Bundesanwaltschaft Deutscher Politologe wegen mutmaßlicher Spionage für China festgenommen

Hat ein deutscher Politologe China jahrelang mit Informationen von hochrangigen politischen Ansprechpartnern versorgt?
Karlsruhe Ein Politologe und pensionierter Mitarbeiter der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung soll einen chinesischen Geheimdienst fast ein Jahrzehnt lang mit Informationen versorgt haben. Am Montag wurde der Mann festgenommen, wie die Karlsruher Behörde am Dienstag mitteilte. Bereits im Mai sei gegen den 75-Jährigen Klaus L. am Oberlandesgericht (OLG) München Anklage erhoben worden.
Die Ermittler werfen dem Deutschen, der seit 2001 einen international bedeutenden Thinktank betreibe, „geheimdienstliche Agententätigkeit“ vor. Angeworben wurde er demnach im Juni 2010 bei einer Vortragsreise nach Shanghai. Seither soll er bis November 2019 regelmäßig Informationen weitergegeben haben - vor und nach Staatsbesuchen oder multinationalen Konferenzen und auch zu aktuellen Fragen. Das Material habe der Mann von seinen vielen hochrangigen politischen Ansprechpartnern gehabt, die er über den Thinktank gekannt habe.
Nach einem Bericht des ARD-Hauptstadtstudios soll der Mann nicht nur für China spioniert haben, sondern vor allem über fünf Jahrzehnte eine wichtige Quelle des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) gewesen sein. Dazu äußerte sich die Bundesanwaltschaft nicht.
Die Spionage-Vorwürfe gegen den Mann waren bereits im Juni 2020 bekannt geworden. Damals berichteten Medien, dass auch gegen seine Ehefrau ermittelt werde. Die Hanns-Seidel-Stiftung hatte sich dazu zu Wort gemeldet und versichert, man habe „von den viele Jahre zurückliegenden Vorgängen“ „keinerlei Kenntnis“ gehabt. „Ein möglicher Missbrauch durch nachrichtendienstliche Aktivitäten ist für uns absolut inakzeptabel“, teilte die Stiftung damals mit.
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Laut Bundesanwaltschaft wurden dem Mann als Gegenleistung seine Reisen zu den Treffen mit den chinesischen Nachrichtendienstmitarbeitern bezahlt, „einschließlich eines Rahmenprogramms“. Außerdem habe er ein Honorar erhalten.
Der Festgenommene sollte am frühen Nachmittag in München dem Staatsschutzsenat des OLG vorgeführt werden. Bei diesem Termin entscheidet sich, ob er in Untersuchungshaft kommt.
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