Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Corona-Hilfen US-Kongress billigt das größte Konjunkturpaket aller Zeiten – Warum es auch große Risiken birgt

1,9 Billionen Dollar: Präsident Joe Biden bringt sein Hilfsprogramm durch den Kongress. In Amerika könnte es zu einer Überhitzung führen. Auch für den Rest der Welt hat es Folgen.
11.03.2021 - 01:00 Uhr Kommentieren
Der US-Präsident kann das Gesetzespaket am Freitag unterschreiben. Quelle: AP
Joe Biden

Der US-Präsident kann das Gesetzespaket am Freitag unterschreiben.

(Foto: AP)

Washington Eintausendneunhundert Milliarden Dollar, oder 1,9 Billionen Dollar (1,6 Billionen Euro) – das ist eine gewaltige Summe und in vielerlei Hinsicht ein Superlativ. Es ist das größte Konjunkturpaket aller Zeiten. Es ist das wichtigste Symbol der beginnenden Präsidentschaft Joe Bidens. Und es ist ohne Zweifel auch das umstrittenste Projekt der neuen US-Regierung.

Nachdem das Repräsentantenhaus dem Paket mit der demokratischen Mehrheit zugestimmt hat, fehlt jetzt nur noch die Unterschrift des Präsidenten, dann tritt das Gesetz in Kraft, und die Hilfsgelder können fließen. Bereits im Dezember hatte der Kongress ein Hilfspaket in Höhe von rund 900 Milliarden Dollar verabschiedet.

Nicht nur die Republikaner, die in beiden Häusern des Kongresses geschlossen gegen das Gesetz stimmten, sind angesichts der Dimensionen der Hilfen alarmiert. Auch Ökonomen sehen das Paket skeptisch.

„Konjunkturpolitisch ist das Programm angesichts der in der Krise ohnehin aufgestauten Kaufkraft, die sich nach dem Ende der Pandemie entladen wird, unnötig“, sagte Ifo-Chef Clemens Fuest. Die Staatsverschuldung erreiche ein bedenkliches Niveau. Derzeit liegt sie bei mehr als 100 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Desmond Lachman, der frühere Vizechef des Internationalen Währungsfonds (IWF), warnte: „Zu sagen, dass Biden ein Risiko eingeht, wäre eine Untertreibung.“ Und Marc Goldwein, Leiter der Denkfabrik Center for Responsible Budget, klagte: „Ich glaube nicht, dass es unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Rechtfertigung für ein Paket dieser Dimension gibt, ein halb so großes hätte gereicht.“

Die Liste der Hilfen ist lang

Selbst keynesianisch orientierte Ökonomen wie der ehemalige Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF), Olivier Blanchard, oder der frühere Wirtschaftsberater von Barack Obama, Larry Summers, halten eine Überhitzung der Wirtschaft und inflationäre Tendenzen für möglich.

Grafik

Tatsächlich stehen die USA vor einem kräftigen Wachstumsschub. Die OECD rechnet bereits in diesem Jahr mit einem Plus von 6,5 Prozent. Das wäre der höchste Wert seit fast vier Jahrzehnten. Der Euro-Zone traut die Industriestaaten-Organisation nur ein Wachstum von 3,9 Prozent zu.

Das aktuelle Hilfspaket entspricht mehr als acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Liste der Hilfen ist lang, und sie sollen so schnell wie möglich ausgezahlt werden: Alle US-Bürger, außer Besserverdienende, erhalten einen Scheck in Höhe von 1400 Dollar – das ist ein Fünftel des Gesamtpakets. Dazu kommen Ausgaben für die Gesundheit, Zahlungen an die Bundesstaaten, die Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung und Steuererleichterung von 2000 Dollar für jedes schulpflichtige Kind.

Andere Dimensionen, andere Ansätze in Europa

Die europäischen Stützungsprogramme fallen im Vergleich zu den USA klein aus – vor allem wenn man bedenkt, dass Amerika bereits zu Beginn der Pandemie im Frühjahr vergangenen Jahres verschiedene Programme von insgesamt fast drei Billionen Dollar verteilt hatte.

Europa hatte einen Wiederaufbaufonds in Höhe von 750 Milliarden Euro beschlossen. Dazu kommen die nationalen Programme und natürlich die Tatsache, dass insbesondere die wohlhabenden Länder wie Deutschland über ein gut ausgestattetes Sozialsystem verfügen.

Grafik

Aus diesem Grund lassen sich die Hilfsprogramme in den USA und Europa schlecht vergleichen. Der entscheidende Unterschied besteht in der Tatsache, dass die Europäer vor allem mit dem Wiederaufbaufonds auf langfristige Investitionen setzen, die das langfristige Wachstumspotenzial stärken sollen, während es der US-Regierung darauf ankommt, die Hilfen möglichst schnell auszuzahlen, um letztlich auch die Konjunktur kurzfristig zu stützen.

„Es ist verständlich, dass Biden etwas für die von der Krise sehr hart getroffene Gruppe der Arbeitslosen und Menschen mit sehr niedrigen Einkommen in den USA tun will“, sagte Fuest, der auch mit einem „vorübergehenden Preisanstieg“ wegen des Programms rechnet, „vor allem bei Gütern, die nicht handelbar sind, also nicht durch Importe abgedeckt werden können“.

Inflation ist ein Thema

Die große Frage ist, ob die aufgestauten Konsumwünsche, kombiniert mit den anstehenden üppigen Hilfen, eine Nachfragewucht entfalten, die die Kapazität der Wirtschaft überfordert. Denn das bedeutet in der Tat steigender Preisdruck – zumindest theoretisch.

Diese Befürchtungen allerdings gab es bereits, als Bidens Vorgänger Donald Trump die Steuern radikal senkte und die Staatsausgaben erhöhte. Doch der Inflationseffekt trat nicht ein.

US-Notenbank-Chef Jerome Powell allerdings hat kürzlich klargemacht, dass er eine längere Periode von Inflationsraten von mehr als zwei Prozent dulden wolle. Eine nachhaltige Veränderung der Inflationserwartungen sehe er aber nicht.

Grafik

Außerdem verfüge die Fed über geeignete Instrumente, die Inflation unter Kontrolle zu halten. Ähnlich äußerte sich Finanzministerin Janet Yellen: Inflationstendenzen seien ein „lösbares Problem“.

Allein von Amts wegen können beide kaum etwas anderes sagen. Sie müssen beschwichtigen: Denn ein Blick auf die Anleihemärkte zeigt: Die langfristigen Kapitalmarktzinsen in den USA steigen. Inflation ist dort ein Thema.

Die Aktienmärkte jedenfalls glauben an die heilende Wirkung des Geldsegens aus Washington: Der Dow Jones stieg nach der Abstimmung im Kongress um mehr als 1,5 Prozent – abermals ein neuer Rekord.

„Viel hilft viel“

Auch der Rest der Welt dürfte mit Wohlwollen auf die Ausgabefreude des neuen Präsidenten schauen. Das größte Konjunkturpaket aller Zeiten ist ein Stück weit auch ein Konjunkturprogramm für die Weltwirtschaft – allen voran für Deutschland, das schon jetzt rund zehn Prozent seiner Exporte in die USA ausliefert.

Auch für die Weltwirtschaft hat die OECD die Wachstumserwartungen für 2021 von 4,2 auf 5,6 Prozent angehoben. Ein wichtiger Grund: das amerikanische Konjunkturprogramm. Das allerdings ist für Joe Biden allenfalls ein Nebeneffekt seiner Politik.

Grafik

Seine Aufmerksamkeit gilt der Innenpolitik und der wachsenden Zahl der Armen in den USA. Laut einer Studie der Columbia University soll das Hilfspaket die Armut in den USA um ein Drittel verringern und fast 13 Millionen Amerikaner aus der Bedürftigkeit herausholen.

Sollte es Biden außerdem gelingen, die Arbeitslosigkeit rapide zu senken, hätten die Demokraten gute Voraussetzungen für die Kongresswahlen im kommenden Jahr. Biden hat den Erfolg seiner Präsidentschaft direkt an die Covid-Hilfen geknüpft und wiederholt betont, dass er Fehler aus der Obama-Regierung in der Finanz- und Bankenkrise nicht wiederholen wolle.

Das damalige Rettungspaket in Höhe von 800 Milliarden Dollar „war nicht groß genug“, sagte Biden. Viel hilft viel – das ist das Credo des Präsidenten. Und bereits am Freitag wird Biden das Gesetz mit seiner Unterschrift in Kraft setzen.

Mehr: Dow Jones erklimmt neues Rekordhoch – Zockerpapiere sind wieder gefragt

Startseite
Mehr zu: Corona-Hilfen - US-Kongress billigt das größte Konjunkturpaket aller Zeiten – Warum es auch große Risiken birgt
0 Kommentare zu "Corona-Hilfen: US-Kongress billigt das größte Konjunkturpaket aller Zeiten – Warum es auch große Risiken birgt"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%