Autozölle Handelsstreit mit den USA: Grenell bestätigt Fortschritte in Verhandlungen

Der US-Botschafter bestätigt, dass sich Deutschland und die USA beim Thema Autozölle annähern.
Berlin, München Die von der US-Regierung angedrohten Strafzölle auf Autoimporte aus Europa scheinen vom Tisch zu sein. Richard Grenell, US-Botschafter in Berlin, bekräftigte, dass sich beide Seiten auf einem guten Weg befänden. „Wir haben uns in den vergangenen 18 Monaten regelmäßig getroffen und gesprochen“, sagte Grenell dem Handelsblatt, „mein Besuch vergangenen Monat in Spartanburg (im US-Bundesstaat South Carolina) und Birmingham (Alabama) war sehr produktiv.“
In Spartanburg beschäftigt BMW 11.000 Mitarbeiter, in Alabama betreibt Daimler ein großes Mercedes-Werk. Er sei zuversichtlich, sagte der US-Botschafter, dass man auf diesem Wege weiter vorankommen werde. Grenell erinnerte daran, dass die deutschen Autobauer in den USA direkt 45.000 Menschen beschäftigten und weitere 155.000 Arbeitsplätze bei amerikanischen Zulieferbetrieben sicherten. „Es ist deshalb wichtig, dass wir weiter miteinander reden.“
Grenell, der von Beginn an in den Verhandlungen mit Volkswagen, Daimler und BMW involviert war, bestätigte damit Äußerungen des US-Wirtschaftsministers Wilbur Ross. Der hatte am Sonntag in Bangkok gesagt, die Verhandlungen mit den Unternehmen über ihre Investitionspläne in den USA liefen gut. Die Hoffnung sei, dass es genügend Fortschritte geben werde, um die Strafzölle zu vermeiden.
US-Präsident Donald Trump hatte den europäischen Autobauern mit Strafzöllen von bis zu 25 Prozent gedroht und dies mit einer angeblichen Gefahr der Autoimporte für die nationale Sicherheit begründet. Das Weiße Haus hatte dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer daraufhin bis zum 13. November Zeit gegeben, den Präsidenten über mögliche Gegenmaßnahmen zu informieren.
Aus Verhandlungskreisen erfuhr das Handelsblatt, dass die drei deutschen Autobauer offenbar bereit sind, ihre Investitionen in den USA so weit auszuweiten, dass sie bei der Wertschöpfung einen Mindestanteil aus amerikanischer Produktion erreichen. Messlatte dafür sollen Vereinbarungen sein, die die USA mit Mexiko und Kanada bei der Neuverhandlung des Nafta-Freihandelsabkommens getroffen haben.
Die Investitionszusagen der deutschen Autobauer sollen über das hinausgehen, was die Autokonzerne ohnehin geplant hatten. Noch sei das Ziel aber nicht erreicht, hieß es. Sollten die Autozölle abgewendet werden können, wäre damit auch ein wichtiges Hindernis für die Gespräche über ein transatlantisches Handelsabkommen zwischen den USA und der EU aus dem Weg geräumt.
Getriebe demnächst aus US-Werken
Die US-Regierung hat mit der Neufassung des Freihandelsabkommens mit Mexiko und Kanada die Daumenschrauben für die Autoindustrie bereits angezogen. So müssen demnächst 75 Prozent der Teile eines Autos aus der Nafta-Region kommen, um nicht mit Zöllen und Abgaben belegt zu werden. Daimler und BMW, die größten Autoproduzenten im Süden der USA, kommen derzeit auf Werte zwischen 65 und 70 Prozent, auch weil sie Motoren und Getriebe immer noch aus Deutschland importieren.
Die angedrohten Strafzölle für Autoimporte aus Europa sollen nun dafür sorgen, den Anteil der Wertschöpfung auf 75 Prozent zu erhöhen. BMW hat bereits die Bereitschaft signalisiert, Getriebe demnächst aus US-Werken zu beziehen, Daimler plant ähnliche Maßnahmen. Die Stückzahlen steigen ohnehin und machen solche Schritte leichter. BMW will seine Produktion in South Carolina von 380.000 Autos pro Jahr auf 450.000 steigern. Mit dem in Bau befindlichen Werk in Mexiko kommen die Münchener mittelfristig auf 600.000 Stück pro Jahr im Nafta-Raum, ein Import von Motoren und Getrieben habe langfristig ohnehin keinen Sinn mehr, heißt es im Konzern.
Die Vertreter der deutschen Autoindustrie wurden in den vergangenen Monaten nicht müde, der amerikanischen Regierung die Strafzölle auszureden. Trotz der hohen Investitionen in den USA wird ein beachtlicher Anteil immer noch aus Deutschland exportiert – mit einem vergleichsweise geringen Einfuhrzoll von 2,5 Prozent. Das gilt insbesondere für die Premiumhersteller wie Mercedes, BMW, Audi und Porsche. Diese liefern besonders gerne ihre Spitzenmodelle wie die Mercedes S- und E-Klasse, die BMW-Baureihen 5 und 7, die Audis A6 und A8 sowie sämtliche Porsche-Geländewagen über den Atlantik.
2018 waren das rund 600.000 Stück. Das entspricht rund zehn Prozent der deutschen Produktion – aufgrund des hohen Luxusanteils ist es ein überaus lukrativer Anteil. Strafzölle würden das Rückgrat der deutschen Autoproduktion treffen und die Bilanzen der Konzerne. Denn während Mercedes und BMW seit Jahren in Alabama und South Carolina produzieren, fehlen den VW-Töchtern Audi und Porsche Standorte in den USA. Die Marktforscher von ISI Evercore beziffern das jährliche Verlustrisiko für den VW-Konzern auf 2,3 Milliarden Euro, BMW und Daimler müssten jeweils mit Belastungen von 1,7 bis zwei Milliarden Euro rechnen. Das wären rund 20 Prozent der gesamten Gewinne.
Mehr: IfW-Präsident Gabriel Felbermayr erwartet keine tiefe Rezession, aber geringere Wachstumsraten – wegen der ungünstigen Demografie in Deutschland.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Es ist doch gelinde gesagt ein starkes Stück. In Deutschland bauen wir die Arbeitsplätze ab und in den USA in der gleichen Branche auf. Gleichzeitig treten die USA aus den Klimaabkommen aus, weil zu teuer. Es muß hier mal wirklich überlegt werden, ob man nicht der Autoindustrie Importschranken in der EU aufzeigt für Teile und Autos, die in Amerika unter Verlust der deutschen Arbeitsplätze einhergehen. Und für das Klima wäre doch eine Art CO2-Steuer gut, die allerdings der ausländische Hersteller zu tragen hätte.