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Coronavirus Regierungen geben Milliarden für Unternehmen – ohne sich abzustimmen

Weltweit wächst die Angst vor Liquiditätsproblemen von Firmen. Die Regierungen stellen milliardenschwere Hilfspakete bereit – doch jedes Land arbeitet für sich.
11.03.2020 - 19:03 Uhr Kommentieren
Die Auswirkungen des Coronavirus beeinträchtigen in diesen Tagen weltweit den Alltag der Menschen. Quelle: AFP
Fahrradfahrer mit Mundschutz in Mailand

Die Auswirkungen des Coronavirus beeinträchtigen in diesen Tagen weltweit den Alltag der Menschen.

(Foto: AFP)

Düsseldorf, London, Mailand, New York, Paris, Peking, Tokio Es sind die Worte, auf die derzeit alle zu warten scheinen: „Was auch immer nötig ist.“ Der britische Schatzkanzler Rishi Sunak nahm sie gleich mehrmals in den Mund. Das staatliche Gesundheitssystem NHS werde alles Geld bekommen, was es zur Bewältigung der Corona-Epidemie brauche. „Egal, ob es Millionen oder Milliarden sind.“

30 Milliarden Pfund (34,3 Milliarden Euro) ist das am Mittwoch verkündete Hilfspaket der britischen Regierung insgesamt groß. Es umfasst Entschädigungen, Bürgschaften und Steuersenkungen für Unternehmen, die von der Krise betroffen sind.

Um ihren Cashflow zu schonen, bekommen Unternehmen einen Steueraufschub. Die Regierung bürgt für Überbrückungskredite für kleine und mittlere Unternehmen von bis zu 1,2 Millionen Pfund. Ferner wird die Gewerbesteuer für den Gastronomie- und Freizeitsektor für dieses Jahr abgeschafft. 700.000 Kleinstunternehmen bekommen eine Cash-Zahlung von 3000 Pfund. Man werde tun, was nötig sei, um die Wirtschaft zu unterstützen, sagte Sunak.

Es ist die Zeit des „Whatever it takes“, jener Worte, die der damalige Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, im Juli 2012 in London wählte, um die Finanzmärkte in der Euro-Krise zu beruhigen. Bewusst wählten britische Regierung und Notenbank ein gemeinsames Vorgehen am Mittwoch. „Die koordinierte geld- und fiskalpolitische Antwort sendet ein Signal, dass die Institutionen zu aggressivem Handeln bereit sind, um die negativen wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus zu begrenzen“, lobte Andrew Goodwin, britischer Chefökonom bei der Beratungsfirma Oxford Economics. Vor allem die Maßnahmen, den Cashflow der Unternehmen sicherzustellen, könnten in den kommenden Wochen entscheidend sein, urteilte Rain Newton-Smith, Chefvplkswirtin des britischen Arbeitgeberverbands CBI.

Etwa zur gleichen Zeit rund 1500 Kilometer Luftlinie entfernt stellte in Rom Italiens Premier Guiseppe Conte zusammen mit Wirtschafts- und Finanzminister Roberto Gualtieri das massiv aufgestockte italienische Hilfsprogramm vor: 25 Milliarden Euro Finanzhilfen für Gesundheitswesen und Wirtschaft. Das entspricht 1,1 Prozent des italienischen Bruttoinlandsprodukts.

Renten- und Versicherungszahlungen können ausgesetzt werden, Selbstständige sollen Arbeitslosenhilfe erhalten. Zwölf Milliarden sollen sofort eingesetzt werden. Beim Rest hofft das Land mit der weltweit zweithöchsten Zahl an Infizierten nach dem Ursprungsland China auf Hilfen aus dem EU-Corona-Hilfsfonds von 25 Milliarden Euro.

Coronavirus: „Italien ist nicht mehr das Land, das es gestern war“


Die drittgrößte Wirtschaft der Euro-Zone ist seit Dienstag zur Sperrzone erklärt worden. In einem Moment, wo Nachfrage und Angebot einbrächen, müsse die Beschäftigung gestützt werden, sagte Ökonom Stefano Miscossi, Generaldirektor des Verbands der Aktiengesellschaften, Assonime. Doch er warnte angesichts der hohen italienischen Staatsverschuldung, dass die Finanzmärkte keine Ausgabenpolitik ohne Gegenfinanzierung mögen.

Hilfen für kleinere Unternehmen

Die Sorge, dass die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Mittwoch offiziell als Pandemie eingestufte Krankheitswelle kleine und mittlere Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit treiben könnte, ist derzeit überall auf der Welt hoch. Auch in Frankreich. Kleine und mittelgroße Unternehmen gelten wegen häufig schwacher Liquidität und knapper Kapitaldecke als besonders gefährdet, sei es wegen Ausfällen bei Zulieferern oder weil sie aufgrund von Personal- und Transportschwierigkeiten ihre Lieferverpflichtungen nicht einhalten können.

In Frankreich kann die Zahlung von Steuern und Sozialabgaben gestundet werden. Steuern können fallweise gesenkt werden. Die staatliche Investitionsbank BPI hält spezielle Liquiditätshilfen für Klein- und Mittelbetriebe bereit. Das Kurzarbeitergeld wird ausgeweitet und aufgestockt, der Staat übernimmt fast 70 Prozent der Leistungen.

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Im Falle von Konflikten mit einem Kunden stellt das Wirtschaftsministerium den Unternehmen Mediatoren zur Seite, die sie unterstützen. Präsident Emmanuel Macron drängt auf eine bessere Abstimmung in Europa, wo die Ansätze zur Epidemie-Eindämmung unterschiedlich sind: Während Italien auf Abschottung setzt, will Frankreich vor allem das Funktionieren von Wirtschaft und Staat gewährleisten und verhindern, dass das öffentliche Leben zum Erliegen kommt.

Keine Führung durch die USA

Ein schnelleres und global besser abgestimmtes Vorgehen fordert auch Desmond Lachman vom konservativen American Enterprise Institute: „Wir brauchen einen gemeinsamen Ansatz. Derzeit arbeitet jedes Land für sich an Lösungen. Aber das ist ein globales Problem“, mahnt er. In der Vergangenheit hätten die Amerikaner in solchen Situationen die Führungsrolle übernommen. „Diesmal fehlt ihre Führung.“

US-Präsident Donald Trump, der das Coronavirus lange als ungefährlich abgetan hatte, reagiert mit reichlich Verspätung – die steigende Zahl an Infektionen und die Panikstimmung an den Finanzmärkten haben ihn dazu gebracht. Vergangenen Freitag stellte die US-Regierung mit Zustimmung der Demokraten 8,3 Milliarden Dollar für die Bekämpfung des Coronavirus zur Verfügung. Darüber hinaus hat Trump am Montag angekündigt, er werde ein breit angelegtes Hilfspaket auf den Weg bringen. Details gibt es noch nicht zu dem Paket, weil die Regierung noch mit beiden Parteien im Senat und im Abgeordnetenhaus verhandelt.

Man denke über eine vorübergehende Steuersenkung nach, sagte Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow. Aber auch die Themen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Hilfen für mittlere und kleine Unternehmen würden diskutiert. Ein Zinsschritt der US-Notenbank war vergangene Woche an den Märkten verpufft. In dieser Woche appellierte die Federal Reserve an die Banken, ihren Kunden in diesen schwierigen Zeiten zu helfen und die Kreditvergabe nicht durch unnötige Prüfungen zu erschweren.

Neil Bradley, Chief Policy Officer der US-Handelskammer, forderte gezielte Maßnahmen für betroffene Unternehmen: „Das ist nicht die Situation, in der wir die Wirtschaft mit Geld fluten müssen. Was wir machen müssen, ist, jenen zu helfen, die negativ davon beeinflusst sind, das zu überbrücken.“ Lachman sieht die Gefahr einer globalen Kreditklemme. „2008 konnten die Zentralbanken die Zinsen noch stärker senken. Diesmal gibt es kaum Spielraum für Zinssenkungen“, warnt er.

In China ist es mittlerweile schwierig, den Überblick über die einzelnen Hilfsprogramme zu behalten. Gleich am 23. Januar, als die Metropole Wuhan von der Außenwelt abgeriegelt wurde, schnürte die chinesische Zentralregierung ein Hilfspaket in Höhe von umgerechnet 126 Millionen Euro. Es folgten Subventionen und Investitionen im Gesundheitssystem, Steuererleichterungen für Firmen sowie die Befreiung von diversen Sozialabgaben.

Mittel gegen Cashflow-Probleme

Details dieser Ermäßigungen variieren je nach Stadt- und Lokalregierung. Unternehmen in der südwestchinesischen Provinz Sichuan etwa mussten für Februar keine Miete zahlen, im März und April nur die Hälfte. In Peking können Unternehmen ihre Steuern drei Monate später zahlen.

Die Hongkonger Regierung verteilte an jeden Bürger umgerechnet fast 1200 Euro, um den Konsum anzukurbeln. Die chinesische Zentralbank und die Finanzbehörden wiesen die Geldinstitute an, die Einforderung von Ratenrückzahlungen zu lockern, mehr kurz- und mittelfristige Kredite mit niedrigen Zinsen zu vergeben und Unternehmen, die bei der Seuchenkontrolle eine wichtige Rolle spielten, mit billigen Krediten zu unterstützen.

Ziel ist es, kleinen und mittleren Unternehmen zu helfen, die durch Produktions- und Umsatzausfälle an Liquiditätsengpässen leiden werden. Am Mittwoch kündigte die chinesische Regierung an, dass die Mindestreserveanforderungen der Banken gesenkt würden, um die Finanzierung betroffener kleinerer Unternehmen zu unterstützen.

Handelsblatt Morning Briefing - Corona Spezial

Auch in Japan ist die Angst vor Cashflow-Problemen im Mittelstand groß. Die Regierung hat über zwei Hilfsprogramme umgerechnet 12,7 Milliarden Euro bereitgestellt. Damit will sie kleinen und mittleren Unternehmen sowie Selbstständigen über die negativen Folgen der Epidemie helfen. Unternehmen, deren Umsatz wegen der Epidemie um fünf Prozent einbricht, dürfen langfristige Kredite zu einem Zinssatz von weniger als einem Prozent in Anspruch nehmen.

Bei kleinen Geschäften, deren Umsatz um 20 Prozent wegbricht, übernimmt die Regierung die Zinszahlungen. Weitere Pakete dürften folgen. Am Mittwoch sickerten Überlegungen durch, Eltern finanziell zu unterstützen, die wegen der nationalen Schulschließungen zu Hause bleiben müssen. Schon im April soll das Geld fließen.

Nachbar Südkorea, eines der von Corona am stärksten betroffenen Länder, hat einen Nachtragshaushalt in Höhe von umgerechnet 8,7 Milliarden Euro beschlossen. Das Programm liegt dem Parlament vor. Ministerpräsident Chung Sye Kyun mahnte am Mittwoch zur Eile: „Es war noch nie so dringend.“

Mehr: Alle Entwicklungen zum Coronavirus im Newsblog.

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