Corona-Verschärfungen Italiens Regierung schickt das Land über Ostern in harten Lockdown

Zwischen Ostersamstag und -montag dürfen die Menschen in Italien nur aus wichtigen Gründen ihre Häuser verlassen.
Rom Nachdem die Italiener schon das Weihnachtsfest im Lockdown verbringen mussten, hatten viele auf ein halbwegs normales Ostern gehofft. Doch Premier Mario Draghi hat diese Hoffnungen am Freitag kassiert: Ganz Italien geht von Ostersamstag bis -montag in einen harten Lockdown.
Die Bürger dürfen drei Tage lang ihre Häuser nicht verlassen – nur für Einkäufe, Arztbesuche oder den Weg zur Arbeit. Private Besuche sind stark eingeschränkt, niemand soll sich bewegen. Gerade mal zehn Tage, nachdem die Regierung ihre Corona-Maßnahmen verschärft hat, legt sie nun schon wieder nach.
Zu schnell hat sich das Infektionsgeschehen verschlechtert. Versuchte man bisher alles, um die dritte Welle weiter nach hinten zu schieben, befindet sich das Land nun schon mittendrin. Am Donnerstag schnellte die Zahl der Neuinfektionen wieder auf mehr als 25.000 Menschen, Anfang der Woche überschritt Italien die traurige Schwelle von 100.000 Corona-Toten.
Fast eine halbe Million Menschen sind aktuell mit dem Virus infiziert. Das sind rund 100.000 mehr als noch vor einem Monat. In allen Regionen steigt die Zahl der Infizierten an. Am schlimmsten betroffen ist die wirtschaftsstarke Lombardei im Norden Italiens mit knapp 6000 neuen Fällen. Dort liegt der Anteil der britischen Variante schon bei mehr als zwei Drittel aller Neuinfektionen.
Ab Montag wird auch das Ampelsystem, das Italien seit November in Risikozonen unterteilt, noch einmal nachgeschärft. Regionen, die die wöchentliche Schwelle von 250 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner überschreiten, werden automatisch zur Lockdown-Zone. Damit färbt sich mehr als die Hälfte Italiens in der kommenden Woche rot auf der Karte.
Schulen werden fast überall geschlossen
In elf der 20 Regionen müssen Millionen von Schülern zuhause bleiben, auch Kitas und Grundschulen sind betroffen. Geschäfte und Restaurants bleiben geschlossen. Es gilt eine strenge Ausgangssperre. Mit der Lombardei, Venetien, Piemont und der Emilia-Romagna ist der komplette wirtschaftliche Motor im Norden Italiens betroffen.
Hart trifft es auch die Region Latium. Seit mehr als sechs Wochen befindet sich das Gebiet rund um Rom in der „gelben Zone“: Restaurants sind bis 18 Uhr geöffnet, ebenso Einzelhandel und Friseure, unter der Woche selbst Museen und Zoos. Zuletzt hat sich das Infektionsgeschehen aber rapide verschlechtert. Latium kommt auf einen R-Wert von 1,3. Die Region überspringt daher die orange Stufe und wird ab Montag samt der Hauptstadt direkt zur roten Lockdown-Zone.
Auch andere bisher gelbe Regionen werden zum orangenen Risikogebiet, nur auf Sardinien können die Bürger ohne große Einschränkungen leben: Die Region fährt seit Wochen ein hartes Einreisekonzept und lässt nur negativ getestete Menschen auf die Insel.
Für die ohnehin gebeutelten Unternehmen sind das alles keine guten Nachrichten. Die Regierung hat zwar zuletzt Entschädigungen in Höhe von 32 Milliarden Euro versprochen. Doch das Land fürchtet nun weiter um den Aufschwung nach dem Katastrophenjahr 2020, in der die Wirtschaft um fast neun Prozent eingebrochen ist. Dabei gab es zuletzt positive Signale: Die OECD hatte eine starke Wachstumsprognose verkündet. Um 4,1 Prozent soll die italienische Wirtschaft in diesem Jahr wachsen, um weitere vier Prozent in 2022.
Viel wird auch von der Impfkampagne abhängen, die Draghi weiter beschleunigen will. Etwas mehr als acht Prozent der Bevölkerung haben bisher eine Dosis erhalten. Nun soll das Tempo anziehen. Neu ist, dass künftig auch die Unternehmen miteinbezogen werden können.
Entlassungsstopp verlängert
Zuletzt hatte der Industrieverband Confindustria vorgeschlagen, Fabriken zur Verfügung zu stellen, um das öffentliche System zu entlasten. Einige Regionen haben dem Vorschlag schon zugestimmt, auch Betriebsärzte sollen direkt Mitarbeiter impfen können.
Den weltweit einmaligen Entlassungsstopp für alle Branchen, der seit Beginn der Pandemie gilt, hat die Regierung indes bis Ende Juni verlängert. Nach Ablauf der Frist dürfen Unternehmen, die Gelder aus der normalen Arbeitslosenversicherung erhalten, wieder Mitarbeiter kündigen.
Für Firmen, die sich aus dem staatlichen Corona-Notfonds bedienen mussten, bleibt der Kündigungsstopp bis in den Herbst. Bis dahin will Draghis neue Regierung umgreifende Reformen der Sozialversicherung präsentieren.
Mehr: Russlands Impfstoff Sputnik-V soll in Italien produziert werden
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.