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Digital Day EU will einheitliche Start-up-Regeln schaffen – Deutschland bremst

Gleiche Voraussetzungen für alle Start-ups in Europa: Mit diesem Plan wollen die EU-Staaten am Freitag europäische junge Unternehmen fördern. Doch Berlin lehnt einen Punkt ab.
17.03.2021 - 14:08 Uhr Kommentieren
In der Krise haben die Start-ups gelitten. Die EU will den jungen Unternehmen nun einige Bedingungen erleichtern. Quelle: obs
Gründer und Gründerinnen eines Start-ups

In der Krise haben die Start-ups gelitten. Die EU will den jungen Unternehmen nun einige Bedingungen erleichtern.

(Foto: obs)

Berlin Es klingt nach einem Startschuss zur Aufholjagd: Wer in Zukunft ein Start-up gründet, kann dies binnen eines Tages für weniger als 100 Euro erledigen – und das sogar in jedem Land der Europäischen Union.

Schnell und unbürokratisch soll es künftig in Europa laufen. Mehr noch: Die EU soll zum Fundament einer neuen Gründerkultur werden und ein gesundes Wachstum von Start-ups garantieren, sind sie doch „der Schlüssel zu Europas zukünftiger Wirtschaft und Gesellschaft“.

So jedenfalls steht es in der gemeinsamen „Erklärung zum EU-Exzellenzstandard für Start-up-Nationen“, den die EU-Staaten an diesem Freitag beim „Digital Day“ gemeinsam verabschieden wollen. Die Erklärung liegt dem Handelsblatt vor.

Vor einem Jahr hat die Europäische Kommission bereits Pläne für ein digitales Europa angekündigt, die die bestehenden aus den Mitgliedstaaten bündeln sollen und die bestenfalls auch europaweit gelten sollen, damit junge Unternehmen schnell wachsen können und nicht an bürokratischen Hürden scheitern. Im Laufe des Jahres 2020 sollte es bereits so weit sein, wegen der Coronakrise verzögerte sich das Vorhaben jedoch.

Deutschland pocht auf nationales Recht

Wie das Handelsblatt aus Regierungskreisen erfuhr, wollen alle Mitgliedstaaten die Erklärung unterschreiben – allerdings wird Deutschland auf Drängen des Justizministeriums eine Protokollerklärung abgeben und sich gegen einen zentralen Punkt sperren: die schnelle und günstige Onlinegründung von Gesellschaften.

„Im Hinblick auf die bestehenden Grundsätze des nationalen Gesellschaftsrechts betont Deutschland die Bedeutung und den Nutzen einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung in der Gründungsphase einer Gesellschaft“, heißt es in der Protokollnotiz, die dem Handelsblatt vorliegt. „Darüber hinaus unterstreicht Deutschland auch den Nutzen der gesetzlich gewährten Zuverlässigkeit öffentlicher Unternehmensregister, die eine sorgfältige Überprüfung und rechtliche Kontrolle der Daten vor der Eintragung in die Register erfordert.“

Deutschland beabsichtige zudem, die Zuverlässigkeit der Register in Bezug auf alle Unternehmen, einschließlich Neugründungen, beizubehalten, und wird diesen rechtlichen Grundsätzen auch in Zukunft absolute Priorität einräumen.

Im Bundeswirtschaftsministerium sorgt die Haltung für Unverständnis. Thomas Jarzombek, Beauftragter der Bundesregierung für die digitale Wirtschaft und Start-ups forderte das Ministerium auf, „jetzt seine Hausaufgaben zu machen und noch vor der Wahl ein Konzept vorzulegen, wie binnen eines Tages Firmen gegründet werden können“.

Es sei „oberpeinlich für Deutschland, wenn wir uns als einziges Land in Europa dagegen aussprechen würden“, sagte der CDU-Politiker. Jetzt ginge es darum, Pragmatismus zu zeigen und nicht immer wieder bürokratische Hürden aufzubauen.“

Doch das SPD-geführte Justizministerium besteht auf seiner Position. Eine Stellungnahme wollte es nicht abgeben. In Regierungskreisen hieß es erklärend, man könne nicht einfach im Rahmen einer solchen Erklärung Fakten schaffen.

Überholtes Unternehmensrecht

Auf Unverständnis stößt die Haltung auch bei Simon Schaefer, Gründer des Start-up-Hubs „Factory“ in Berlin und inzwischen Digitalberater bei der Europäischen Kommission und der portugiesischen Regierung. „Das deutsche Unternehmensrecht ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit“, sagte er. Es unterstelle bereits bei einer Gründung unternehmerischen Erfolg.

„Neun von zehn Start-ups scheitern aber.“ Zu den rechtlichen Problemen gehöre, dass der Begriff Start-up bis heute nicht definiert sei. In der Tat hieß es in Regierungskreisen, dass einfache Gründungen Kriminelle etwa im Bereich der Geldwäsche fördern könnten.

Schaefer verwies indes darauf, dass die Erklärung weit mehr zum Ziel habe, als nur die unbürokratische Gründung – auch wenn diese in der digitalen Zeit in der Tat nicht mehr als ein Eintrag in eine Datenbank sei. „Wenn wir ein europäisches Google oder Amazon schaffen wollen, dann brauchen wir europäische Regeln, damit Unternehmen schnell wachsen können.“

„Wir brauchen mehr Start-ups in Europa, die zu innovativen kleinen und mittleren Unternehmen heranwachsen und schließlich zu noch größeren, erfolgreichen Unternehmen skalieren und zur digitalen Souveränität Europas beitragen“, heißt es auch in der Erklärung. Dazu hat die EU-Kommission gute Bedingungen für Gründer gesammelt und als Beispiele aus einzelnen Mitgliedstaaten zusammengestellt.

Start-ups bräuchten überall in Europa „günstige Bedingungen, um in jeder Phase ihres Lebenszyklus zu wachsen“. Auch seien die Rahmenbedingungen entscheidend, damit Start-ups „in Europa bleiben und gedeihen und wachsen, um im globalen Wettbewerb zu bestehen“.

Weniger Bürokratielasten

EU-weit sollen daher die folgenden Best-Practice-Beispiele gelten: Ämter sollen Visaanträge für Gründer oder Mitarbeiter aus Drittstaaten binnen eines Monats bearbeiten, Mitarbeiter sollen erst dann auf Aktienoptionen Steuern zahlen müssen, wenn sie diese in Geld umwandeln.

Start-ups sollen weniger Bürokratielasten tragen. Förderbanken sollen außerdem Start-ups helfen, leichter an Risikokapital zu gelangen. Auch demokratische Prinzipien nach der europäischen Ideenlehre sollen gelten: So soll es keine Diskriminierungen geben, etwa wegen des Geschlechts, der Hautfarbe oder der Religion. Für jegliches Verwaltungshandeln soll grundsätzlich gelten: Digital first. Dazu gehört, dass jeder ein Start-up schnell und gegen eine geringe Verwaltungsgebühr als juristische Person gründen kann.

Jeder Vorschlag sei bereits „in mindestens einigen unserer Mitgliedstaaten erfolgreich umgesetzt“, und könnte bald schon für alle Länder gelten, heißt es in der Erklärung. „Wenn dies geschieht, würde es einen grundlegenden Wandel bewirken, der jeden EU-Mitgliedstaat in eine Start-up-Nation und die EU als Ganzes in einen Start-up-Kontinent verwandeln würde.“

Für die EU-Kommission werden „Start-ups bei der Überwindung der anhaltenden Krise und der Schaffung einer neuen grünen und digitalen Wirtschaft und Gesellschaft“ eine entscheidende Rolle spielen. „Sie sind nachweislich in der Lage, bahnbrechende Innovationen als Antwort auf die realen Bedürfnisse der Welt zu entwickeln, neue Arbeitsplätze zu schaffen und Synergien mit Europas starken traditionellen Branchen aufzubauen“, heißt es in der Erklärung. „Außerdem spielen Start-ups eine wichtige Rolle bei der Beschleunigung der digitalen Transformation.“

Doch hat die Krise natürlich auch die Gründer hart erwischt. So war es schwieriger, an Kapital zu gelangen, obendrein sank je nach Branche der Umsatz, etwa bei neuen Mobilitätsanbietern. Laut EU-Kommission war in 20 Mitgliedstaaten die von Start-ups aufgenommene Finanzierung im Jahr 2020 geringer als im Jahr 2019.

In Deutschland sank die Zahl der Start-ups laut Bundesverband Deutsche Startups im zweiten Quartal, stieg dann aber wieder sogar über das Niveau von 2019. Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg ebenfalls im vierten Quartal wieder.

Mehr: Die neuen deutschen Einhörner – Wo sie stark sind und auf welche Start-ups Investoren in Zukunft setzen

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