegen, schätzt die Ratingagentur S&P.

Vor allem wolle Riad nun laut Sons „existentielle Direktinvestitionen aus dem Ausland anlocken und Sektoren wie Logistik, Entertainment oder den Tourismus zu Pfeilern der saudischen Wirtschaft auszubauen. Damit schürt er die Konkurrenz mit den VAE, deren Erfolg auf eben diesen Pfeilern beruht.“

Dazu investiert vor allem der saudische Staatsfonds Public Investment Fund (PIF) dreistellige Milliardenbeträge. Sichtbarste Zeichen der neuen Rivalität am Golf, wo Saudi-Arabien bis 2025 der größte Markt für die Unterhaltungsindustrie werden will, sind der Bau des höchsten Hauses der Welt in Jeddah mit einem Kilometer Höhe gegenüber den 829 Metern des bisherigen Rekordhalters „Burj Khalifa“ in Dubai.

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Hinzu kommt der Kauf des britischen Fußballklubs Newcastle United durch den PIF, nachdem Katar sich Paris-Saint Germain gesichert hat und Abu Dhabi den Champions League Finalisten des letzten Jahres, Manchester City.

Und ausgerechnet auf dem Flughafen in Dubai, Heimat der Airline Emirates und der am meisten genutzte Airport der gesamten Region, macht das saudische Tourismusministerium gerade massiv Werbung für Reisen in das Königreich.

Für die VAE soll derweil die Weltausstellung Expo in Dubai die nötige Aufmerksamkeit bringen und sie hat nach Ansicht des Wirtschaftsverbandes Icaew „die Wirtschaftstätigkeit angekurbelt und den Grundstein für noch mehr Wachstum in den kommenden Monaten gelegt“.

Mehr: Die Golfstaaten wollen schnell aus der Krise.

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