Bericht zur Ungleichheit Zahl der Milliardäre nahezu verdoppelt, Zahl der Armen sinkt langsamer

Die Zahl der absolut Armen sinkt – aber langsam.
Düsseldorf Die globale Elite macht sich allmählich auf den Weg nach Davos, wo am Montagabend das Jahrestreffen des World Economic Forum beginnt. Gleichzeitig schlägt die Hilfsorganisation Oxfam Alarm: Die Ungleichheit bei den Vermögen habe sich zwischen 2017 und 2018 dramatisch verschärft.
Die Vermögen der Milliardäre in aller Welt seien 2018 gegenüber 2017 um zwölf Prozent gestiegen, während die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung Vermögenseinbußen von elf Prozent erlitten habe. Das geht aus dem Bericht hervor, den die britische Hilfs- und Entwicklungsorganisation Oxfam alljährlich im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums in Davos veröffentlicht.
Die Zahlen verbindet Oxfam mit konkreten politischen Forderungen. So können laut dem Bericht öffentliche Angebote in den Bereichen Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung wesentlich dazu beitragen, Armut und Ungleichheit zu verringern. Doch diese Angebote seien weltweit dramatisch unterfinanziert. Oxfam fordert deshalb Investitionen in die öffentliche Bildungs- und Gesundheitsversorgung sowie eine stärkere und effektivere Besteuerung von Konzernen und Vermögenden.
Für den Datenteil des Berichts bezieht sich Oxfam auf frei zugängliche Datensammlungen, vor allem die Milliardärsliste des US-Wirtschaftsmagazins Forbes und das „Wealth Databook“ der Schweizer Bank Credit Suisse. Beide Datenquellen sind mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, weil insbesondere Angaben zu sehr großen Vermögen vor allem auf Schätzungen beruhen.
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An der Grundaussage gibt es allerdings wenig Zweifel: Die Vermögen weltweit sind tatsächlich sehr ungleich verteilt und diese ungleiche Verteilung nimmt eher zu als ab. So verweist Oxfam darauf, dass sich in den zehn Jahren seit der Finanzkrise die Zahl der Milliardäre weltweit nahezu verdoppelt habe. Allein von 2017 auf 2018 sei ihr Vermögen um rund 900 Milliarden Dollar gewachsen – das sind 2,5 Milliarden Dollar pro Tag.
Ebenso unstrittig: Die untere Hälfte der Weltbevölkerung verfügt über sehr geringes oder gar kein Vermögen oder ist gar verschuldet. Daher sind Aussagen darüber, wie sich die Vermögen dieser Gruppe entwickelt haben, von geringer Aussagekraft für die Lebenssituation der wirklich Armen.
Nach der Oxfam-Logik zählt zum Beispiel ein junger US-Investmentbanker, der sich für seine Studiengebühren und seinen ersten Porsche verschuldet hat, zum Heer der weltweit Armen. Ärmer sogar als ein afrikanischer Kleinbauer, der weder Vermögen noch Schulden hat.
Um zu beurteilen, ob es der ärmeren Hälfte der Bevölkerung mit der Zeit tendenziell besser oder schlechter geht, ist statt der Vermögen viel eher die Entwicklung der Einkommen relevant. Die absolute Armutsgrenze ziehen Entwicklungsorganisationen bei einem Einkommen von 1,90 Dollar pro Tag, gemessen in der Kaufkraft von 2012 und umgerechnet nach Kaufkraftparitäten. Wer weniger zur Verfügung hat, gilt als absolut arm. Rund zehn Prozent der Menschheit leben in dieser absoluten Armut. Die gute Nachricht: Trotz steigender Weltbevölkerung geht die Zahl derer, die in absoluter Armut leben, tendenziell zurück.
Ein Umstand, den auch die Oxfam-Experten nicht bestreiten. Sie verweisen allerdings darauf, dass das Tempo, in dem die extreme Armut sinkt, zurückgegangen sei. Immer weniger Menschen könnten sich aus extremer Armut befreien. Das Tempo, in dem extreme Armut abnehme, habe sich seit 2013 halbiert. In Teilen Afrikas steige die extreme Armut sogar wieder an.
Oxfam verweist ferner darauf, dass Reichtum häufig ein männliches Phänomen ist und Armut ein weibliches: Im weltweiten Durchschnitt besitzen Männer laut Oxfam-Report 50 Prozent mehr Vermögen als Frauen. Dafür beziehen Frauen um 23 Prozent niedrigere Gehälter.
Jörn Kalinski, Kampagnenleiter von Oxfam Deutschland, kommentiert den Bericht so: „Während die Superreichen ihr Vermögen in Lichtgeschwindigkeit vermehren, geht es für die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung wirtschaftlich bergab. Konzerne und Superreiche können sich weiterhin in vielen Ländern um ihren gerechten Steuerbeitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens drücken.“ Dieses Geld fehle, um in öffentliche Bildungs- und Gesundheitssysteme zu investieren.
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