Dominic Cummings Boris Johnson unter Druck: Ex-Vertrauter erhebt schwere Vorwürfe

Die Regierung leitete eine offizielle Untersuchung wegen des Leaks von Nachrichten zwischen Johnson und dem Unternehmer James Dyson ein.
London Der britische Premier Boris Johnson ist wegen seines engen Drahts zur Wirtschaft und möglicher falscher Anschuldigungen gegen einen früheren Vertrauten unter Druck geraten. Der Ex-Regierungsberater Dominic Cummings wehrte sich am Freitag gegen den indirekt aus der Downing Street lancierten Vorwurf, hinter der Veröffentlichung vertraulicher Textnachrichten von Johnson zu stecken. Er sei weder „direkt noch indirekt“ die Quelle der BBC-Geschichte über einen SMS-Austausch zwischen Johnson und dem Unternehmer James Dyson, schrieb Cummings auf seinem privaten Blog.
Zuvor hatten die „Times“, der „Telegraph“ und die „Sun“ unter Berufung auf Quellen aus der Downing Street berichtet, dass Cummings die SMS-Nachrichten herausgegeben haben soll. In dem Textnachrichten-Austausch von Johnson und Dyson aus dem vergangenen Jahr ging es um mögliche Steuererleichterungen für Dysons Unternehmen bei der Produktion von Beatmungsgeräten. Johnson bekannte sich zu den Nachrichten, verteidigte aber sein Vorgehen im Angesicht der Krisensituation.
In seinem Blog-Artikel warf Cummings der konservativen Regierung nun vor, ungerechtfertigterweise den Verdacht mehrerer Leaks an die Medien auf ihn zu lenken. „Es ist traurig, den Premierminister und sein Büro so weit unter die Integritäts- und Kompetenzstandards fallen zu sehen, die dieses Land verdient“, schrieb Cummings.
Der frühere Vertraute des Premiers war ein wichtiger Vertreter und Stratege der „Vote Leave“-Kampagne für den Brexit. Im vergangenen Jahr war er bereits öffentlich unter Beschuss geraten, nachdem er bei einer privaten, unerlaubten Reise während des strengen Corona-Lockdowns erwischt worden war. Johnson hielt jedoch noch Monate an ihm fest. Der Ex-Berater sei „bitter darüber, was passiert ist, seit er gegangen ist“, hieß es in der Times unter Berufung auf die anonyme Quelle. Die Regierung leitete eine offizielle Untersuchung wegen des Leaks ein, kommentierte die Spekulationen um Cummings offiziell aber nicht.

Der ehemalige Vertraute des Premiers hatte seinen Posten in der Downing Street nach einem Streit im engsten Beraterzirkel im Dezember verlassen.
Dessen Vorwürfe, die er auf seinem privaten Blog erhebt, reichen weit über die Causa Dyson hinaus: Er wirft Johnson unter anderem vor, dieser habe eine frühere Untersuchung wegen eines Leaks im Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen stoppen wollen, weil ein Freund seiner Partnerin womöglich involviert gewesen sei. „Ich habe ihm gesagt, das sei „verrückt“ und total unethisch“, so Cummings. Man könne keine öffentliche Ermittlung stoppen, die Millionen von Menschen betreffe.
Er warf Johnson darüber hinaus auch Verfehlungen bei der Renovierung der Amtswohnung in der Downing Street 11 vor. Er deutete an, dass Johnson einst geplant habe, Parteispender für den Umbau zahlen zu lassen. Der Premierminister habe seit 2020 nicht mehr mit ihm über die Angelegenheit gesprochen, schrieb Cummings. Zuvor habe er Johnson gesagt, er denke, dass dessen „Pläne, dass Spender insgeheim für die Renovierung bezahlen, unethisch, dumm, möglicherweise illegal und mit ziemlicher Sicherheit ein Verstoß gegen die Regeln der ordnungsgemäßen Offenlegung politischer Spenden“ seien.
Wie die BBC und die Nachrichtenagentur PA berichteten, erklärte die Regierung am Freitag erstmals, dass Johnson den Umbau aus eigener Tasche bezahle habe. Die Regierung und Minister hätten sich zu jeder Zeit an den Verhaltenskodex und das Wahlgesetz gehalten. Gekostet haben soll der Umbau angeblich umgerechnet um die 230 000 Euro.
Die führende Oppositionspartei Labour forderte den Premier am Samstag zu Erklärungen auf. „Wir müssen den kompletten Betrag erfahren, der ausgegeben wurde, und wir müssen wissen, wer die Arbeit überhaupt bezahlt hat, wen der Premierminister jetzt zu erstatten vorschlägt“, sagte der Labour-Abgeordnete Steve Reed dem Sender BBC Radio 4. Die Regierung müsse jeglichen Schriftverkehr zu Zahlungen oder Spenden rund um den Umbau offenlegen.
Labour-Chef Keir Starmer forderte erneut, dass das Vorgehen der Regierung untersucht werden müsse. Es gehe um Integrität und Geld der Steuerzahler, sagte er BBC News. „Jeden Tag gibt es mehr Beweise für diesen Filz. Ehrlich, es stinkt.“ Ähnlich äußerte sich die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon: Es handele sich um sehr schwerwiegende Vorwürfe gegen Johnson und seine Regierung, die eine Untersuchung notwendig machten, erklärte die Schottin.
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