Ex-Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg zeigt sich in Davos als Start-up-Unternehmer und Investor
Davos Als Nico Rosberg 2017 zum ersten Mal das World Economic Forum (WEF) besuchte, war seine Rolle klar: Im November zuvor hatte er erst die Weltmeisterschaft in der Formel 1 errungen und dann wenige Tage nach dem Triumph im Großen Preis von Abu Dhabi seine Karriere als Rennfahrer beendet. Ein freiwilliger Rücktritt auf dem Höhepunkt des Ruhms: Das ist genau die Art von Geschichten, die man in Davos liebt, wo die Organisatoren gern auch meditierende Mönche unter die Politik- und Wirtschaftsgrößen mischen.
Schon damals, sagt Rosberg, habe ihm Davos gefallen, das Bestreben, gemeinsam an einer besseren Welt zu arbeiten. „Ein Jahr später ist Nico Rosberg wieder zu Gast auf dem WEF, und die Frage nach dem Warum beantwortet sich nicht mehr so schnell.
„Dieses Jahr bin ich hier für meine eigenen Themen“, stellt ein blendend gelaunter Nico Rosberg im Gespräch mit dem Handelsblatt klar. Bereits kurz nach seinem Rücktritt hatte er angekündigt, dass er seine Zukunft als Investor und Unternehmer sehe. „Ich habe für mich eine neue Herausforderung gesucht und sie an der Schnittstelle von grüner Technologie und Mobilität gefunden“, erzählt der 33-Jährige, der 2017 zum zweiten Mal Vater geworden ist.
So hat Rosberg von seinem Vater einen 49-Prozent-Anteil an der Firma TRE in Neustadt an der Weinstraße übernommen. TRE steht für Team Rosberg Engineering. Rosbergs Vater Keke, der 1982 ebenfalls Weltmeister in der Formel 1 war, hatte das Unternehmen 1997 gegründet. Rund 50 Mitarbeiter kümmern sich bei TRE vor allem um Chassisentwicklung und Prototypenbau. Die übrigen 51 Prozent des Unternehmens gehören dem Entwicklungs-Dienstleister Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr (IAV) in Berlin.
Das derzeit spektakulärste TRE-Projekt: ein gemeinsam mit dem Automobilzulieferer Schaeffler entwickeltes Chassis für ein autonom fahrendes Elektrotaxi, den „Schaeffler Mover“. Den Prototyp präsentierte Rosberg vor einem Jahr auf der Computermesse CES in Las Vegas. „Der People Mover ist Rosbergs Baby, für dessen Vermarktung er sich richtig reinhängt“, heißt es bei der Muttergesellschaft IAV. Weitere gemeinsame Projekte würden „sicherlich folgen“.
Daneben ist Rosberg in mehreren Start-ups investiert, unter anderem beim Münchener Unternehmen Lilium Aviation, benannt nach dem Flugpionier Otto Lilienthal. Lilium will mit batteriegetriebenen Senkrechtstartern den Verkehr der Zukunft revolutionieren. Im Mai 2018 stieg Rosberg beim Marketing-Start-up Stoyo ein, das Werbung in witzigen Videos auf Facebook einbindet.
Im Wagniskapitalbereich konkurriert der Ex-Rennfahrer mit etablierten Unternehmen, die teilweise bereits seit Jahrzehnten Erfahrungen mit der richtigen Auswahl von vielversprechenden Start-ups haben. Flops gehören zum Geschäft. Mit einer großen Zahl von Investments versuchen Wagniskapitalfirmen, ihr Verlustrisiko zu begrenzen. Ein Einzelkämpfer hat es da schwer.
„Ich bilde mir nicht ein, dass ich die Analyse besser kann als die Topexperten“, sagt Rosberg über die etablierten Wagniskapitalfirmen. Seine Kernkompetenz sieht er eher darin, „einen Kreis des Vertrauens“ aufzubauen aus Menschen, die die richtigen Kompetenzen für ein Projekt mitbringen. Eine Fähigkeit, die in der Formel 1 überlebenswichtig sein kann. Von Nutzen seien ihm natürlich auch sein „Access“, sein „Netzwerk“ und seine „Reichweite“ als ehemaliger Formel-1-Weltmeister. Gerade im Bereich Mobilität seien die nützlich, „wenn es darum geht, das Produkt an den Mann zu kriegen oder zu skalieren“.
Dass es noch gewaltige Fortschritte in der Batterietechnologie bedarf, um den Lilium-Senkrechtstarter zur Serienreife zu bringen, ficht Rosberg nicht an: „Ich habe in der Formel E miterlebt, dass die Entwicklung da rasant vorangeht.“ Die Formel E ist eine internationale Rennserie für Elektroautos, in der sich Rosberg ebenfalls engagiert. Im vergangenen Mai kurvte er in einem Schaulauf zehn Minuten auf dem stillgelegten Flughafengelände Tempelhof, um für die Formel E zu werben.
Die Deutsche Autoindustrie allerdings, die müsse weiterhin Gas geben, die sei in Sachen Elektromobilität „noch immer etwas hinterher“. Ein Urteil, bei dem Rosberg auch bleibt, nachdem er auf dem WEF erstmals einen Shuttleservice mit einem Audi Etron in Anspruch nehmen konnte.
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