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Asien Das einstige Corona-Vorbild Südkorea kämpft mit den Tücken der zweiten Welle

Die fünftgrößte Exportnation hat die Coronakrise besser in den Griff bekommen als der Westen. Auch Südkoreas Wirtschaft hat kaum Schaden genommen – bisher.
28.08.2020 - 04:00 Uhr 1 Kommentar
Coronavirus: Südkorea kämpft mit Tücken der Pandemie Quelle: dpa
Ärzte in Südkorea protestieren

Ärzte in Seoul halten Schilder mit Kritik an der Politik der Regierung in einem Krankenhaus hoch.

(Foto: dpa)

Tokio Eine zweite Coronawelle droht die bisherigen Erfolge Südkoreas in der Pandemie zunichtezumachen. Bis vor wenigen Tagen galt das Land dank seiner bisher erfolgreichen Kontrolle des Covid-19-Ausbruchs auch wirtschaftlich als Vorbild unter den Industrieländern.

Die OECD, eine Vereinigung der 30 führenden Wirtschaftsnationen, erhöhte deshalb kürzlich ihre Konjunkturprognose für das asiatische Land von minus 1,2 auf minus 0,8 Prozent für 2020. Zwischen April und Juni war die Wirtschaftsleistung noch um 3,3 Prozent geschrumpft.

Damit ist Südkorea seit dem Ausbruch der Pandemie das erste Land, für das die OECD ihren geschätzten Wert anhebt und nicht senkt. Zudem wirkt Asiens viertgrößte Volkswirtschaft mit dieser Rezession im globalen Vergleich wie ein pandemisches Paradies. Für Länder wie Deutschland, Japan und die Schweiz sagen Ökonomen Einbrüche von mehr als fünf Prozent voraus.

Aber seit die Infektionszahlen in Südkorea wieder stärker steigen, grassiert im Land auch wieder die Angst. Inzwischen hat die Regierung in Seoul die Gegenmaßnahmen gegen die Pandemie auf die zweite von drei Alarmstufen verschärft. Damit sind Treffen von mehr als 50 Personen in Gebäuden untersagt.

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Doch es könnte noch schlimmer kommen. Für den Fall, dass die Regierung die Beschränkungen wieder auf das bisher höchste Niveau anhebt, warnen Ökonomen vor schweren wirtschaftlichen Nebenwirkungen.

Südkoreas bedachter Umgang mit der ersten Ansteckungswelle hat dem Land bisher auch wirtschaftlich geholfen: Anders als in westlichen Ländern oder China wurde die Bevölkerung nicht weggesperrt, die Wirtschaft nicht radikal heruntergefahren.

Südkorea setzte zusammen mit umfangreichen Testprogrammen und einer Hightech-Suche nach Infizierten und deren Kontaktpersonen nur auf eine gemäßigte Form der sozialen Distanzierung und Schulschließungen. Die meisten Kaufhäuser, Unternehmen und Fabriken blieben weiter geöffnet.

Zudem hat die Regierung von Präsident Moon Jae der Wirtschaft kräftig unter die Arme gegriffen. Erste Finanzspritzen ergänzte die Regierung um ein mehrjähriges Investitionsprogramm, den sogenannten koreanischen New Deal: Bis 2025 will Präsident Moon 160 Billionen Won, umgerechnet 114 Milliarden Euro, in Bereiche wie digitale Wirtschaft, Umwelttechnologien und den Ausbau des sozialen Netzes investieren, um so 1,9 Millionen neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Präsident Moon kommt beim Volk nicht mehr gut an

Seitdem seine linke Demokratische Partei bei den Wahlen im Mai von einer Sympathiewelle zum Sieg getragen wurde, geht es mit der Popularität des Präsidenten und seiner Partei bergab. In einer neuen Umfrage überholte die größte Oppositionspartei das Regierungslager sogar erstmals seit vier Jahren. Ein Grund: In der koreanischen Innenansicht erlebt das Land derzeit die größte Krise seit dem Schrecken der Asienkrise Ende der 1990er-Jahre.

Mit der Rezession brechen zudem die alten Strukturprobleme noch deutlicher auf. Jugendarbeitslosigkeit ist eines der Dauerthemen, die nun noch stärker auf die Stimmung drücken. Schon vor der Krise lag sie bei mehr als sieben Prozent. Das mag in europäischen Ohren harmlos klingen, nicht aber in koreanischen. Denn auf einmal finden selbst Absolventen von Eliteuniversitäten immer schwerer gut bezahlte Jobs.

Mit der Coronakrise schnellte die Arbeitslosenquote unter den bis 34-Jährigen bis Juni auf elf Prozent hoch. Die Notenbank begründete das Problem Ende 2019 in einer Studie mit Südkoreas größter struktureller Achillesferse: der Dominanz der Konglomerate und der Schwäche des Mittelstands.

Es gebe viel weniger „anständige Jobs als in Japan und beträchtliche Unterschiede zwischen den Gehältern in großen und kleinen Unternehmen“, konstatierte die Notenbank in ihrer Studie.

Die Angst vor der Schuldenfalle

Moon versucht zwar, das Problem mit diversen Programmen wie Start-up-Förderung und eben seinem New Deal anzugehen. Seine Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass die mit Krediten finanzierten Konjunkturprogramme nur das Geld in unproduktive Projekte leiten und die finanzielle Gesundheit Südkoreas untergraben würden. „Es gibt keinen wirtschaftlichen Anreizeffekt, nur Staatsverschuldung“, behauptete Cho Kyung Yup vom Koreanischen Wirtschaftsinstitut (Keri). Die Verschuldung werde zunehmen und das langfristige Wachstum beeinträchtigen.

Es ist vor allem das Tempo des Schuldenanstiegs, das die Kritiker und viele Konsumenten beunruhigt. Mit 5,4 Prozentpunkten dürfte die Verschuldung im laufenden Jahr schneller als während der Asienkrise und der Weltfinanzkrise auf voraussichtlich 43,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen.

Aufgrund der Rettungsaktionen erwarten Experten, dass die Verschuldung bis 2023 auf 51,7 Prozent steigen wird. Gleichzeitig liegt das Haushaltsdefizit derzeit bei sechs Prozent. Die privaten Schulden beliefen sich bereits Ende 2019 auf 198 Prozent der Wirtschaftsleistung, das sind zehn Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor.

Im Juli stieg der Konsum wieder, angetrieben vor allem vom Automobilmarkt. Das Land, das zu fast 40 Prozent vom Export abhängt, führte auch wieder mehr Waren nach China und in die USA aus. Nur trauen die Ökonomen des Koreanischen Entwicklungsinstituts (KDI) der zaghaften Wende noch nicht: „Die positiven Zeichen für eine wirtschaftliche Erholung nehmen zu, aber die externen Unsicherheitsfaktoren bleiben hartnäckig.“

Neben einer zweiten Coronawelle stellt auch der globale Wirtschaftskrieg die Südkoreaner vor das Dilemma, sich zwischen ihrem Alliierten USA und ihrem Haupthandelspartner China entscheiden zu müssen.

Mehr: Südkorea will mit der Krise zum „digitalen Powerhouse“ werden

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1 Kommentar zu "Asien: Das einstige Corona-Vorbild Südkorea kämpft mit den Tücken der zweiten Welle"

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  • Ich glaube ja nicht dass bei aktuell 300 Neuinfektionen am Tag das koreanische Gesundheitssystem an seine Grenzen kommt. Aber man weiß ja nie....

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