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Covid-19 Leere Läden und fallender Ölpreis – Coronavirus-Krise erschüttert den Mittleren Osten

Das Coronavirus hat den Iran und seine Nachbarstaaten schwer getroffen. Es mangelt an Medizinpersonal und Schutzkleidung. Die Führung gerät in Panik. 
01.03.2020 - 14:20 Uhr 1 Kommentar
Mitarbeiter der Stadtverwaltung von Teheran reinigen eine U-Bahn, um die Ausbreitung des neuen Coronavirus zu verhindern. Quelle: dpa
U-Bahn in Teheran

Mitarbeiter der Stadtverwaltung von Teheran reinigen eine U-Bahn, um die Ausbreitung des neuen Coronavirus zu verhindern.

(Foto: dpa)

Berlin, Riad Als Lufthansa, British Airways und andere westliche Fluggesellschaften ausnahmslos alle ihre Flüge nach China wegen der Viruskrise cancelten, sprangen Iran Air und Mohan Air in die Bresche. Die wirtschaftlich schwer angeschlagenen iranischen Airlines witterten eine Geschäftschance und brachten so das Virus in die Heimat.

Seitdem sind im Iran schon über 50 Menschen am Coronavirus verstorben, 600 Infizierte sind bekannt, Hunderte liegen auf Intensivstationen. 

Versorgt werden können sie dort kaum noch, da sich Krankenschwestern mangels Schutzkleidung – sie mussten aus Mangel an Sicherheitsware teilweise Müllsäcke statt Kitteln umbinden – reihenweise in den Urlaub verabschiedeten.

Auch Atemmasken werden mittlerweile knapp. Die Preise für Mundschutz schossen genauso in die Höhe wie für Desinfektionsmittel.

Mit Ausnahme von China hat der Iran die meisten Corona-Todesfälle weltweit und ist weitgehend schutzlos. Hauptort der Infektionen ist Qom, der Sitz der höchsten schiitischen Kleriker im Iran, die Schule von Irans Islamgelehrten.

Sogar Regierungsmitglieder sind infiziert

Sogar den Vize-Gesundheitsminister hat es erwischt: Iraj Harirchi stand der Schweiß auf der Stirn, und er musste sich immer wieder das Gesicht abwischen, während er eine Pressekonferenz zu den Auswirkungen der Epidemie auf sein Land erklärte. Anfangs behauptete er noch, alles sei eine ausländische Verschwörung. Dann räumte er in einem kurzen Video in den sozialen Netzwerken ein, dass er selbst an dem Virus erkrankt sei. „Dies ist ein demokratisches Virus. Es unterscheidet nicht zwischen reich und arm, zwischen mächtig und machtlos. Es könnte eine Menge Leute infizieren“, sagte der Vizeminister mit belegter Stimme.

Auch eine Vizepräsidentin, die auf der letzten Kabinettssitzung nur wenige Stühle neben Präsident Hassan Ruhani saß, und der Direktor einer medizinischen Hochschule sowie mindestens vier Parlamentsabgeordnete sind erkrankt. Der frühere iranische Vatikan-Botschafter ist an den Folgen des Virus bereits verstorben.  

Auf Teherans Straßen herrscht Wut. Tagelang wurden Kritiker beschimpft und mehr als 20 Blogger unter dem Vorwurf festgenommen, sie würden Falschmeldungen über die Ausbreitung des Virus verbreiten. Jetzt herrscht Apathie und Hilflosigkeit. 

Viele Läden, das zeigen auf dem Social-Media-Kanal Telegram verbreitete Aufnahmen, sehen so leer gefegt aus wie damals die Geschäfte in der DDR oder zu Endzeiten der Sowjetunion. In einigen Regalen steht nur noch Ketchup. Restaurants spüren die Gästeflaute, Kinos stehen leer, Einkaufszentren sind wie ausgestorben – die sonst so ausgehfreudigen Iraner bleiben zu Hause.

Die Krise trifft den Iran kurz vor der wichtigsten Reisezeit

Viele fühlen sich gefangen im eigenen Land, da erstmals alle Reisen ins Ausland gestoppt, alle Flugreisen in die Türkei, nach Dubai und zu anderen Zielen gestrichen wurden. 

Und das kurz vor dem iranischen Neujahrsfest Nowruz am 20. März, das mit zwei Wochen Ferien gefeiert wird. Reisebüros wurden von der Regierung aufgefordert, Buchungen kostenlos zu stornieren. Doch viele verweigern die Rückzahlungen.

Irans Führung, ohnehin schwer angeschlagen seit der Drohnen-Ermordung von General Ghassem Soleimani durch die USA in Bagdad und dem anschließenden Vertuschungsversuch um den Raketenabschuss eines ukrainischen Zivilflugzeugs kurz nach dem Start in Teheran, gerät massiv unter Druck. 

Ihr wird immer offener Versagen in der Corona-Krise vorgeworfen. Blogger und Zeitungen, die Kritik üben, werden scharf verfolgt. Das Regime schränkt den ohnehin engen Raum für andere Meinungen und unabhängige Experten noch weiter ein.

Immerhin wurde jetzt angeordnet, die Produktion von Atemschutzmasken auf 1,5 Millionen Stück täglich zu verdoppeln, wie die iranische Analystin Mahya Kerbalaii aus Teheran berichtet. Die Importzölle für solche Masken und Desinfektionsmittel wurden von 55 auf fünf Prozent reduziert, und der Export von Rohmaterial zur Produktion von Schutzmasken sowie die Ausfuhr von Chemikalien, die zur Desinfektion benötigten werden, wurden verboten.

Der abgestürzte Ölpreis bringt auch Saudi-Arabien in Not

Auch der mit dem Iran verfeindete Nachbarstaat Saudi-Arabien leidet heftig unter der Corona-Krise. Der für das Land so wichtige Pilgertourismus zu den heiligen Stätten in Mekka wurde vorübergehend eingestellt. 

Flugverbindungen ins befreundete Bahrain wurden wegen des dortigen Corona-Ausbruchs gecancelt. Bahrain ist für vergnügungssüchtige Saudis ein wichtiger Fluchtpunkt. Vor allem aber durchkreuzt die Einreisesperre in die für Moslems heiligen Städte Mekka und Medina die Pläne des Königreichs zur Öffnung für Touristen.

Mit kürzlich eingeführten elektronischen Visa sowie Investitionen in mindestens zweistelliger Milliardenhöhe in neue Hotels, Vergnügungsparks und nagelneue Luxusresorts am Roten Meer will das bisher verschlossene und mit erzkonservativen wahhabitisch-islamischen Regeln überzogene Land den Tourismus zu einer wesentlichen Einnahmequelle machen.

Vor allem aber trifft die infolge der Corona-Krise erheblich eingebrochene Ölnachfrage aus China und anderen asiatischen Staaten Saudi-Arabien empfindlich. Schon zuvor hatten Bankanalysten mit einem sich ausweitenden Defizit des Staatshaushalts wegen des ohnehin in den letzten Wochen schwachen Ölpreises gerechnet. Nun ist der Preis für ein Fass Rohöl (159 Liter) auf unter 50 Dollar abgeschmiert. Öl ist noch immer mit einem Anteil von 85 Prozent des Saudi-Budgets das Schmiermittel des Königreichs.

Mitte März wollte Riad sein „Neom“ genanntes, 500 Milliarden Dollar teures und zum Gigaprojekt hochstilisiertes Investitionsvorhaben vor Hunderten ausländischen Bankern, Fondsmanagern, Automobilbossen und Konzernvertretern präsentieren. 

Vor allem gewaltige Tourismuspläne und völlig neue Konzepte für zukünftige Mobilität sollten die Lenker weltweit bekannter Firmen und die Verwalter von Billionenvermögen in die geplante Zukunftsmetropole von der Größe Belgiens locken. Das sagte Neom-CEO Nazmi Al-Nasr vor einer von Ex-Vizekanzler und Handelsblatt-Autor Sigmar Gabriel angeführten deutschen Unternehmerdelegation des Nah- und Mittelostvereins (Numov) in Riad. Corona dürfte auch diese hochtrabenden Pläne vorerst lahmlegen.

Nur eine Meldung ist merkwürdig: Trotz der harten US-Sanktionen gegen den Iran und nun noch der Epidemie steigt der TSE-Index der Teheraner Börse immer weiter. Er war schon im letzten Jahr der bestperformende Aktienindex der Welt und kennt auch jetzt nur einen Weg: nach oben. 

Mehr: Wie Anleger auf den Corona-Schock reagieren sollten.

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1 Kommentar zu "Covid-19: Leere Läden und fallender Ölpreis – Coronavirus-Krise erschüttert den Mittleren Osten"

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  • Dass der TSE-Index steigt, ist angesichts der hohen Preissteigerungsrate (aktuell 25%) kein Wunder....

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