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Coronakrise in den USA Trump verabschiedet sich von seinem Optimismus und verlängert den Lockdown

Der US-Präsident ordnet einen weiteren Monat Stillstand an und rechnet mit 100.000 Toten im Land. Damit stimmte Trump die Amerikaner auf einen langen Kampf ein.
30.03.2020 - 18:34 Uhr Kommentieren
Donald Trump: „Nichts wäre schlimmer, als den Sieg zu verkünden, bevor der Sieg errungen ist.“ Quelle: Reuters
US-Präsident

Donald Trump: „Nichts wäre schlimmer, als den Sieg zu verkünden, bevor der Sieg errungen ist.“

(Foto: Reuters)

Washington Donald Trump hatte das tägliche Briefing seiner Corona-Taskforce aus dem engen Presseraum in den Rosengarten des Weißen Hauses verlegen lassen. Unter wärmender Frühlingssonne rief der Präsident der USA am Sonntag zunächst die Vertreter von Pharma- und Logistikkonzernen ans Rednerpult, die nach den obligatorischen Ergebenheitsadressen („Danke für Ihre großartige Führung, Herr Präsident“) über ihren Beitrag zur Linderung der Coronakrise berichten durften. Danach plauderte Trump noch etwas über sein Gespräch mit dem Schnitzelkoch Wolfgang Puck („ein toller Gastronom“).

Dann erst ließ der Präsident die Bombe platzen. Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens, die das Weiße Haus den amerikanischen Bürgern empfiehlt, bleiben bis zum 30. April in Kraft. „Nichts wäre schlimmer, als den Sieg zu verkünden, bevor der Sieg errungen ist“, sagte Trump. Die Frühlingsstimmung war in diesem Moment jäh verflogen.

Mit der Verlängerung des sogenannten Lockdowns um einen Monat verabschiedet sich Trump von seiner noch vor wenigen Tagen geäußerten Hoffnung, dass die landesweiten Einschränkungen bereits zu Ostern, also am 12. April, aufgehoben werden könnten. Zu Ostern erwartet Trump nun erst den Höhepunkt der Pandemie in den USA.

Er stimmte die Amerikaner zugleich auf einen langen und opferreichen Kampf gegen das Coronavirus ein. Wenn es gelinge, die Todeszahl durch die getroffenen Eindämmungsmaßnahmen auf 100 000 zu begrenzen, wäre das ein guter Ausgang für die USA.

Deborah Birx, Leiterin der Corona-Taskforce des Weißen Hauses, rechnet damit, dass der Seuche in den USA auch mit der verlängerten Sperre „80.000 bis 160.000, möglicherweise auch 200.000 Menschen zum Opfer fallen werden“.

Die Empfehlungen des Weißen Hauses sehen unter anderem vor, dass Gaststätten nur noch Essen außer Haus anbieten, Ansammlungen von mehr als zehn Personen vermieden werden und Schulen und Büros möglichst geschlossen bleiben. In zahlreichen besonders von der Pandemie betroffenen Bundesstaaten wie Kalifornien oder New York haben die Gouverneure noch weit schärfere Regeln verhängt, bis hin zu Ausgangssperren.

Trump reagiert auf die Bedenken von Seuchenexperten

Mit der Verlängerung des Lockdowns reagiert Trump auf die Bedenken von Seuchenexperten, die vor einer zu frühen Aufhebung gewarnt hatten. In einem Interview mit dem Nachrichtensender CNN berichtete Anthony Fauci, Mediziner und Mitglied der Corona-Taskforce, dass er und Birx den Präsidenten bei einem Treffen in dessen Büro, dem „Oval Office“, eindringlich zu einer Verlängerung der Maßnahmen geraten hätten: „Wir haben ihm die Daten gezeigt, er hat sich die Daten angesehen, und er hat es gleich begriffen.“ Im Gegenzug hatten Trumps Wirtschaftsberater den Präsidenten gedrängt, die Einschränkungen des öffentlichen Lebens möglichst rasch wieder zu lockern.

Auf die Frage, ob die Maßnahmen nach dem 30. April noch einmal verlängert werden müssen, antwortete Trump am Sonntag: „Wir hoffen nicht.“ Allerdings wird es auch nach dem 30. April in den USA nur eine allmähliche Rückkehr zur Normalität geben.

Am Donnerstag hatte Donald Trump in einem Brief an die Gouverneure der Bundesstaaten sein Ausstiegsszenario aus den US-weiten Einschränkungen skizziert. Demnach will Trump die steigende Verfügbarkeit von Corona-Tests nutzen, um das Land möglichst schnell in drei Risikozonen zu unterteilen.

Je nach Verbreitung des Virus sollen die rund 3000 Landkreise (Counties) der USA als „high-risk“, „medium-risk“ oder „low-risk“ eingestuft werden. Anhand dieser Einteilung sollen dann die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie auf Landkreisebene verschärft, beibehalten oder gelockert werden.

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Das Weiße Haus arbeite hierfür an Richtlinien, so Trump in dem Brief an die Gouverneure, die aber von den einzelnen Bundesstaaten und den lokalen Behörden umgesetzt werden müssten. Dieser Dreistufenplan dürfte nun frühestens ab Mai Realität werden. „Ich hoffe, dass unser Land ab Juni wieder zur Normalität zurückkehren kann“, sagte Trump am Sonntag.

Neues globales Epizentrum

Von dieser Normalität sind die Vereinigten Staaten derzeit weiter entfernt als je zuvor in der Coronakrise. Weltweit ist das Land zum wichtigsten Epizentrum der Pandemie geworden. Mit rund 150.000 bestätigten Coronafällen liegen die USA mittlerweile weit vor Italien mit rund 100.000 Fällen.

Rund die Hälfte der US-Fälle sind im Bundesstaat New York diagnostiziert worden und davon wiederum rund die Hälfte in New York City. Knapp 2500 Tote waren Stand Montagnachmittag in den USA am Coronavirus verstorben, davon allein rund 800 in New York City.

In der größten Stadt des Landes sind die Krankenhäuser kaum noch in der Lage, die zahlreichen Corona-Patienten zu versorgen. Der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio sagte am Sonntag, dass die Ausstattung der New Yorker Krankenhäuser noch für eine Woche reiche – mit einer Ausnahme: „Wir brauchen sehr schnell mindestens einige Hundert Beatmungsgeräte.“

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Die hatte auch ein Frachtflugzeug nicht an Bord, das am Sonntag aus China in New York landete und 80 Tonnen Verbrauchsmaterial für Krankenhäuser anlieferte: Handschuhe, Schutzumhänge, Gesichtsmasken.

22 dieser Frachtflüge aus China sollen in den kommenden Tagen in verschiedenen Städten der USA eintreffen. China hatte seine Produktionskapazitäten für Krankenhausprodukte deutlich hochgefahren, um der Coronakrise im eigenen Land zu begegnen. Mit dem Abflauen der Krise in China können die Fabriken die Produkte nun exportieren.

Noch ist New York der Hotspot der Seuche in den USA, doch sie breitet sich rasch über das ganze Land aus. Am Wochenende hatte Trump öffentlich erwogen, den Staat New York, den angrenzenden Bundesstaat New Jersey und Teile von Connecticut unter Quarantäne zu stellen. Kurz darauf verwarf Trump die Idee wieder.

In New York sind die Krankenhäuser kaum noch in der Lage, die zahlreichen Corona-Patienten zu versorgen. Bürgermeister Bill de Blasio sagte, dass die Ausstattung noch für eine Woche reiche. Quelle: JOSE A. ALVARADO JR./The New Yor
New York

In New York sind die Krankenhäuser kaum noch in der Lage, die zahlreichen Corona-Patienten zu versorgen. Bürgermeister Bill de Blasio sagte, dass die Ausstattung noch für eine Woche reiche.

(Foto: JOSE A. ALVARADO JR./The New Yor)

Manche Bundesstaaten versuchen, die Quarantäne nun auf eigene Faust durchzusetzen. Die Gouverneure von Rhode Island, Florida und Texas haben angeordnet, dass sich Reisende, die aus dem Staat New York kommen, in eine 14-tägige Selbstquarantäne begeben müssen.

In Rhode Island und Florida stoppen laut Medienberichten Polizei und Nationalgarde gezielt Fahrzeuge mit New Yorker Kennzeichen, fragen die Insassen nach ihrem Reiseziel und verpflichten sie zur Quarantäne.

Trump legt in Umfragen zu

Die oft widersprüchlichen und erratischen Aussagen Trumps zur Coronakrise sorgen in den USA für viel Kritik, ebenso wie seine späte Reaktion auf die Pandemie. Doch in Umfragen hat Trump bislang von der Krise profitiert.

Die Zustimmung zu seiner Amtsführung ist laut dem Meinungsforschungsinstitut Gallup von 44 auf 49 Prozent gestiegen. Noch wichtiger für die Präsidentschaftswahl im November: Bei den Anhängern der Demokraten stieg die Zustimmung zu Trump um sechs Prozentpunkte, unter unabhängigen Wählern um neun Punkte. Speziell mit seiner Führung in der Coronakrise sind sogar 60 Prozent der befragten Amerikaner zufrieden.

Trump erfreute sich am Sonntag im Rosengarten an einer anderen Zahl. Kurz nachdem er den US-Bürgern eröffnet hatte, dass mindestens 100.000 von ihnen am Coronavirus sterben würden, erging er sich in Betrachtungen darüber, dass sein tägliches Corona-Briefing laut „New York Times“ mittlerweile ähnliche Einschaltquoten erzielt wie das Finale der Dating-Show „Bachelor“.

Mehr: Amerikas Bürger fürchten ihr Gesundheitssystem mehr als das Virus. Viele Betroffene können sich eine Behandlung nicht leisten. Die Politik regiert planlos.

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