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Coronakrise in Italien Virusmutationen: Draghi lässt in mehreren Regionen Schulen und Kitas schließen

Die neue Regierung um Mario Draghi verschärft die Corona-Maßnahmen. Betroffen sind vor allem Familien. Die Mutationen breiten sich zu schnell aus.
02.03.2021 - 20:32 Uhr Kommentieren
Zum ersten Mal verschärft Draghi die Corona-Schutzmaßnahmen. Quelle: AP
Der italienische Premierminister Mario Draghi

Zum ersten Mal verschärft Draghi die Corona-Schutzmaßnahmen.

(Foto: AP)

Rom Die Zeit der Corona-Lockerungen war trügerisch: Vor einem Monat konnte man in fast ganz Italien mittags wieder im Restaurant essen oder zum Friseur gehen. Schulen waren fast überall offen, die Fußgängerzonen und Promenaden füllten sich. Aber auch die Infektionszahlen stiegen wieder deutlich an: Nachdem sich die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner wochenlang bei etwa 140 eingependelt hatte, liegt sie nun wieder bei fast 200.

Am Dienstagabend hat die neue Regierung um Premier Mario Draghi erstmals Verschärfungen verkündet, vor allem bei den Schulen. „Wir brauchen den Beitrag aller Bürger“, sagte Gesundheitsminister Roberto Speranza. Dieses Mal trifft es vor allem Familien. Die britische Corona-Variante schaffe es, besonders Kinder zu infizieren, erklärte Speranza die Maßnahmen, die ab dem 6. März für einen Monat gelten.

In den roten Zonen, die einem Lockdown gleichkommen und in denen das Virus am stärksten wütet, müssen alle Schulen und Kindergärten schließen. Bisher war dies größtenteils nur für weiterführende Schulen der Fall. Aber auch in den weniger gefährdeten Zonen (orange und gelb) müssen Schulen für mindestens sieben Tage dichtmachen, wenn der Inzidenzwert bei 250 pro 100.000 Einwohnern liegt. Gleiches gilt auch auf Provinz- oder Kommunalebene. Viele Eltern im Land werden sich nun wieder auf Homeschooling einstellen müssen.

Derzeit sind die Regionen Basilikata und Molise rot gefärbt, dazu gibt es aber auch auf lokaler Ebene schon mehrere Mini-Lockdowns. Weitere acht Regionen sind orange Zonen, in denen die Restaurants nur Abholung und Transport anbieten dürfen.

Der Mediziner Silvio Brusaferro erklärte, dass die britische Variante derzeit schon 54 Prozent aller Neuinfektionen in Italien ausmache. Auch die brasilianische Variante breite sich aus, sie kommt auf einen Anteil von 4,5 Prozent.

Britische Variante in den Schulen

Dass Schulen besonders betroffen sind, zeigt ein Blick auf die Zahlen aus der Emilia-Romagna, der Region rund um Bologna. In den vergangenen vier Wochen haben sich hier rund 6000 Kindergartenkinder, Schüler und Erzieher angesteckt. Das ist ein Anstieg von 70 Prozent im Vergleich zum Vormonat.

In den vergangenen zwei Wochen hat sich die Inzidenzzahl bei den Sechs- bis 18-Jährigen auf 350 pro 100.000 hochgeschraubt. Bei den unter Fünfjährigen liegt der Wert nahe bei 250.

Die Schulschließungen waren der größte Streitpunkt bei den Verhandlungen zwischen Regierung und Regionen. Quelle: dpa
Eine Schülerin protestiert gegen die Schulschließungen

Die Schulschließungen waren der größte Streitpunkt bei den Verhandlungen zwischen Regierung und Regionen.

(Foto: dpa)

Das Verbot, in andere Regionen zu reisen, bleibt bis 27. März bestehen. Seit den Weihnachtsferien dürfen die Italiener ihre Region nicht verlassen, außer für berufliche Gründe und Notfälle. Touristische Reisen oder Besuche bei entfernter lebenden Verwandten sind nicht erlaubt.

Die Schulschließungen waren der größte Streitpunkt bei den Verhandlungen zwischen Regierung und Regionen. Luca Zaia, Gouverneur Venetiens, beschwerte sich über die festgezurrte Inzidenzzahl – dies würde Regionen benachteiligen, die besonders viel testen.

Sein Kollege Stefano Bonaccini aus der Emilia-Romagna forderte einen Bonus für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen müssen. Immerhin plant die Regierung 200 Millionen Euro für Lohnfortzahlungen an Eltern bereitzustellen, die Zwangsurlaub nehmen müssen. Auch weitere Entschädigungen für die von Schließungen betroffenen Betriebe sind in Arbeit.

Die Zahl der Corona-Positiven ist aktuell auf knapp 425.000 Menschen angestiegen. Vor zwei Wochen war der Wert erstmals seit November wieder unter die 400.000er-Marke gefallen, nun zeigt die Kurve wieder stetig nach oben.

Zuletzt wurden rund 17.000 neue Fälle gemeldet, die Zahl der Toten stieg um 343 auf insgesamt fast 98.000. Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Infektionsgeschehen in Italien bis Mitte März auf einen neuen Höhepunkt zusteuert.

In neun Regionen liegt die Belegung der Intensivbetten bereits über der kritischen Schwelle. In Umbrien sind etwa schon 56 Prozent der Betten besetzt, in der kleinen Region Molise sind es 49 Prozent. In Umbrien entfällt zudem mehr als die Hälfte aller Klinikbetten auf Covid-Patienten.

Ein General für die Impfkampagne

Ex-Premier Giuseppe Conte machte die Verkündung von Corona-Maßnahmen immer zur Chefsache. Er setzte sich im Palazzo Chigi, gern mit Italienflagge auf der Gesichtsmaske, vor die Kameras und erklärte seinen Landsleuten die neuen Regeln.

Sein Nachfolger Draghi macht es anders, wie so vieles bisher: Er schickte Gesundheitsminister Speranza und die für die Regionen zuständige Ministerin Maria Stella Gelmini vor die Presse, flankiert von zwei Gesundheitsberatern der Regierung.

Schon am Montag hatte Draghi die Impfkampagne personell neu aufgestellt, die viel zu langsam anläuft: 1,4 Millionen Menschen sind bisher vollständig geimpft, mehr als vier Millionen haben zumindest schon eine Dosis erhalten.

Wenn Italien allerdings in dem Tempo weiterimpft, wäre die Herdenimmunität erst in drei bis vier Jahren erreicht. Am Montag hat der ehemalige EZB-Chef daher einen Militärbeamten zum neuen Corona-Sonderkommissar ernannt: Francesco Paolo Figliuolo. Der General und Chef der Armeelogistik, der schon im Kosovo- und Afghanistaneinsatz war, soll nun die Impfkampagne voranbringen.

Draghi will einen erneuten landesweiten harten Lockdown, wie vor einem Jahr, unbedingt vermeiden. Der Produktionsstopp hat damals zwar entschieden die Infektionskurve abgeflacht – aber auch dafür gesorgt, dass Italiens Wirtschaft 2020 um 8,8 Prozent eingebrochen ist.

Ein neuer Lockdown und eine zu langsame Impfkampagne würden zudem den zarten Aufschwung – die Wachstumsprognose für 2021 beträgt 3,4 Prozent – gleich wieder abwürgen.

Mehr: „Erst impfen, dann reformieren“: Italiens Chef des Industrieverbands im Interview.

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