Davos 2019 Topmanager verlieren die Zuversicht – Unternehmen ziehen sich auf den Heimatmarkt zurück

Nur noch ein Fünftel der CEOs hierzulande ist laut der Studie zuversichtlich für das eigene Unternehmen.
Davos Es ist gerade einmal ein Jahr her, da schwelgten die Topmanager auf dem World Economic Forum (WEF) in Davos in Champagnerlaune. Das Wirtschaftswachstum schien intakt, die Aussichten rosig und der Optimismus geradezu überschwänglich. Doch mehrere von den USA angezettelte Handelskonflikte und einen Börsenabschwung später haben die Vorstandschefs weltweit die Zuversicht verloren.
Fast 30 Prozent von ihnen glauben, dass das globale Wirtschaftswachstum in den kommenden zwölf Monaten zurückgehen wird – vor einem Jahr waren es gerade einmal fünf Prozent. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter fast 1.400 CEOs, die die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC am Montagabend auf dem Weltwirtschaftsforum in den Schweizer Bergen vorgestellt hat.
„Wenn die Zuversicht der Unternehmenschefs weiterhin ein zuverlässiger Indikator bleibt, dann wird das globale Wirtschaftswachstum im Jahr 2019 zurückgehen“, heißt es in der Umfrage von PwC.
Viele Unsicherheiten
Es sind vor allem politische Gründe, die den befragten Topmanagern die Laune verderben: Zu den zehn wichtigsten Gefahren für die Wachstumsaussichten des eigenen Unternehmens zählen die Führungskräfte an vorderster Stelle die zunehmenden politischen Unsicherheiten, die Handelsstreitigkeiten sowie die wachsende Regulierung. Aber auch der Fachkräftemangel wird in Zeiten der digitalen Revolution als größere Wachstumsbremse angesehen.
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Ulrich Störk, Deutschlandchef von PwC, begründet den wachsenden Pessimismus vieler Unternehmenschefs: „Gewisse Unsicherheiten gab es schon immer, doch diese haben im Vergleich zum letzten Jahr auf allen Ebenen zugenommen: die Handelsstreitigkeiten, der Brexit, die anstehenden EU-Wahlen, der Populismus und die Frage, wie es mit Italien weitergeht.“

Der Deutschlandchef von PwC begründet den wachsenden Pessimismus vieler Unternehmenschefs mit zunehmenden Unsicherheiten wie dem Handelsstreit und dem Brexit.
Wo derart viele Risiken zusammenkommen, könne es leicht zu einer sich selbst verstärkenden Krise kommen. „Die Topmanager befürchten, dass es angesichts der vielen Herausforderungen einen Schneeballeffekt geben könnte“, sagt Störk.
Eine Konsequenz aus der sinkenden Zuversicht: Die Unternehmen ziehen sich immer mehr auf ihren Heimatmarkt zurück. Auf die Frage nach den besten ausländischen Expansionsmärkten reagierten die Vorstandschefs in der PwC-Umfrage zögerlicher als in den Jahren zuvor.
Alle abgefragten Länder verloren an Beliebtheit, und acht Prozent der Befragten sehen kein anderes Land als ihr eigenes als wichtig für das Unternehmenswachstum an – im Vorjahr war es gerade einmal ein Prozent. Die USA bleiben zwar weltweit immer noch das populärste Ziel für Investitionen, allerdings werden auch sie nur noch von 27 statt zuvor 46 Prozent genannt.
Auch in Deutschland wird die Stimmung der Firmenlenker schlechter. Nur noch ein Fünftel der CEOs hierzulande ist laut der Studie zuversichtlich für das eigene Unternehmen, nach einem Drittel im vergangenen Jahr. Und ein weiteres Fünftel ist sogar überhaupt nicht mehr zuversichtlich, was die eigenen Geschäftsaussichten angeht.
Die ersten Ausläufer dieser sich eintrübenden Lage waren in den vergangenen Monaten schon sichtbar: Eine ganze Reihe deutscher Industriekonzerne hatte zuletzt ihre Investoren mit Gewinnwarnungen geschockt.
Weil die Unsicherheit zunimmt, fangen viele Unternehmen bereits an zu sparen. „Es gibt einen Bodensatz an normaler Instandhaltung und Erneuerung, der im Falle einer konjunkturellen Abkühlung verschoben oder gar weggelassen wird“, sagt Störk. Die Kürzung langfristiger Zukunftsinvestitionen oder gar größere Stellenstreichungen erwartet er bisher aber nicht.
Ohnehin ist die Stimmung zwar deutlich verhaltener, aber nicht dramatisch schlecht. So hoffen immerhin 42 Prozent der weltweiten CEOs auf einen besseren wirtschaftlichen Ausblick. Im vergangenen Jahr waren allerdings noch 57 Prozent derart optimistisch. „Es gibt natürlich auch noch viele wirtschaftliche Indikatoren, die intakt sind“, sagt Störk. „Und eine gewisse Abkühlung mag auch dazu führen, dass Unternehmen sich im Hinblick auf neue digitale Geschäftsmodelle fokussieren.“
Das Dilemma: Es fehlen die Fachkräfte, um den digitalen Umbau schnell genug voranzutreiben. „Für beinahe jedes Projekt benötigen Unternehmen Datenspezialisten“, sagt Störk. Insbesondere Mitarbeiter, die dabei helfen, in neue Geschäftsfelder vorzudringen, seien knapp. „Viele Unternehmen finden nicht im ausreichenden Maße die richtigen Mitarbeiter und müssen daher unter Umständen Projekte verschieben oder gar aussetzen.“
PwC hat die Topmanager im September und Oktober befragt. Ob sich die Stimmung seither nochmals verschlechtert hat, dürfte sich in den kommenden Tagen auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos zeigen.
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